Strapse, Transen und Reis Die unsterbliche Rocky Horror Show
19.06.2013, 13:01 Uhr
Eine schrecklich nette Familie: The Rocky Horror Picture Show.
(Foto: Twentieth Century Fox)
Gibt es auch nur einen Menschen, der nie die "Rocky Horror Picture Show" gesehen hat? Wenn das Wort Kult für einen Film erfunden wurde, dann schließlich für diesen. Das Musical, auf dem der Streifen basiert, feiert 2013 seinen sage und schreibe 40. Jahrestag. Dammit Janet aber auch.
It's just a jump to the left - and then a step to the r-ii-ii-ii-ght - put your hands on your hip - you bring your knees in tight … Wir gehen mal davon aus, dass Sie gerade vor Ihrem Monitor tanzen. Denn eigentlich müssen Sie das bei diesen Textzeilen. So wie es auch Gesetz ist, dass Sie bei der Hochzeit von Ralph Hapschatt und Betty Munroe mit Reis werfen. Und natürlich darf man von Ihnen ebenfalls erwarten, dass Sie zur Zeitung greifen, wenn Brad Majors und Janet Weiss in den Regen geraten.
In manchen Kinos jedenfalls werden diese Rituale seit Jahrzehnten erprobt. Zum Beispiel in den "Museum Lichtspielen" in München. Hier läuft "The Rocky Horror Picture Show" seit 1977 ohne Unterbrechung, inzwischen in einem Saal, der eigens dem aus dem Film bekannten Interieur nachempfunden wurde. "Das Erscheinen in Verkleidung ist erwünscht", heißt es seitens des Kinos ausdrücklich. Und so tauchen nach wie vor jeden Freitag und Samstag um 23 Uhr allerlei skurril und verrucht anmutende Gestalten in dem Filmtheater auf - Fans, Touristen oder Feiergesellschaften, die als Brads, Janets und Sweet Transvestites gemeinsam den "Time Warp" begehen, außer mit Reis auch mit Konfetti, Mehl und Toastbrot-Scheiben um sich werfen und die Geschehnisse auf der Leinwand lauthals kommentieren.
Keine Frage: "The Rocky Horror Picture Show" ist Kult. Das sind Filme wie die Werke von James Dean und Monty Python, "Blade Runner" und "Clockwork Orange", "Der Pate" und "Pulp Fiction" womöglich auch. Doch im Falle der Geschichte der Gestalten vom Planeten Transsexual gibt es noch einmal eine andere Qualität, an die ansonsten wohl nur die "Blues Brothers" heranreichen. Dabei hatte es, als der Film im September 1975 in die Kinos kam, ganz und gar nicht danach ausgesehen. Der Streifen war ein Flop. Erst als er im April 1976 als so genanntes "Midnight Movie" in Spätvorstellungen ein Revival erfuhr, erlebte er seinen wahren Durchbruch. Von da an kannte die Manie der Fans kein Halten mehr. Lächerliche 1,2 Millionen Dollar soll die Produktion des Streifens seinerzeit gekostet haben. Heute gehen Schätzungen davon aus, dass mit dem Film inzwischen annähernd eine halbe Milliarde Dollar verdient wurde.
Premiere mit 63 Sitzen
Für das 40-jährige Jubiläum der "Rocky Horror Picture Show" müssen noch zwei Jahre ins Land ziehen. Dennoch gibt es jetzt bereits einen Grund zu feiern. Der Kultfilm basierte schließlich auf dem - fast - gleichnamigen Musical "The Rocky Horror Show". Und dessen Premiere wiederum jährt sich bereits am 19. Juni 2013 auf den Tag genau zum 40. Mal.

Trio Infernale: Frank N. Furter (Curry), Magenta (Patricia Quinn, l.) und Columbia (Nell Campbell).
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Die Uraufführung des Stücks fand im Royal Court Theatre im Londoner Distrikt Chelsea statt. Gerade einmal 63 Sitzplätze zählte der kleine Nebensaal des Theaters im Obergeschoss, in dem sich erstmals das Ensemble in Straps und Fummel warf. Anders als der Film entpuppte sich die Bühnenfassung von Anfang an als durchschlagender Erfolg. Nach einem Monat zog man in ein größeres Theater um und wenig später in ein noch größeres. Im legendären Roxy Theatre in Los Angeles feierte man zudem am 24. März 1974 US-Premiere. Auch zahlreiche Stars reihten sich in die Schar der Besucher ein, darunter, so sagt man, zum Beispiel Elvis Presley und John Lennon. Als schließlich mit Twentieth Century Fox auch ein Filmkonzern auf den Hype aufmerksam wurde, stand der Leinwandadaption des Musicals nichts mehr im Wege.
