Elektriker mit Erfolgsgeschichte Was kann der kompakte Nissan Leaf in seiner dritten Auflage?
16.10.2025, 07:41 Uhr Artikel anhören
Entspanntes Cruisen ist die Lieblingsdisziplin des kompakten Nissan Leaf in seiner dritten Generation.
(Foto: Nissan)
Kaum zu glauben: Schon 15 Jahre ist es her, dass der Nissan Leaf dank seines vergleichsweise moderaten Preises das Elektroauto populär machte. Stromert die neueste Version des früheren Volks-Elektrikers heute noch ganz vorn mit?
In Sachen Elektromobilität hatte Nissan bislang eher eine Leuchtturm-Funktion. Seit 2011 gibt es den Nissan Leaf, und der leuchtete jahrelang weithin sichtbar als das meistverkaufte Elektroauto der Welt. Im Vergleich eher weniger sichtbar, gab es seither von Nissan lediglich den Transporter/Van e-NV 200 und dessen Nachfolger Townstar; erst seit 2022 bieten die Nissanhändler auch den batterieelektrischen Ariya an, ein knapp 4,60 Meter langes Mittelklasse-SUV.
Unterhalb des Ariya ordnet sich nun die dritte Generation des Elektro-Pioniers Leaf ein. Weil Leaf II dafür zu lang war, muss der neue Leaf um 14 Zentimeter zurechtgestutzt antreten und passt mit 4,35 Metern Länge perfekt in die Kompaktklasse.

Der Nissan Leaf hat eine eindrucksvolle Lichtgrafik fürs Sehen und vor allem Gesehenwerden.
(Foto: Nissan)
Da die ersten Bestellungen erst in einigen Wochen möglich sein werden und die ersten Auslieferungen im März 2026 geplant sind, hält sich Nissan bei den Preisen noch bedeckt. "Unter 37.000 Euro" heißt es als Orientierung für die Einstiegsvariante mit der kleinen 52-kWh-Batterie, "unter 42.000 Euro" für den Top-Antrieb mit 75-kWh-Akku.
Top Reichweite mit großem Akku, aber kein Raumwunder

Der Nissan Leaf gefällt mit seiner coupéhaften Form. Die Heckleuchtengrafik mit zwei und drei Elementen sagt ni (japanisch für 2) und san (japanisch für 3) – Nissan.
(Foto: Nissan)
Mit der coupèartigen Dachlinie wirkt der Leaf kompakt bis knuffig, angenehm ansprechend und authentisch, gefällt mit Details wie den Lichtgrafiken vorn und am Heck. Das Design ist außerdem Teil der umfangreichen Bemühungen für bestmögliche Aerodynamik, die sich bis in den nicht sichtbaren Teil des Leaf fortsetzen. Der Unterboden wurde sorgfältig glattgebügelt, sogar die Aufnahmepunkte für den Wagenheber verschließen Gummistopfen, um bloß keine Turbulenzen entstehen zu lassen. Das Ergebnis ist ein respektabler Luftwiderstandsbeiwert von 0,25, der zur von Nissan angegebenen Reichweite von bis zu 622 Kilometern (WLTP) mit der größeren 75-kWh-Batterie (440 Kilometer mit 52 kWh) beiträgt.
Der Nissan Leaf hinterlässt einen sehr ordentlichen Qualitätseindruck. Die im Innenraum der ersten Testwagen verwendeten Materialien in Textil und wertiger Ledernachbildung folgen dem aktuellen Trend zur veganen Sachlichkeit. Ansprechende Wohnlichkeit kommt nicht zu kurz. Wohnt es sich vorn sehr gut im Leaf, fordern der Coupèstil des Hecks, der für Elektroautos typische hohe Fahrzeugboden und dazu die mit 1,55 Meter eher flache Karosseriehöhe leichte Eingeständnisse im Fond.

Der Nissan Leaf verfügt über einen gut nutzbaren und horizontal teilbaren Kofferraum mit 437 bis 1050 Litern Volumen.
(Foto: Nissan)
Nicht falsch verstehen, vor allem Kinder fühlen sich im Fond auch auf langen Strecken wohl, nur Erwachsene über 1,80 Meter wissen sich in anderen Kompaktklasse-Mitbewerbern besser aufgehoben. Die Zentimeter, die der Fond vermisst, finden sich weiter hinten wieder. Die elektrische Heckklappe gibt einen Gepäckraum von stattlichen 437 Litern frei, die sich mit herausnehmbaren Zwischenböden praktisch und sinnvoll organisieren lassen.
Cruisen ohne Hektik
Trotz des bei den oberen Ausstattungsversionen großzügigen Digi-Cockpits aus zwei üppigen Bildschirmen mit jeweils 36,3 Zentimetern (14,3 Zoll) Diagonale widerstand Nissan der Versuchung, physische und mechanische Bedienelemente weitgehend einzusparen. Und so freut sich der Fahrer über eine ausreichend intuitive Bedienung, mit physischen Tasten zum Beispiel für die Klimatisierung. Die Fahrassistenten und die Auswahl der Infografiken für den Primärbildschirm lassen sich mit den physischen Bedienfeldern im Lenkrad ansteuern. Vertraut und entsprechend zugänglich ist auch das Google-Betriebssystem der Bildschirme.

