"Tatort"-Finale für Eva Mattes Die bitteren Tränen der Klara Blum
03.12.2016, 12:47 Uhr
Alles auf Verfall getrimmt: Klara Blum in ihrem letzten Fall
(Foto: SWR/Patrick Pfeiffer)
14 Jahre ermittelte Eva Mattes als Konstanzer Kommissarin Klara Blum betulich, provinziell und ein wenig muttchenhaft am Bodensee herum. Damit ist nun Schluss - und ausgerechnet zum Abschied zeigt Mattes noch mal, was sie wirklich kann.
Klara Blum ist am Ende. Die Konstanzer Ermittlerin hat bereits zwei Herzinfarkte hinter sich und die knallharte Ansage ihrer Ärztin, dass es so nicht weitergehen kann, wenn es mit dem Leben weitergehen soll. Das Problem ist nur: Klara Blum macht ihren Job schon so verdammt lange, dass sie gar nicht mehr weiß, wie so ein anderes Leben aussehen kann. Dass just an diesem Tag die Leiche eines rechten Hasspredigers hübsch angerichtet auf einem Boot ans Ufer des Bodensees treibt, passt da nur ins Bild.

Auch gefesselte Turbokapitalisten kommen in "Wofür es sich zu leben lohnt" nicht zu kurz.
(Foto: SWR/Alexander Kluge)
Seit 14 langen Jahren ermittelt Eva Mattes als Klara Blum nun schon im "Tatort". Während sich die Krimiwelt in dieser Zeit immer weiterdrehte, ist Blum in ihren 31 Folgen für den SWR im Kern die Gleiche geblieben: Betulich, provinziell und immer auch ein bisschen mütterlich kommen sie und der Bodensee-"Tatort" daher. Ab und an tut so ein bisschen Entschleunigung ja ganz gut, meistens allerdings sind die Folgen mit Blum eher als homöopathisches Schlafmittel geeignet - Experimente, Action oder thrillermäßige Spannung sucht man in Konstanz vergebens.
Deutlich tiefer als die gewohnte Kost aus Konstanz
Ihre Abschiedsvorstellung geht da allerdings einen etwas anderen Weg: In Anlehnung an Mattes' erste Rollen in legendären Fassbinder-Filmen wie "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" spendiert Regisseurin Aelrun Goette dem neuen "Tatort" nicht nur eine für Bodensee-Verhältnisse fast schon unerhörte Prise Wahnsinn und Extravaganz, auch altgediente Kolleginnen wie Hannah Schygulla, Irm Hermann und Margit Carstensen spielen diesmal an Mattes' Seite. Das zahlt sich aus, "Wofür es sich zu leben lohnt" geht deutlich tiefer als die gewohnte Kost aus Konstanz.
Blums letzten Fall umweht von der ersten bis zur letzten Sekunde ein Hauch von Fin de Siècle. Die Welt scheint mit jedem Tag düsterer zu werden: Ein rechtsextremer Menschenfischer verdreht Martin Luther Kings "I have a dream"-Rede, um die Bevölkerung gegen Flüchtlinge aufzustacheln, ein Anlagebetrüger treibt seine gutgläubigen Kunden reihenweise zum Selbstmord und der Chef eines Billigklamottenlabels weint bittere Krokodilstränen, nachdem Hunderte Arbeiter in einer seiner Fabriken in Bangladesch verbrannt sind. "Wofür es sich zu leben lohnt" nimmt sich viel Zeit, um die bis auf ihre Widerlichkeit zunächst nicht miteinander verbundenen Episoden zu beleuchten - und noch mehr, um drei alte Damen vorzustellen, die nicht nur aus der Zeit gefallen zu sein scheinen, sondern sich auch so fühlen.
Klara Blum stößt bei ihren Ermittlungen durch Zufall auf Catharina (Hannah Schygulla), Isolde (Irm Hermann) und Margarethe (Margit Carstensen) und kann in der Alters-WG der drei Damen endlich loslassen. Es ist rührend mitanzusehen, wie die selbst nicht mehr ganz junge Blum in den Armen von Catharina plötzlich wieder zum kleinen Mädchen wird. Dass es bei dieser Idylle nicht bleibt, ist selbstredend - und schade, denn nach dem Gaga-Ende des letzten Falls von Klara Blum bleibt ein leicht schaler Nachgeschmack.
Quelle: ntv.de