Praxistest

Auf die Linie kommt es an Ist der Opel Astra Sports Tourer Premium?

Optisch ist auch der Astra Sports Tourer ein wirklich gelungenes Auto. Um ihn aber in der Business-Ausstattung so dastehen zu lassen, muss investiert werden.

Optisch ist auch der Astra Sports Tourer ein wirklich gelungenes Auto. Um ihn aber in der Business-Ausstattung so dastehen zu lassen, muss investiert werden.

(Foto: Holger Preiss)

In der Kompaktklasse fährt der Opel Astra seit dem vergangenen Jahr wieder ganz vorne mit, haben ihm die Rüsselsheimer doch ein üppiges Optionspaket geschnürt. Auch für Sparfüchse gibt es eine Ausstattungslinie. Aber kann die die Oberklasse noch ärgern?

In der Business-Line öffnet die Heckklappe des Astra Sports Tourer, wenn der Fuß unter dem Stoßfänger wedelt.

In der Business-Line öffnet die Heckklappe des Astra Sports Tourer, wenn der Fuß unter dem Stoßfänger wedelt.

(Foto: Holger Preiss)

Der Opel Astra ist im vergangenen Jahr mit viel Lob bedacht worden. Auf dem Genfer Salon erhielt er gar den Titel "Auto des Jahres" und auch auf diesen Seiten wurde der Rüsselsheimer Kompakte in den höchsten Tönen gepriesen. Umso größer war die Freude, den Astra Sports Tourer in Berlin zum Test begrüßen zu dürfen. Ist der Kombi doch immer noch ein praktischer Begleiter für Menschen, die das Auto gewerblich nutzen und jene, die Wert darauf legen, mit wenig Stress und viel Raum Kind und Kegel in den Urlaub zu schaukeln. Noch besser ist das natürlich, wenn man das alles zu einem attraktiven Preis bekommt. Opel hat hierzu eine Ausstattungslinie erfunden, die genau das bieten soll und die nennt sich schlicht "Business".

Allerdings funktioniert das nicht in allen Details. Wer Fahrzeuge in der höchsten Ausstattung "Innovation" kennt, bekommt beim Besteigen des Business-Astra einen kleinen Kulturschock. Die Intarsien, die im Top-Astra in schwarzer Klavierlackoptik strahlen, weichen hier einem nüchternen Grau, dem man die Hartplastik auf den ersten Blick ansieht. Dafür ist die Armatur mit geschäumter Plastik überzogen, die wichtigsten Knöpfe liegen im Blickfeld, sind gut zu erreichen und geben dem Gesamtbild etwas Aufgeräumtes. Das belederte und beheizbare Multifunktionslenkrad, das ausgesprochen gut in der Hand liegt, gibt es zusammen mit der Sitzheizung, dem Lichtpaket, verchromten Fensterleisten und schmucken 17-Zoll-Leichtmetallrädern für 1240 Euro.

Optionen im Paket

Etwas schlicht wirkt das Interieur des Astra in der Ausstattung Business.

Etwas schlicht wirkt das Interieur des Astra in der Ausstattung Business.

(Foto: Holger Preiss)

Mit dem Business-Upgrade Travel-Paket für zusätzlich 690 Euro sind auch die viel gepriesenen Ergo-Sitze zu ordern, die in Zusammenarbeit mit der Aktion Gesunder Rücken entstanden sind und auf denen der Fahrer das Gefühl hat, er könne locker 1000 Kilometer am Stück abreißen. Die Polster sind in Länge und Neigung verstellbar, bieten eine elektropneumatisch einstellbare Lendenwirbelstütze, wunderbar straffe Seitenwangen und eine verstellbare Oberschenkelauflage. Allerdings machen die Kanten der Sitzauflage einen recht weichen Eindruck. Das mag am Stoff liegen, vermittelt aber nicht den Eindruck von Langlebigkeit.