Egal, ob auf den Bühnen in London oder den Brettern in LA - ein Darsteller war trotz der wechselnden Besetzungen des Ensembles überall mit von der Partie: Tim Curry alias "Dr. Frank N. Furter". Klar, dass der Brite auch bei der Verfilmung des Stoffs für die Hauptrolle gesetzt war, wenngleich dies seine erste Filmrolle überhaupt werden sollte. Bis dahin war Curry ausschließlich als Theater- und Musical-Darsteller in Erscheinung getreten. Während seines Engagements für das Musical "Hair" lernte er Richard O'Brien kennen, der sich zu dieser Zeit ebenfalls als Schauspieler über Wasser hielt. Doch O'Brien arbeitete zugleich an einem zweiten Standbein als Autor. Seine Vorliebe für Comics, Horrorfilme und schräge B-Movies mündete schließlich in die "Rocky Horror Show", die nicht nur sein Leben für immer verändern sollte.
Eintrittskarte zur Karriere
O'Brien ist natürlich kein anderer als "Riff Raff". Auch er spielte den buckligen Butler, der "Dr. Frank N. Furter" am Ende erledigt, sowohl auf der Bühne als auch im Film. An den immensen Erfolg seiner abstrusen Frankenstein-Abwandlung konnte der heute 71-Jährige jedoch nie mehr anknüpfen, weder als Darsteller noch als Autor. Mit "Shock Treatment" brachte er gemeinsam mit dem Regisseur der "Rocky Horror Picture Show", Jim Sharman, 1981 einen weiteren Musical-Streifen heraus. Dieser stellt abermals das Paar Brad Majors und Janet Weiss in den Mittelpunkt und knüpft somit lose an die "Rocky Horror Picture Show" an. Allerdings mit anderen Darstellern - möglicherweise ein Grund, weshalb der Streifen kaum Beachtung fand. Dennoch braucht man sich um O'Brien keine größeren Sorgen zu machen. Von den Tantiemen für die "Rocky Horror (Picture) Show" könne er noch heute sehr gut leben, wird kolportiert.

Wie hier 2008 in Berlin wird die "Rocky Horror Show" weiterhin noch häufig auf die Bühne gebracht.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
So wie es vielen anderen, die an der Produktion beteiligt waren, im Nachhinein ebenfalls nicht schlecht erging. Curry wurde insbesondere für Nebenrollen in Filmen weiter gern gebucht. Unter anderem verkörperte er den bösartigen Clown Pennywise in der Leinwand-Umsetzung des Stephen-King-Klassikers "Es". Auch auf Theaterbühnen war er weiter zu sehen, er komponierte, brachte mehrere Alben heraus und betätigte sich mit seiner prägnanten Stimme oftmals als Synchronsprecher. 2012 jedoch soll er einen Schlaganfall erlitten haben. Seither ist es um den heute 67-Jährigen still geworden.
"Brad" Barry Bostwick machte in erster Linie Karriere als Serien-Darsteller. Patricia Quinn, die das Hausmädchen Magenta mit der roten Lockenmähne in der "Rocky Horror Picture Show" verkörperte, hat mit Monty Pythons "Der Sinn des Lebens" einen weiteren kultverdächtigen Streifen in ihrer Vita. Darüber hinaus wirkte auch sie vielfach in Serien mit. Nell Campbell, Darstellerin des zweiten Hausmädchens Columbia, blieb dem Theater ebenso treu wie Film und Fernsehen. Darüber hinaus verdingte sie sich als Sängerin und Nachtclub-Betreiberin. Die größten Erfolge feierten jedoch ohne Zweifel Janet-Darstellerin Susan Sarandon und - natürlich - Meat Loaf alias Eddie. Sarandon wurde in der Folge zu einem gefragten Hollywood-Star. Für ihre Rolle in dem Todesstrafen-Drama "Dead Man Walking" erhielt sie 1996 den Oscar. Auch Meat Loaf trat weiterhin regelmäßig vor die Kamera. Vor allem jedoch wurde er zum Bombast-Rock-Star, als der er weltweit Millionen Schallplatten und CDs verkaufte.
Die Faszination für die "Rocky Horror (Picture) Show" scheint ungebrochen. Nach wie vor wird das Stück noch regelmäßig auf die Bühne gebracht. Und auch in den Münchner "Museum Lichtspielen" ist kein Ende der Filmvorstellungen in Sicht. Deswegen spätestens jetzt aber: Aufgestanden und mitgemacht! It's just a jump to the left - and then a step to the r-ii-ii-ii-ght - put your hands on your hip - you bring your knees in tight …
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Quelle: ntv.de