Der Tausendsasha "Wäre gern wie Peter Frankenfeld"
05.12.2023, 14:57 Uhr Artikel anhören
Drei Jacketts musst du haben, wenn du eine Show machst. Mindestens drei Jacketts!
(Foto: IMAGO/mix1)
Bei Familie Schmitz-Röntgen wäre man gern mal Mäuschen: Wenn Vater Sasha sich daheim einsingt oder die "Show-Treppe" im Hamburger Eigenheim runtertänzelt, wenn Mutter Julia eine blitzgescheite Idee hat und daraus ein Kinderbuch samt Kindermusik-Album wird, oder wenn Sohn Otto, fünf, die Eltern zu eben jenem Buch zwar mit typischer Löcher-in-den-Bauch-Fragerei inspiriert, auf die Vertonung aber so gar keinen Bock hat und dafür Cousine Milli vors Mikro muss. Sasha hat mit ntv.de über Bücher, Beats und Beatles gesprochen. Denn: "Singen, lachen, tanzen, glücklich machen, das war Babushka", sang zwar bereits Karel Gott, aber nicht nur Babushka kann das alles: Auch Sasha ist einer, der die Menschen einfach glücklich macht. Das ist sein Ziel. Seine Revue "It's my Life" musste aus gesundheitlichen Gründen zwar verlegt werden, Sasha bleibt aber optimistisch, auch wenn er manchmal an sich zweifelt.
ntv.de: Ich glaube ja, dass du ein Tausendsassa bist - erzähl mal bitte, wie es dazu gekommen sein könnte.
Sasha: (mit Märchenonkelstimme) Also, es begab sich zu einer Zeit, in sehr jungen Jahren, als ich bei meiner Oma war (lacht). Ich habe sehr viel Zeit mit meiner Oma verbracht; da durfte ich länger aufbleiben und da habe ich immer die ganzen Shows sehen dürfen. Von Hans-Joachim Kulenkampff, Peter Alexander, Harald Juhnke, Rudi Carrell und so weiter, lauter Typen, die total lässig die Showtreppe hinuntergetänzelt sind, die sangen, steppten, einfach lässig waren. Nicht zu vergessen natürlich auch die amerikanischen Vorbilder, allen voran Frank Sinatra, Dean Martin, das Rat Pack - die haben mich sehr früh geprägt. Und ich habe damals schon gedacht: "Das würde ich gerne können, das alles." Und dann ging das bei mir los. Ich habe dann auch Schauspiel in der Schule gemacht, mich aber für Musik entschieden. Ich habe das schon immer sehr ernst genommen mit der Musik. Irgendwann dann, ich war gerade 20 Jahre alt, hatte ich das Gefühl: Ich bin bereit dafür.
Und jetzt die Revue ...
Das hat sicher mit dem Alter zu tun. Als mir die 50 bevorstand, da bin ich zu Thomas Hermanns (Anm.d.Red.: "Quatsch Comedy Club") gegangen, dem ich von der Idee vor 20 Jahren auch schon mal erzählt hatte. Er sagte damals: "Du musst dich selbst bereit fühlen." Also bin ich wieder zu ihm hin: "So Thomas, ich bin bereit. Können wir loslegen?" (lacht) Und er war sofort am Start. Fragte mich, was willst du machen? Und ich sagte, ich möchte eine Revue machen. Ich bringe demnächst meine Biografie raus, dann kann ich doch auch gleich eine Show über mein Leben machen. Wenn das nicht zu vermessen ist (lacht), und dann hat er sich mit mir zusammengesetzt und wir haben das Konzept entwickelt.
Was hat er dir geraten?
"Nur eine Sache musst du wissen: Mit mindestens drei Jacketts musst du rechnen."
Und, haut das hin?
Pro Abend habe ich, glaube ich, sechs Kostümwechsel (lacht). Und wir haben Tänzerinnen, Tänzer, eine Showtreppe, eine große Band, Einspieler und eine Videoleinwand, das ganze Programm.
Das Thema der Revue ist tatsächlich dein Leben?
Ja, das ist ein Streifzug durch mein Leben. Sehr chronologisch. Es fängt an, wann und wo ich geboren bin, bis hin zur Geburt meines Sohnes. Und es geht um alles, was ich jemals gehört habe: Die erste Platte, die ich auf den Plattenspieler gelegt habe, die erste Single, die ich gekauft habe, das wird alles verarbeitet, auf eine hoffentlich sehr unterhaltsame Art und Weise. Es wird aber auch mal ernst! Es ist das erste Mal, dass ich einen sehr viel höheren Redeanteil bei meinen Shows habe. Ein bisschen "One Man Show": Ich erzähle aus meinem Leben und belege das anhand von Musik.
