Praxistest

"Kraftprotz" von Fiat im Praxistest Ein X für die 500 aus dem Fitnessstudio

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(Foto: Busse/Textfabrik)

"Synergie" ist eine beliebte Vokabel im Autobau. Das Zusammenwirken verschiedener Kräfte zu gegenseitigem Nutzen kann man am Fiat 500 gut beobachten: mit Hilfe einer Jeep-Plattform und des Buchstaben X ist ein Kompakt-SUV entstand. n-tv.de hat zum Praxistest gerufen.

"Gut kopiert ist immer noch besser als schlecht selber gemacht", könnte sich Fiat-Chef Sergio Marchionne gedacht haben, als er sich den Erfolg der modernen Mini-Familie ansah. Mit dem Kleinwagen von einst hat die durch BMW revitalisierte Kult-Marke nicht mehr viel gemein, doch die immer neuen Derivate des ursprünglichen Dreitürers kommen beim Publikum prima an. Kult war seinerzeit auch der Fiat 500, dessen 2,97 Meter kurze Ur-Version 1957 auf den Markt kam. Der Gedanke, um einen neuen 500er herum eine Modellfamilie zu basteln, lag also nicht so fern. Stolze 4,25 Meter misst das neueste Modell, das die traditionsreiche Zahl noch immer im Namen führt, ansonsten aber eher in der Kompaktklasse zu Hause ist. So wie beispielsweise der Countryman, der mit 4,10 Metern auch nicht mehr wirklich "Mini" ist.

Mit Design-Elementen des Ur-500ers passt sich das X-Modell sauber in die Familie ein.

Mit Design-Elementen des Ur-500ers passt sich das X-Modell sauber in die Familie ein.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Mit dem Modell 500 X schlägt Fiat zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Marke erweitert ihr ausgedünntes Modellprogramm genau um jenes Fahrzeugkonzept, das gerade am gefragtesten ist und die Turiner haben Entwicklungskosten gespart, weil der Jeep Renegade als Plattformspender dient. Folgerichtig kann man den höher gelegten 500er mit Front- oder mit Allradantrieb bestellen. Im Test lief die Variante mit 140 PS starkem Benzinmotor und Vorderradantrieb. Kaum ein Achtel aller dieses Jahr in Deutschland neu zugelassenen 500er wurden mit Dieselantrieb geordert. Vielleichtträgt aber das Crossover-Modell dazu bei, dass der Anteil steigt.

Knuffig war gestern

Vor allem der Nissan Juke, aber auch der Opel Mokka, der Skoda Yeti oder der Mini Countryman sind als Hauptkonkurrenten anzusehen. Ob potenzielle Jeep-Fahrer von dem gegenüber dem Renegade rund 3000 Euro (Einstiegsmodell) günstigeren Fiat anwerben lassen, die dahingestellt. Grundsätzlich können die Kunden zwischen einem City- und einem Offroad-Look wählen, was für optische Unterschiede in der Frontgestaltung der Fahrzeuge steht. Die Modelle mit Allradantrieb sind entweder mit 170-PS-Otto- oder 140-PS-Dieselmotor erhältlich.

Hinter der Klappe offeriert der Fiat 500 X bei umgelegter Rückbank 1000 Liter Stauraum.

Hinter der Klappe offeriert der Fiat 500 X bei umgelegter Rückbank 1000 Liter Stauraum.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Das Attribut "knuffig" kann der 500 X aufgrund seiner Dimensionen wohl kaum noch in Anspruch nehmen. Nicht nur, dass er deutlich über vier Meter lang ist, auch die Höhe von 1,60 Meter spricht dagegen. Ein wenig anabolisch aufgepumpt mutet das Ganze an, als sei ein Kleinwagen vorsätzlich mit Wachstumshormonen gemästet worden und dabei außer Form geraten. Sichtbar ist aber das Bemühen, die Designsprache der kleineren Schwestermodelle auch an ihm zu verwirklichen. Viele Rundungen und Bögen kennzeichnen die Karosserie und im Innenraum geht es weiter: Monitor und Lüftungseinfassungen, Klimaregler und Instrumententräger – überall dominieren abgerundete Einfassungen und metallische Akzente, die rechte Winkel streng vermeiden. Der Bildschirm, der außer der Navigation zentrale Kommunikations-Funktionen zusammenfasst, hat eine Größe von fünf Zoll. Unter der Klimasteuerung befinden sich Steckplätze für USB und SD-Card sowie ein AUX-Anschluss.

Erfreulich am Karosserie-Zuschnitt ist, dass die Stehhöhe unter der geöffneten Heckklappe 1,97 Meter beträgt. Die Ladekante ist mit 76 Zentimetern nicht ausnehmend niedrig, aber immerhin so beschaffen, dass das Verstauen von Koffern keine große Mühe macht. Wenn man die Lehnen der Rücksitze umlegt, entsteht eine glatte Ladefläche, die allerdings zu den Vordersitzen hin leicht ansteigt. 1000 Liter Ladevolumen sind nicht die Welt, aber immerhin noch 200 Liter mehr, als der Nissan Juke seinen Nutzern bietet. Während die Platzverhältnisse vorne großzügig sind und ein angenehmes Raumgefühl vermitteln, sind die hinten Sitzenden zu Kompromissen gezwungen. Nutzen die vorderen Passagiere die Sitzschienen voll aus, kann es mit der Beinfreiheit hinten knapp werden. Für die individuelle Gestaltung des Interieurs bietet Fiat zahlreiche Farben und Designs an.

