
Grau vor Orange - wunderschön. Oder?
(Foto: IMAGO/HärtelPRESS)
Man sieht etwas schwarz oder weiß. Die Liebe ist rot, die Hoffnung grün, der letzte Versuch lila. Diesen Herbst soll aber vieles grau sein -zumindest in der Mode, im Interiorbereich, im Design. Ist der Himmel nicht schon grau genug, werden Sie nun fragen. ntv.de versucht, der Farbe Grau etwas Positives abzugewinnen.
Grau mag auf den ersten Blick unscheinbar wirken, aber es entpuppt sich dann doch als vielseitiger Trend in dieser Saison. Nach der Barbie-pinken Phase des Spätsommers freuen wir uns vielleicht sogar ein bisschen, uns in etwas Unauffälligeres hineinzukuscheln. Und ist es nicht auch wunderbar, wenn ein Farbton uns zu einem unerwarteten Zeitpunkt überrascht? Der Herbst steht ja sonst eher für warme Töne, also Braun, Beige, sattes Altrosa oder Orange und Rot.
Also: was hat die Nichtfarbe Grau zu bieten? Ein Erklärungsversuch: Grau ist zwar unbunt, aber nicht eintönig. Sie hat keine oder nur einen geringen farbigen Anteil. Grau kann aus Schwarz und Weiß gemischt werden. Laut Definition spricht man von einem farbigen Grau, wenn eine buntfarbige Komponente enthalten ist. Auch wenn man ausschließlich bunte Farben mischt, spricht man im Ergebnis von Grau - mehr oder weniger farbig. Grautöne bieten damit eine Unmenge an unbunten und bunten Nuancen. Es gibt Neutralgrau und Reingrau ohne Farbstich oder aber Feldgrau, Kaltgrau und Warmgrau - sie umfassen leicht farbige Nuancen. Abstufungen zwischen reinem Weiß und reinem Schwarz (Schwarz-Weiß-Skala) werden als Graustufen bezeichnet.
"Adieu, Barbiepink!"
Was haben wir uns gewundert über Pink! Ein Phänomen, das ja auch recht überraschend aufgetreten ist und das sich - parallel zu "Barbie" höchstselbst - in einer erstaunlichen Wandlung von kitschig und tussig zu selbstbewusst und geradezu feministisch gemausert hat. Grau dagegen "ist ein echtes Chamäleon unter den Farben. Es passt sich der Umgebung und jedem Farbtyp an. Es ändert seinen Farbton je nach Beleuchtung und verhält sich unterschiedlich zu anderen Farben", erklärt Sue Giers vom Modelabel "SoSue". Außerdem, fährt sie fort, empfänden viele Menschen diese Farbe als ein "Schutzschild", der sie vor Modekritik bewahre, weil man mit Grau im Grunde nichts falsch machen kann und es ein Gefühl von Ruhe, Sicherheit und Stil vermittelt.
Neben Grau kann übrigens jede andere Farbe so richtig strahlen oder auftrumpfen. Denken Sie nur an Rot und Grau oder Grün und Grau. Gelb und Grau! Grau gibt den positiv besetzen, bunten Farben die Grundvoraussetzung dafür, dass sie noch mehr strahlen können. Vergessen Sie die negativen Assoziationen, die einem von Kindesbeinen an eingeimpft werden, bewusst oder unbewusst. Grau muss nicht negativ wirken. Grau bedeutet auch nicht generell alt, bedrohlich, emotionslos, müde, hoffnungslos, konservativ, kühl, langweilig, nichtssagend, fantasielos, schmutzig, spannungslos, traurig, trüb oder unbedeutend.
Denn Grau kann auch ausgleichend, beruhigend, differenziert, harmonisierend, praktisch, professionell, neutral, vornehm, zurückhaltend oder zuverlässig wirken. Konservativ ist momentan eh im Trend, und alt ist nun mal nicht gleichbedeutend mit schlecht. Eine ewige, nervige Diskussion, in der man nicht oft genug betonen kann, dass Alter auch etwas Positives ist!
Silbergrau. Ja, zu den Assoziationen, die man mit Grau verbindet, gehört auch das Alter, mitsamt grauer Haare. Zum Glück weicht dieses Diktat in den vergangenen Jahren auf, und nicht mehr nur Männer sind "interessant", wenn sich ihr Haupthaar entfärbt. Was fällt Ihnen noch ein bei Grau? Richtig, Architektur und Design, Beton, Steine und Zement, aber auch Bürokratie, Elefanten und graue Mäuse. Metall, Nebel, Regenwetter.
Laut Wikipedia symbolisiert Grau Armut, Depression, Einsamkeit, Eintönigkeit, Emotionslosigkeit, Schatten, Tod, Traurigkeit und Trübsinn, aber auch Diskretion, Eleganz, Erneuerung, Sachlichkeit, Seriosität, Stabilität, Theorie, Weisheit und Würde.
Grau ist seriös und sexy
Und jetzt noch was für die Rubrik komplett nutzloses Wissen, aber trotzdem good to know: Ein Prozent der Deutschen wählt Grau als Lieblingsfarbe. Es sind fast ausschließlich Männer, die von Beruf Steinmetz oder Informatiker sind. Oder graue Herren: Die glatzköpfigen (nicht grauhaarigen) Agenten der "Zeitsparkasse" kennen wir aus Michael Endes Kinder-Roman "Momo". Sie sind von Kopf bis Fuß aschgrau angezogen und rauchen stets aschgraue Zigarren. Sie versuchen, die Menschen dazu zu bringen, Zeit zu sparen, um sie angeblich für später sicher und verzinst aufzubewahren. In Wahrheit jedoch werden die Menschen um ihre Zeit betrogen. Während sie versuchen, Zeit zu sparen, vergessen sie, im Jetzt zu leben und das Schöne im Leben zu genießen.
Und um den Assoziationsmöglichkeiten noch einen draufzusetzen, denken Sie doch, etwas positiver besetzt vielleicht, weil der Roman letztendlich dann ja doch ein Happy (und sexy) End hat, an "Fifty Shades of Grey". Auch, wenn Grau auf Englisch "Gray" geschrieben wird ...
Quelle: ntv.de