"The party always ends" Oper über Anna Nicole Smith
18.02.2011, 12:07 Uhr
Bewegendes Schicksal: Die echte Anna Nicole Smith.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Die Geschichte der im Alter von 39 Jahren verstorbenen Anna Nicole Smith ist zweifellos tragisch. Aber häufig sind es genau solche Geschichten, die Kulturschaffende zu einer Aufarbeitung inspirieren - im Falle von Smith gar als Oper. Und siehe da: Es funktioniert.
Sexsymbol, Busenwunder, blondes Blödchen, von Medikamenten und Publicity abhängiges Wrack - an Anna Nicole Smith kleben so einige Label. Ihr Leben auf den ehrwürdigen Brettern des renommierten Londoner Royal Opera House? In einem Medium, das für ganz Großes geschaffen ist? Im Abendkleid bei Champagner über eine derart vulgäre Person sprechen?
Ziemlich unvorstellbar schien das so manchem Kritiker, als die Royal Opera ein Werk über das Leben des US-Models in Auftrag gab. Aber "Anna Nicole" hat es bei der Uraufführung zu Ovationen geschafft und damit zumindest für die Macher das bewiesen, was die Grundidee hinter dem Ganzen war: Das Schicksal der Blondine kann durchaus mit Carmen, Tosca und anderen tragischen Opern-Damen mithalten.
Eigentlich eignet sich die Geschichte auch ganz gut für Hollywood oder eine Seifenoper. Als Smith 2007 im Alter von gerade mal 39 Jahren an einer Überdosis Medikamente stirbt, hat sie jedenfalls genug Stoff produziert. Aufgewachsen in einer deprimierenden Kleinstadt und in kaputtem Elternhaus, arbeitet sie sich mit ihren Silikon-Brüsten zum "Playmate des Jahres" hoch. Dann angelt sie sich einen greisen Milliardär, der wenig später stirbt. Den von Kameras umgebenen Kampf gegen ihre Medikamentensucht verliert sie, als ihr Sohn an einer Überdosis stirbt.
Dummchen oder Opfer?
Die Frage ist: War Smith ein aufmerksamkeitssüchtiges Dummchen? Oder tragisches Opfer eines von Anfang an harten Schicksals? Klare Antworten gibt es nicht - und die gibt auch die Oper nicht. Sensibel wird dargestellt, dass Smith tief drinnen vielleicht tatsächlich nur ihren Mädchenträumen folgen wollte. Ausgespart wird aber nicht, dass sie dabei durchaus rücksichtslos war.
"Anna Nicole" habe sich als "auf eine verrückte Art inspirierte, fesselnde, empörende, unterhaltsame und schlussendlich tief bewegende neue Oper" erwiesen, lautete das Urteil der "New York Times". "Dies war ein unglaublicher Erfolg", heißt es zur ausverkauften Uraufführung. Der Sender BBC urteilt, dass die Oper zumindest eines schaffen dürfte, nämlich ein neues, jüngeres Publikum für Oper zu begeistern.
Ausufernde Busen-Attrappen
So groß waren die Erwartungen im Vorhinein, dass die angespannte Stimmung im prächtigen Opernsaal förmlich zu greifen war, als sich der grell pinke Vorhang hob. Hatten Kritiker vorher anrüchige und sogar eklige Szenen befürchtet, wurde vor allem die Beziehung zwischen Smith und ihrem greisen Kurzzeit-Ehemann äußerst einfühlsam umgesetzt. Die Musik von Komponist Mark-Anthony Turnage steckt voller Überraschungen, mit Jazz-Elementen, sogar Walzerklängen. Die Sprache des Librettisten Richard Thomas könnte kaum direkter sein. Und bei aller Tragik gibt es viel zu lachen. So wurden Titelstar Eva-Maria Westbroek, die die Anna singt, und ihre Kolleginnen mit ausufernden Busen-Attrappen ausgestattet.
Auch Smith' Tod am Ende zeigt sie nicht wie erwartet in einer Pfütze von Übergebenem. Stattdessen wird es regelrecht unheimlich, wenn sich um die sterbende Anna mehr und mehr Kameras versammeln - dargestellt von Tänzern mit zum Teil riesigen Kameras auf dem Kopf. Sie scheinen zu flüstern, was Anna sich schon vorher anhören musste: "The party always ends - Jede Party ist irgendwann vorbei."
Quelle: ntv.de, Britta Gürke, dpa