Hast du das Gefühl, du hast einen geraden Lebensweg, weil du schon so früh wusstest, was du wolltest? Ich weiß, dass du viele Sachen probiert, viele Richtungen eingeschlagen hast. Aber hast du das Gefühl, du bist gerade gegangen?

Als sie 2018 Otto bekamen, war Julia klar, dass sie sie sich von Sasha ein Schlaflied wünscht. "Weil: Das hundertste Mal 'LaLeLu', das macht irgendwann keinen Spaß mehr", so die 42-Jährige.
(Foto: IMAGO/Bildagentur Monn)
Relativ. Von der Cover-Schülerband in die Grunge-Crossover-Band. Da hatte ich Haare bis zum Hintern und 'ne ganz andere, neue Weltanschauung. Dann habe ich Weltverbesserer-Texte geschrieben. Und schließlich endlich zu meinem Favoriten gefunden: Zur Popmusik. Da war ich dann auch schon Mitte 20, als ich merkte, es geht so nicht mehr weiter. Ich dachte vor allem: "Jetzt bist du schon so alt und warst noch nie in der Bravo, vielleicht musst du dir was anderes überlegen." (lacht) Und dann kam, mehr oder weniger durch Zufall, noch ein Job. Da habe ich Background gesungen, und darüber ging dann meine eigene Karriere wirklich los.
Deine Revue ist sehr persönlich ist. Ein Lied ist für deinen Sohn auf dem Album. Heult deine Frau nicht jedes Mal, wenn sie das hört?
(lacht) Ja, das ist wirklich so! Letztes Jahr haben wir die Show schon 30 Mal gespielt. Und es war wirklich sehr schön, wenn meine Frau dabei war und auch im Publikum saß. Bei dem Lied muss ich mich selbst sehr zusammenreißen. Ehrlich gesagt war mir, bis es losging, gar nicht so klar, wie persönlich meine Show wirklich ist. Aber natürlich auch sehr unterhaltsam, wie ein Rockkonzert, nur eben mit allem Drum und Dran. Die Zuschauer sollen danach rausgehen und glücklich sein, und für zweieinhalb, drei Stunden mal vergessen haben, was da draußen los ist. Und ich will sie ja nicht mit meinen Problemen auch noch zusätzlich belasten. Es soll eher eine Motivation sein.
Dein Buch ist auch als Motivation gedacht?
Ja. Jeder sollte sich sagen "It's my time, it's my life". Also jetzt bin ich dran, jetzt bin ich so weit, jetzt bin ich bereit für diese Show. Es geht aber auch darum, dass man schon sehr doll an sich glauben muss, wenn man diesen Weg wählt.
"If You Believe" - dein Durchbruch. Du liebst diesen Song auch noch nach 25 Jahren, oder?
Ja, ja, was willst du machen? (lacht) Mit Abstand betrachtet denke ich oft: "Ach, das ist ein geiler Song." Ohne den trete ich nicht auf. Es gibt keine Show seit 25 Jahren, wo er nicht live gespielt wird.
Dafür lieben deine Fans dich wahrscheinlich sehr. Und ich finde es immer total beruhigend, wenn Künstler ihre alten Songs auch noch lieben.
Ich gebe zu: Es gab eine Zeit, da konnte ich den nicht mehr hören, da wollte ich den nicht mehr singen. Ich hab den gefühlt 70.000 Mal gesungen. Also auch bei Promoveranstaltungen, wenn ich durch Amerika getourt bin, manchmal bei fünf Radiostationen an einem Tag in drei verschiedenen Staaten - und da sich immer wieder hinstellen und immer den gleichen Song singen- da wird man schon auch ein bisschen gaga.
Kann man von dir behaupten, dass du alle Musikrichtungen sehr liebst? Ein bisschen Grunge, Pop, Rock, Crooner, Big Band ...
