"DSDS" - Start der elften Staffel "Nicht einmal Schni-Schna-Schnappi"
09.01.2014, 01:26 Uhr
"DSDS"-Urgestein Dieter Bohlen mit seinen neuen Jury-Kollegen Marianne Rosenberg, Mieze und Prince Kay One.
(Foto: RTL)
Bei "Deutschland sucht den Superstar" geht es schon in der ersten Sendung der neuen Staffel in die Vollen. Zeternde Kandidaten, schräge Performances, enttäuschte Hoffnungen. Nur die Jury ist noch nicht ganz auf Betriebstemperatur.
Neue Staffel, neue Jury, neue Regeln - der alte RTL-Castingdampfer "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) hat sich zur mittlerweile elften Butterfahrt mit Weinen, Weib und Gesang noch einmal so richtig herausgeputzt. Beleuchteter Laufsteg im klaustrophobisch engen Tunnel, blank gewienerte Scheiben, neues Pult, alles funkelt und strahlt. Vorbei die Zeiten, da das hoffnungsvolle Sangesvolk durch eine schwergängige Tür in irgendeinen Hotel-Konfi stolperte.
Und auch das Personal ist entsprechend. Nun ja - ganz taufrisch ist es nicht, in diesem Kontext jedoch fabrikneu. Das Personal für den Krieg der Welten: Auf der einen Seite Marianne Rosenberg, milde Medusa aus seligen "ZDF-Hitparade"-Zeiten, dazu MIA-Sängerin Mieze, auf der anderen Seite die doppelköpfige Kodderschnauze, bestehend aus König Dieter und Prince Kay One. Doch bevor die Hydra Urteil spricht, gilt es erst einmal für jeden einzelnen das Mantra zu formulieren. Das tun Bohlen und Co. denn auch in einer kosmisch animierten Kulisse, irgendwo zwischen "Astro Show" und Nahtod-Erfahrung. "Ihren Style ausleben, ihr Ding machen", fabuliert etwa La Rosenberg, "Fördern und Fordern" ist die Devise von Mieze.
Das Dekolleté der Tanja Tischewitsch
Gleich der erste Kandidat ist dagegen schon maßlos überfordert. "Isch kann mal honoriert werden für alles. Endlich mal Cash!" radebrecht Maurizio Ledere über seine Ziele. Geld ist sein Auftritt nicht wert, keinen einzigen Cent. Und Marianne Rosenberg scheint zum ersten Mal aufzugehen, wo sie hier gelandet ist. "Willst du was sagen zu diesem Schrott?", flüstert sie Mieze ins Ohr. Die wiederum ist noch nicht ganz auf Betriebstemperatur und macht das, was man von ihr in den nächsten Sendungen wohl öfter zu sehen bekommt: Sie reißt ganz weit die Augen auf. Einen Grund dazu liefert auch die nächste Kandidatin, die denn flugs klarmacht, was diese 50/50-Konstellation hinterm Jurypult im besten Falle zu leisten imstande ist: sich in die Köppe kriegen nämlich.
Die Kandidatin heißt Tanja Tischewitsch und nicht nur Kay One macht der erhöhte Speichelfluss Probleme. Tanja hat viel Dekolleté, nicht ganz so viel Stimme, ersteres begeistert die männliche, zw eites enttäuscht die weibliche Hälfte der Jury. Die erste Patt-Situation ist da. Die Mädels sind gegen, die Herren für Fräulein Tischewitz. Auch Tanjas Freundin, die sie zur Verstärkung holt, weil die "genauso kamerageil" ist wie sie, kann da wenig drehen. Gut, dass es die neuen Regeln gibt. Nach denen entscheidet beim Patt ein vorher vom Kandidaten bestimmter Joker, im Falle von Tanja Tischewitz ist das Dieter Bohlen. Der bekommt denn auch im Handstreich sein eigenes Beuteschema in Raucherecken-Prosa von Kay One vor den Latz geknallt: "Ich finde das immer geil. Brust und 'ne geile Stimme." Tanja ist natürlich eine Runde weiter. Verstörendes Tacheles nach dem ganzen Casting im Waldorfschulen-Style von "The Voice". Was wohl Max Herre vor dem Bildschirm gedacht haben mag?
Singen mit "neuem Englisch"
Vielleicht hat er seufzend ausgeschaltet, falls nicht, erwartete ihn im Fortgang der Startsendung das übliche Panoptikum: Paramasuthan Paramatas etwa programmiert am eigens mitgebrachten, schuhschrankgroßen Keyboard dadaistische Rhythmus-Loops, um danach - "wie ein Medizinmann", mutmaßt Marianne Rosenberg - zu tanzen. Das Singen versucht er auch, in einem "neuen Englisch", wie er behauptet. Die Idee ist toll, bei "DSDS" ist man jedoch für derartige Novitäten noch nicht so weit. "Ich komm‘ wieder" droht der temperamentvolle Tamile hinterher und seine Freundin lächelt bei dem Gedanken ängstlich. Zu seinem Abgang läuft Cypress Hills "Insane in the Brain". Den subtilen Gestus der Musikredaktion von "Bauer sucht Frau" kennt man auch hier.
Eine knuffige Kandidatin namens Maxi Perez-Bursian covert Daniel Küblböck und erobert damit das Bohlen-Herz. Der 26-jährige Simon Goga dagegen darf für sich den kürzesten "DSDS"-Auftritt ever verbuchen. Ganze sechs Sekunden dauert es, bis alle vier Juroren "Nein" rufen. Bei Artur Esau dauert es etwas länger, dafür ist das Urteil mindestens ebenso eindeutig. Der sympathische Simpel klingt, als würde er die Tonspur des Films "Der Exorzist" nachsingen. Bohlen steckt den möglichen Wirkungskreis des Kandidaten denn auch unversöhnlich eng ab: "Der kann nicht einmal Schni-Schna-Schnappi!"
"Isch hasse Tattoos"
Das wiederum könnte Jaqueline Bloem ganz lock er bringen. Mit Würde trägt sie das Outfit vom letzten Junggesellinnen-Abschied auf, auch in Sachen Stimme kommt sie erhobenen Hauptes daher. Helene Fischers "Ich will immer wieder dieses Fieber spüren" bringt sie eine Runde weiter. Und das trotz Tattoo, wie Kay One dem Dieter zuraunt, hat der geschmackssichere Styler für derlei Körperverzierungen doch so gar nichts übrig: "Isch hasse Tattoos, ey. Scheiß Tribal. Glotzte immer auf den Arsch und denkst: Scheiß Tätowierungen!" Nachdenkliche Töne am Jurypult.
Am Ende wird es ein wenig diffus. Die Abiturientin Marianne weiß nicht so genau, ob sie Kay One um ein Autogramm bitten oder doch lieber für dessen Intimfeind Bushido Lobbyarbeit betreiben soll. In der einen Sekunde macht sie auf Mäuschen, um im nächsten Augenblick loszuzetern und zu motzen. Ein kruder Auftritt am Rande der Borderline. Nur in Sachen Karriereplan hat die Schülerin einen klaren Kopf. Ob sie denn singen könne, will die Jury wissen. "Na, dann würde ich doch nicht herkommen", ihre Retour. Am Samstag geht der Spaß weiter. Bis dahin haben sich dann vielleicht auch Mieze und Marianne etwas akklimatisiert.
Quelle: ntv.de