Große Displays dominieren den freundlichen Innenraum mit textilen und lederartigen Oberflächen. Genügend physische Bedienelemente machen den Umgang mit dem Nissan unkompliziert.
(Foto: Nissan)
Sind die recht hektisch wirkenden diversen Hinweis- und Warntöne für vermeintliche Fahrsünden erst einmal mit wenigen Fingertipps abgeschaltet, erweist sich der Nissan Leaf als echter Kumpel für unterwegs. Federung und Dämpfung finden eine gute Balance aus Komfort und Straffheit und lassen sogar eine gewisse Sportlichkeit aufblitzen. Das macht Spaß, zusammen mit einer Lenkung, die sicheren Fahrbahnkontakt und Spurhaltung auch in schnellen Kurven vermittelt. Dazu bleibt es im Leaf angenehm leise
Es bleibt bei Frontantrieb
Nissan bietet für den Leaf zwei Antriebsversionen an, beide bedienen die Vorderräder. Zum Einstieg für "unter 37.000 Euro" stehen mit der kleinen 52-kWh-Batterie 177 PS und 345 Newtonmeter Drehmoment zur Verfügung, die den Leaf in 8,3 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigen sollen. Mit der größeren 75-kWh-Batterie kommuniziert Nissan 217 PS und 355 Newtonmeter, was den Sprint auf 100 km/h allerdings um nur sieben Zehntelsekunden verkürzt (7,6 s). Für beide Antriebe gibt Nissan einen WLTP-Verbrauch von 13,8 kWh/100 Kilometer und eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h an.
Beide Versionen bieten auch die üblichen Ladezeiten von knapp 30 Minuten, um mit Gleichstrom von 20 auf 80 Prozent zu laden. Die 52-kWh-Batterie lädt Gleichstrom mit bis zu 105 kW Ladeleistung, beim 75-kWh-Akku sind es 150 kW. Wechselstrom ziehen beide mit moderaten 11 kW, und mit bis zu 3,6 kW laden beide Leaf-Batterieversionen externe Verbraucher auf (Vehicle-to-Load). Das ist brav, herausragend sind die Werte nicht.
Nissan stellte für die ersten Probefahrten nur die Top-Antriebsversion mit 75-kWh-NMC-Batterie zur Verfügung. Der laut Nissan neu entwickelte Permanentmagnet-Motor sorgt für ausreichend Fahrdynamik, sobald die Elektronik wenige Sekunden nach dem Ampelstart der Power freien Lauf lässt, die sie zunächst kurz zügeln muss aus Traktionsmangel. Hektisch wird es im Leaf daher beim Anfahren nicht.

Optionales Transparent-Dach mit Wärmeisolation und stufenweise wählbarer Milchglastönung.
(Foto: Nissan)
Größte Stärke der Top-Motorisierung für "unter 42.000 Euro" ist die Reichweite von bis zu 622 Kilometern, sofern sich die laut WLTP angegebenen 13,8 kWh/100 km realisieren lassen. Nach den ersten moderaten 200 Kilometern Probefahrt in der von Speed Bumps gespickten Umgegend von Kopenhagen mit sehr kleinem Autobahnanteil erschien im Display ein abschließender Wert von 14,0 kWh/100 km - bei 47 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit und intensiv genutzter Rekuperation.
Der Nissan Leaf verfügt über One-Pedal-Driving mit eher moderater Wirkung, das ihn aber nicht ohne Einsatz des Bremspedals zum Stehen bringt. Die 600 Kilometer Reichweite sind also möglich, allerdings nur mit viel Disziplin und nicht auf Autobahn-Langstrecke. Hier sind bei konsequent unter 110 km/h eher um die 400 Kilometer realistisch, aber auch das kann sich sehen lassen.
Volles Haus im Leaf
Wichtig scheint für Nissan zu sein, seinen Kunden möglichst viel Ausstattung an die Hand zu geben, die das Fahren und Navigieren in unseren hektischen Städten erleichtert. Das fängt bei der integrierten Google-Maps-Navigation mit Ladeplanung an, reicht über den intelligenten Notbremsassistenten und den Totwinkel-Assistenten bis hin zum Querverkehrswarner und natürlich den freundlich korrigierenden Spurhalteassistenten. Die adaptive Geschwindigkeitsregelung lässt sich auch als ProPilot-Funktion auswählen und berücksichtigt dann Daten aus der Navigation, reduziert zum Beispiel vor Kurven, Kreisverkehren oder bei Tempolimits automatisch die Geschwindigkeit. Acht Kameras am Leaf machen Rangieren auf engem Raum einfach, weil sich wirklich jeder Winkel der Karosserie einsehen lässt. Mit dem Leaf lässt sich gut leben.
Da Nissan noch keine Preis-/Ausstattungsliste zur Verfügung stellt, lässt sich nicht genau beurteilen, was der Kunde bei Bestellöffnung des Leaf in diesem Winter für "unter 37.000 Euro" alles mit auf den Weg bekommt. Fest steht, dass die Basisversion nicht die großen Displays und auch nicht einige andere im Testwagen vorhandene Ausstattung haben wird. Einen Platz auf dem E-Auto-Einkaufszettel ist er aber definitiv wert. Auch wegen seiner achtjährigen Akkugarantie (160.000 Kilometer) und erstmals bei einem Leaf 975 Kilogramm Anhängelast. Design, Qualität, Komfort, Fahrerlebnis, leichte Bedienbarkeit und die große Reichweite der Top-Antriebsversion sind Argumente für den neuen Kompaktklasse-Nissan, der komplett inklusive Batterieproduktion im englischen Sunderland gebaut wird.
Quelle: ntv.de