Wenn ich mir so abseits des üblichen Weges Sachen suche, dann mache ich das immer so, als hätte ich noch nie was anderes gemacht oder machen wollen. Also für mich steckt da eine gewisse Ernsthaftigkeit drin, in allem, was ich tue. Wenn etwas nicht meine Komfortzone ist, dann muss ich mir die bauen, ich muss safe sein in dem Ding. Wenn ich merke, ich kann das gar nicht, trotz vieler Proben, dann lasse ich es. Bloß nicht auf Krampf, nur weil ich das in meiner Jugend gerne gehört habe und dann eben auch gern gemacht hätte. Es muss JETZT passen. Als ich das erste Mal mit einer Bigband gesungen habe, habe ich so verkackt, dass ich dachte, ich schmeiß' jetzt hin. Und dann kam mein Vocalcoach und hat gesagt 'Alter, du bist das doch eigentlich'. Aber ich war so überwältigt von diesem "Gebläse" und allem (lacht) ... Und dann hat er gesagt: Du machst dich jetzt ganz locker. Du steigst da einfach ein. Und dann klappte das so, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Das war schön. Aber es gab auch Sachen, die ich gleich im Keim erstickt habe.
Zum Beispiel?
Zum Beispiel, in einer gewissen Zeit ein deutsches Album zu schreiben, das habe ich lange nicht geschafft. Das hab' ich zwar früher schon mal gemacht, aber bei mir driftete das dann immer so in unnötige Komik ab. Ich konnte einfach nicht ernst bleiben bei deutschen Texten. Es war immer so eine Mischung aus Die Ärzte und Die Doofen. Ich wollte das gar nicht. Wenn ich ein deutsches Album mache, dann will ich ein bisschen auch die Hosen runterlassen, und das habe ich dann halt vor fünf Jahren geschafft. Da habe ich gemerkt, so, jetzt bin ich so weit.
Deine Vorbilder gehen von Elvis über Reinhard Mey bis Julio Iglesias. Das zuzugeben ist auch schon mal mutig.
(lacht) Meine erste Single war von Howard Carpendale "Nachts, wenn alles schläft". Ich bin so aufgewachsen, meine Eltern hatten einen Plattenschrank - da war das alles drin. Stevie Wonder, Bert Kemfert, Glenn Miller, Elvis Presley, die Beatles - einfach ein totaler Gemischtwarenhandel, aus dem man sich bedienen konnte. Und als Kind hat man noch keine Schubladen. Das habe ich mir irgendwie beibehalten. Ich habe wenig Schubladen, aber wenn ich eine öffne, dann packe ich ganz viel rein, weil das für mich irgendwie zusammengehört. Man muss halt rausfinden, was einem am besten liegt. Und was findet man bei anderen einfach nur super, passt aber nicht zu einem selbst.
Wo siehst du deine Stimme?
Ich bin als Crooner eigentlich ganz gut.
Es gibt inzwischen ja auch gar nicht mehr so viele Schubladen ...

"Wir haben seit 'The Voice Kids' gemerkt, wie viel Freude es macht, mit Kindern zu arbeiten. Weil die einen so abholen mit ihrem Freigeist und mit ihrer Happyness, dass wir uns schon damals überlegt haben, etwas mit Kindern zu machen, das wäre cool", erläutert Julia Röntgen die Idee zu dem Buch.
(Foto: Gregor Fischer/dpa)
Man könnte Rocker-Eltern aber echt einen mitgeben, indem man als Kind sagt, man würde gern zu Helene Fischer gehen.
Das wäre sicher die Höchststrafe für viele. Zurück zu weiteren Vorbildern: Hans-Joachim Kulenkampff und Peter Frankenfeld. Also ich fand die schon damals alt ...
Und ich hätte große Lust, dieses ganze Feld der Samstagabend-Show, des Family-Entertainments, nochmal zu beackern. Alt genug wär ich dafür inzwischen (lacht). Also, für junge Menschen könnte ich jetzt prima den Peter Frankenfeld geben: Eine TV-Figur, zu der man Vertrauen haben kann.
Was macht für dich modernes Entertainment aus? Du willst ja "etwas Schönes" mitgeben.
Das ist gar nicht modern, eher oldschool, oder? Also ich glaube, modern ist, dass die Shows immer größer werden, dass man sich mit irgendwelchen Seilen und Tüchern von der Decke plumpsen lässt, so wie Helene Fischer oder Pink oder Beyoncé, mit einer Riesenshow mit irgendwelchen Robotern auf der Bühne. Ich finde sowas fantastisch. Das ist immer ein bisschen Magie gemischt mit richtig rustikalen, normalen Konzerten, wo einfach Musik gemacht wird, wo nur über die Musik Gefühle transportiert werden.
Du hast doch eine Show ...