Übersichtlich und geräumig: So geht es im Cockpit des 500 X zu.

Übersichtlich und geräumig: So geht es im Cockpit des 500 X zu.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Zur serienmäßigen Grundausstattung gehören außer elektrischen Fensterhebern vorn und hinten der höhenverstellbare Fahrersitz, der Tempomat sowie das elektronische Stabilitätsprogramm und eine Berganfahrhilfe. Das Testfahrzeug in der Ausstattungslinie "Lounge" war zusätzlich mit 18-Zoll-Alufelgen, Bi-Xenonlicht, Klimaautomatik, Parksensoren hinten, Multifunktionslenkrad, dem Infotainment-System U-connect sowie einem Spurhalte-Assistenten ausgestattet. Ab der Ausstattung "Pop Star" gibt es bereits den Fahrmodi-Schalter, der auch ein elektronisches Traktionsprogramm aktiviert. Dies soll bei den frontgetriebenen Modellen für mehr Grip sorgen. Für ein Assistenz-Paket aus Totwinkel-Überwachung, Auffahrschutz und Rückfahrkamera sind 790 Euro zu entrichten.

Automatik nur mit Allrad

Da der Fiat 500 X etwas pummelig aussieht, ist es keine Überraschung, dass er mit rund 1400 Kilogramm Leergewicht nicht zu den ganz Leichten im Lande gehört. Schließlich bauen andere aus dieser Masse ausgewachsene Limousinen. Die 140 PS, die der Multiair-Vierzylinder leistet, sollten es denn schon sein, damit das Temperament nicht zu kurz kommt. Während die 4x4-Varianten mit einer ZF-Neungang-Automatik bestellt werden können, müssen Fahrer der Ottomotoren mit einer manuellen Sechsgang-Schaltbox Vorlieb nehmen. Sie ist leichtgängig und ausreichend präzise, der große Knauf ein griffiger Handschmeichler. Von der Lenkung, die nicht immer frei von Antriebseinflüssen ist, wünschte sich der Tester etwas mehr Direktheit. Dann könnte man der leichten Tendenz zum Untersteuern etwas feinfühliger begegnen.

Dem burschikosen Outfit entsprechend ist der 500 X straff gefedert, das Fahrwerk hält den hohen Aufbau auch bei schneller Kurvenfahrt zuverlässig senkrecht. Auch wenn die Dämpfer mit unebenen Pisten gut klarkommen und einen ausreichenden Fahrkomfort sicherstellen, sind zeitweilige Knirsch- und Poltergeräusche nicht wegzudiskutieren. Ihr Einfluss auf den positiven Gesamteindruck ist jedoch minimal.

Etwas weniger als zehn Sekunden brauchte der Testwagen für den Normsprint und auch die werksseitig angegebene Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h wurde erreicht. Nicht im Erreichbaren lag dagegen der Normverbrauch, der mit bescheidenen 5,9 Litern je 100 Kilometer angegeben wird. Obwohl zu etwa zwei Dritteln im Überlandverkehr gefahren, schlugen am Ende der Testphase 7,2 Liter zu Buche.

Fazit: Wie bei Crossover-Modellen üblich, wird wohl auch beim Fiat 500 X die Fraktion der Frontantriebs-Fahrer die Oberhand behalten. Der aufgeblasene Kleinwagen wendet sich nicht primär an jene, die ab und zu jenseits der Straßen unterwegs sein wollen, sondern an ein Lifestyle-Publikum, das etwas Trendiges mit vielen Individualisierungs-Möglichkeiten sucht. Mehr Platz und bessere Übersicht als beim normalen 500er nehmen diese Kunden dann gern mit in Kauf.

DATENBLATTFiat 500 X 1.4 4x2
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,25 / 1,80 / 1,60 m
Leergewicht (DIN)1395 kg
Sitzplätze5
Ladevolumen350 - 1000 Liter
MotorVierzylinder mit Turboaufladung und 1368 ccm Hubraum
Getriebe6-Gang manuell
Systemleistung103 kW/ 140 PS
KraftstoffartSuperbenzin
AntriebVorderradantrieb
Höchstgeschwindigkeit190 km/h
max. Drehmoment230 Nm bei 1750 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h9,8 s
Normverbrauch (Stadt, Land, kombiniert) je 100 km7,8 / 5,0 / 5,9 l
Testverbrauch7,2 l
Tankinhalt48 Liter
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
139 g/km
EmissionsklasseEU 6
Grundpreis23.150 Euro
Preis des Testwagens27.200 Euro

Quelle: ntv.de

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