Ansonsten gibt es auch für den Business-Astra fast alle Zutaten, die den Rüsselsheimer zum besten Auto des Jahres gemacht haben. Im Navigationspaket für 1090 Euro ist eine Frontkamera enthalten, die auf Wunsch Verkehrszeichen erkennt und in die Matrix zwischen die schön geformten Rundinstrumente projiziert. Es gibt das Navi 900 IntelliLink, das nicht nur bei der Suche nach dem rechten Weg behilflich ist, sondern auch unaufgefordert eine mögliche Route im Auge behält und vor Straßensperrungen, Staus und anderen Unannehmlichkeiten auf der Strecke warnt. Auch das Matrix-Licht mit individueller Lichtverteilung für Stadt, Autobahn, Landstraße und die Parkfunktion ist für zusätzlich 1450 Euro buchbar. Aber auch ohne diese Innovation ist der Sports Tourer in der Lage, selbständig auf- und abzublenden. All das sind die Zutaten, die den kompakten Rüsselsheimer zum besten Auto des Jahres 2015 gemacht haben.

Hotspot mit doppeltem Boden

Unter dem Ladeboden sieht es im Astra Sports Tourer etwas trostlos aus.

Unter dem Ladeboden sieht es im Astra Sports Tourer etwas trostlos aus.

(Foto: Holger Preiss)

Eine gewisse Ernüchterung erfährt der Sports-Tourer-Fahrer, wenn er unter dem Stoßfänger der Heckklappe den Fuß hin- und herschwenkt und darauf wartet, dass sie sich automatisch öffnet. Dieses Feature ist in der Business-Ausstattung leider nicht zu bekommen. Hat man die Öffnung aber händisch vollzogen, tut sich ein Laderaum auf, der 540 Liter Volumen offeriert. Werden die Rücklehnen per Knopfdruck in die Horizontale bewegt, sind es auf einer stufenlosen Fläche gar 1630 Liter, die über eine angenehm niedrige Ladekante befüllt werden können. Einen Moment der Ernüchterung gibt es allerdings, wenn der doppelte Ladeboden gelupft wird. Mutmaßend, dass sich darunter ein zweiter Stauraum auftun würde, erwartet einen hier eine etwas lieblose Kraterlandschaft. Im Zentrum befindet sich die Mulde für ein Ersatzrad und ein Styropor-Kasten soll das Gefühl von Ordnung vermitteln, schafft es aber nicht. Denn seitlich davon sind offene Verstrebungen im Boden, Dämmstreifen quellen hervor und sogar der Verlauf eines Kabelbaums wird sichtbar. Fakt ist: Wer hier Kleinteiliges fahrlässig abwirft, läuft Gefahr, es nie wieder zu finden. Auch dann nicht, wenn es ein Autoleben lang irgendwo langklappert.

Im Innenraum geizt der Sportstourer mit Ablageflächen. Außer der Mittelarmlehne mit Fach, die wie schon erwähnt extra geordert werden muss, gibt es zwei Becherhalter und die Einschübe in den Türen, die aber nicht für größere Flaschen taugen. Das Handschuhfach ist im Testwagen fast komplett mit dem CD-Laufwerk gefüllt, was eine Nutzung schier unmöglich macht. Ein Staufach in der Mittelkonsole gibt es ebenfalls nicht, weil der Platz von der mechanischen Handbremse beansprucht wird. Reichlich Raum finden Reisende in der zweiten Reihe. Sogar eine einfache Armauflage wurde in die Rückbank integriert, wobei auch hier die Plastikscharniere nicht wirklich das Gefühl von hoher Lebensdauer vermitteln. Zukunftsweisend ist hingegen die Möglichkeit, im Astra Sports Tourer mit Highspeed zu surfen. Die Option OnStar ist für zusätzlich 490 Euro in der Business-Line verfügbar und funktioniert ganz hervorragend. Smartphone oder Tablet sind schnell verbunden und wer diesen Vorgang einmal abgeschlossen hat, der besteigt nicht nur einen Kombi, sondern auch seinen persönlichen HotSpot, in dem er, so es der jeweilige Anbieter absichern kann, mit LTE oder 4G surfen kann.

Große Lob für kleinen Motor

In der zweiten Reihe gibt es im Astra Sports Tourer reichlich Platz.

In der zweiten Reihe gibt es im Astra Sports Tourer reichlich Platz.