Ja, sogar eine mit Showtreppe, Tänzerinnen, Tänzern, großer Band und einem riesigen LED-Hintergrund. Aber ich hoffe, dass das alles vor allem von mir lebt (lacht). Und von dem, was da musikalisch passiert, in Interaktion mit der Band. Ich freue mich so unfassbar auf nächstes Jahr, wenn "This Is My Time" wieder losgeht.
Du verrätst viel von dir, so wirkt es jedenfalls: Du bist auf Instagram zu sehen, zeigst Urlaubsfotos. Du hast ein Buch geschrieben, außerdem ein Kinderbuch.
Zusammen mit meiner Frau! Sie ist der Kreativ-Kopf dahinter. Julia ist spontan, ich kann eher Texte für Musik. Allerdings lese ich echt sehr gerne vor.
Das Kinderbuch heißt "Toto und der Mann im Mond", ist in der Lockdown-Zeit entstanden und beantwortet die "Warum"-Fragen auf kindlich-spielerisch Art und Weise.
Ja, und wie so vieles andere habe ich dieses Projekt auch meiner Frau zu verdanken (lacht). Weißt du, diese Entertainer-Sache hat sich entwickelt, seit es Sendungen wie "The Voice of Germany" und so gibt. Da durften Musiker - endlich!- auch ins Fernsehen, ohne zwingend zu singen. Sie durften auch sprechen. Das war es, was ich wollte, also alles eigentlich.
Für mich als Küchenpsychologin sieht es so aus: Sasha ist total bei sich angekommen. Du bist dermaßen du, selbst wenn du ein anderer bist, Dick Brave zum Beispiel.

Warum leuchten die Sterne? Wie komme ich aus einer Pyramide wieder heraus, wenn ich mich verlaufen habe, und warum kracht und blitzt es bei einem Gewitter? Der kleine Toto hat viele Fragen. Wie gut, dass es da den Mann im Mond gibt, denn der kennt fast alle Antworten.
(Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur)
Das nehme ich als Kompliment, reiche es aber an meine Frau weiter. Die hat so eine Lockerheit und so eine Ehrlichkeit, die ansteckend ist. Und als Paar fragen wir uns zwar auch immer wieder, wo unsere Grenzen sind, aber der Plan ist, ehrlich zu sein und authentisch. Ich glaube, das ist auch eine Frage des Alters. Man wird, glaube ich, ein bisschen cooler. Cooler, was bestimmte Sachen angeht, und auch, was Fehler angeht. Ich hatte ganz lange Angst, Fehler zu machen. Angst ist nachweislich kein guter Berater, und dann macht man die Fehler erst recht und man ärgert sich so doll über diese Fehler. Ich glaube, das habe ich so ein bisschen abgelegt: Ich habe weder Angst vor Fehlern, noch denke ich, dass ich mich für Fehler großartig schämen müsste.
Nochmal zum Kinderbuch: Welche Fragen hast du als Kind vor dem Einschlafen gehabt?
Oh, es gab so eine Zeit, als das erste Mobbing losging. Da war ich aber schon Jugendlicher. In der Kindergartenzeit weiß ich noch, dass ich immer versucht habe, total gerecht zu sein. Ich bin öfter mal Jungs oder Mädels zur Seite gesprungen, wenn sie ein Problem hatten. Und hab' dann meine Eltern gefragt: Warum haben die diesen Jungen ausgelacht, nur weil er diesen Satz falsch gesagt hat? Oder weil der noch mit Stützrädern Fahrrad fährt. Ich fand das unfassbar gemein, und das hat mich dann sehr beschäftigt, wie man so gemein sein kann. Ich fand, man kann es ihm doch zeigen, wie es richtig geht. Um ehrlich zu sein: Das sind die Fragen und Gedanken, die mich heute noch beschäftigen.
Mit Sasha sprach Sabine Oelmann
14. Mai 2024: Lingen, Emsland Arena
16. Mai 2024: Hamburg, Barclays Arena
17. Mai 2024: Frankfurt, Jahrhunderthalle
18. Mai 2024: Stuttgart, Liederhalle
19. Mai 2024: Mannheim, Rosengarten
21. Mai 2024: Bochum, RuhrCongress
22. Mai 2024: Hannover, Swiss Life Hall
24. Mai 2024: Düsseldorf, Mitsubishi-Electric-Halle
25. Mai 2024: Ingolstadt, Saturn Arena
26. Mai 2024: Berlin, Tempodrom
Quelle: ntv.de