(Foto: Holger Preiss)

Ebenfalls ein großes Lob verdient der neue Dreizylinder, der aus 1000 Kubikzentimetern Hubraum 105 PS schöpft. Das hört sich nicht nach viel an, ist aber erstaunlicherweise ausreichend. Die Kraft von 170 Newtonmetern wird über ein sauber zu schaltendes manuelles Fünfganggetriebe an die Vorderräder verteilt. Wer bis dato über sechs Stufen arbeitete, muss sich hier allerdings daran gewöhnen, dass die Gänge länger übersetzt sind und nach Gang fünf eben nichts mehr kommt. Vor allem auf dem Weg nach unten darf der Fahrer nicht schaltfaul sein. Verlieren sich die Drehzahlen unter 2000 Umdrehungen, kommt man selbst bei langem Druck auf den Pin nur sehr schwer aus dem Keller.

Wer den Ganghebel hingegen flott bewegt, wird auch mit der potenteren Straßenkonkurrenz locker mithalten können. In 11,7 Sekunden beschleunigt der Winzling die knapp 1,5 Tonnen auf Tempo 100 und die Maximalgeschwindigkeit liegt bei erfahrenen 195 km/h. Etwas schwer tut sich der Motor, wenn die Bude richtig voll ist. Dann muss und sollte der Pilot auf Überflüge verzichten. Beachtlich ist der Verbrauch: Bei vermehrtem Stadtbetrieb genehmigte sich der kleine Turbobenziner lediglich 7,0 Liter. Bei wechselnder Streckenführung begnügte sich das Aggregat gar mit 6,6 Litern Normal-Benzin.

Großes Lob für den 1.0 Ecotec-Motor. Der Dreizylinder arbeitet hervorragend und sehr geräuscharm.

Großes Lob für den 1.0 Ecotec-Motor. Der Dreizylinder arbeitet hervorragend und sehr geräuscharm.

(Foto: Holger Preiss)

Auch das Fahrwerk des Sports Tourer verdient Lob. Ohne Rumpeln und Pumpeln geht es über Kopfsteinpflaster und hässliche Querfugen. In Kurven neigt sich der Kombi feinnervig, ohne zu übersteuern, nur ganz schnelle Lastwechsel mag er nicht. Hier taucht er schon mal tief ein und droht kurz mit Versatz. Aber letztlich ist er dafür auch nicht gebaut. Vielmehr soll er seinen Insassen auf langen Strecken ein guter Freund sein. Ob er das in der Ausstattung Business-Line werden kann, sollte jeder Interessent bei einer Probefahrt prüfen.

Fazit: Opel hat mit dem Astra ein Auto in die Spur gebracht, das, wie die Werbung es vermittelt, sogar Fahrzeugen im Premium-Segment das Wasser reichen kann. Dafür bedarf es aber der richtigen Ausstattung und des entsprechenden Kleingelds. Wer lediglich 24.400 Euro für einen Astra Sports Tourer mit Dreizylinder in der Business-Line ausgibt, der muss ein paar Abstriche machen und sollte nicht versuchen, sich mit den Konkurrenten der Oberklasse zu messen. Wem aber ein passables Auto reicht, das in seinem Segment vorne mitfährt und seine Arbeit klaglos verrichtet, der kann auch mit einem Astra Sports Tourer Business sehr gut leben. Wer das komplette Paket möchte, zahlt 1800 Euro mehr und bekommt für 26.100 Euro die Ausstattung Innovation und dann auch wieder einen Premiumjäger.

DATENBLATTOpel Astra Sports Tourer 1.0 Ecotec Business
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,70/ 1,81/ 1,50 m
Radstand2,66 m
Leergewicht (DIN)1499 kg
Sitzplätze5
Ladevolumen540 / 1630 Liter
MotorDreizylinder mit 999 ccm Hubraum
GetriebeManuelles 5-Gang-Getriebe
Leistung77 kW / 105 PS
KraftstoffartBenzin
AntriebFrontantrieb
Höchstgeschwindigkeit195 km/h
Tankvolumen48 Liter
max. Drehmoment170 Nm / 1800–4250 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h11,7 Sekunden
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert)4,1 / 5,4 / 4,6
Testverbrauch7,0 l
EffizienzklasseA / EU6
Grundpreis22.195,00 Euro
Preis des Testwagens24.400,00 Euro

Quelle: ntv.de

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