Musik

Wie der Vater, so die Tochter? Mimi Westernhagen will alles

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Die 28-jährige Musikerin, die aus der kurzen Beziehung zwischen Marius Müller-Westernhagen und der Schauspielerin Polly Eltes stammt und in England aufwuchs, will es auf ihre Weise schaffen. Mit Daddy hatte sie gar nicht so viel am Hut. Das ändert sich gerade. Und jetzt hat die Wahl-Berlinerin ihr neues Album "Nothing But Everything" herausgebracht, das sie ab Samstag mit ihrer Band The Mad Noise Factory live in Deutschland vorstellen wird.

n-tv.de: Mimi, 2011 hast du dein Debütalbum herausgebracht. Wie hast du die letzten drei Jahre erlebt?

Auf gewisse Weise war es merkwürdig. Ich fühlte mich zum ersten Mal in meinem Leben wie eine professionelle Musikerin, deren Job es ist, ständig über Musik zu sprechen – auch wenn ich früher schon mit meiner Punkband Battlecat unterwegs war. Aber das ist natürlich auch toll! Ich habe viel Selbstbewusstsein aus der Zeit tanken können. Das Feedback der Leute hat mir unheimlich viel gegeben. Ich habe gelernt, dass es absolut o.k. ist, ich selbst zu sein, und ich mich dafür nicht entschuldigen muss. Denn das hatte ich in der Vergangenheit viel zu oft getan.

Bei deinem ersten Berlin-Konzert war auch dein Vater unter den Gästen. Schüchtert so was ein?

Daddy im Publikum? Es gibt Schöneres - aber auch Schlimmeres!

Daddy im Publikum? Es gibt Schöneres - aber auch Schlimmeres!

(Foto: imago stock&people)

Klar, es bedeutet immer mehr Druck, wenn dir nahestehende Personen anwesend sind. Viel beängstigender empfand ich aber, dass meine Mutter extra aus England rübergeflogen kam. Ich habe versucht während des Gigs nicht zu oft zu den beiden zu schielen, sondern mich auf meine Sache zu konzentrieren. Meine Eltern hatten eine gute Zeit, und sie haben mich sehr unterstützt. Denn an dem Tag war ich auch noch total krank und konnte nachmittags kaum sprechen.

Durch deine Musikkarriere hast du sehr viel Zeit in Deutschland verbracht. Hat sich die Beziehung zu deinem Vater dadurch verändert?

Ja, schon. Sie ist intensiver geworden. Wir stehen uns heute näher. Denn natürlich ist es für keine Beziehung besonders förderlich, wenn man in unterschiedlichen Ländern wohnt. Es ist schön, die Erfahrungen, die ich jetzt mache, mit ihm teilen zu können.

Hat er schon ein Lob ausgesprochen?

Ach, so ist er ja nicht. Er sagt so etwas nie geradeaus. Er ist einfach nicht der Typ für Lobhudeleien. Mir wird das immer nur über andere Leute zugetragen, die mir dann erzählen: "Du weißt, dass dein Dad sehr stolz auf dich ist, oder?" Er ist echt eine harte Nuss! Ich mag ihn dafür. Denn es heißt auch, dass er mich ernst nimmt. Er hebt mich nicht in den Himmel. Deshalb bin ich immer total geflasht, wenn er dann wirklich etwas Positives sagt.

Hat es für dich heutzutage eine andere Bedeutung, halb deutsch zu sein?

Ja, das hat es definitiv. Ich fühle mich nicht nur wohl hier. Ich fühle mittlerweile auch, dass das Deutsche ein Teil von mir ist. Ich entdecke meine deutsche Seite gerade erst, ich stecke noch mittendrin in dem Prozess der Deutschwerdung. (lacht)

Gibt alles: Mimi Westernhagen.

Gibt alles: Mimi Westernhagen.

(Foto: imago stock&people)

Sprichst du die Sprache?

Hm, mein Deutsch hält sich noch in Grenzen. Meine Mutter hat zwar dafür gesorgt, dass ich schon als Kind Deutschstunden bekam, aber es wird wohl noch ein bisschen Zeit brauchen. Ich hatte eigentlich erwartet, dass die Sprache mir leichter in Fleisch und Blut übergehen würde. Aber das Problem ist, dass auch hierzulande alle Leute um mich herum Englisch reden. Das ist natürlich fantastisch, aber es bedeutet auch, dass ich Deutsch nicht so schnell annehme, wie ich es mir gewünscht hätte. Deshalb nehme ich seit Kurzem Unterrichtsstunden: Deutsch für Konversationen! Ich hoffe, das treibt die Sache voran. Ich kann es jedenfalls kaum abwarten, mich auf Deutsch unterhalten zu können.

Du lebst mittlerweile auch in Berlin, oder?

Ich verbringe die Hälfte meiner Zeit in Berlin, die andere Hälfte in London. Aber sobald mein Deutsch besser ist, würde ich gerne ganz hierher ziehen. Ich liebe an Berlin einfach, dass diese Stadt immer weiter wächst. An jeder Ecke entstehen kleine Shops und Ein-Mann-Betriebe und die Künstlerszene floriert. Ich liebe das Gefühl, in Berlin Teil von etwas zu sein, das wächst und gedeiht, während London längst festgelegt ist. Da ist einfach kein Platz zum Atmen und wenig Raum für Neues. Es ist eine sehr stressige Umgebung. Und sich ständig gestresst zu fühlen, ist nicht der kreativste Nährboden.

Hast du denn auch in Berlin eine Kreativzelle?

Klar, bei meinem Freund in einem Zwei-Zimmer-Apartment in Neukölln. Dort hinterlasse ich schon mal ein kreatives Chaos. Ich bemühe mich zwar redlich, aber ich bin nicht der Aufräumtyp. Es liegen also überall Stofffetzen herum, weil ich ja auch die Bühnenklamotten für meine Band und mich schneidere. Zum Glück ist mein Freund sehr nachsichtig. Aber ich erinnere mich noch gut, wie er guckte, als ich das erste Mal vor seiner Tür stand: Ich hatte drei Gitarren dabei und eine Nähmaschine unterm Arm. Und er meinte: "Planst du, länger zu bleiben?"

Du bist also mit einem Berliner liiert?

Er ist halb Deutscher, halb Israeli. Er lebt seit zehn Jahren hier. Und er ist Musiker, wie mein letzter Freund. Ich finde einfach niemanden mit einem richtigen Job! (lacht) Selbst meine Mutter sagte: "Oh, schon wieder ein Musiker?"

Also wirst du mal einen heiraten?

Ich fürchte ja! (lacht) Ich hatte bereits als Teenager eine Abmachung mit meiner Freundin, dass wir die Jungs von Blur ehelichen würden: sie Damon Albarn und ich Alex James. Ich war so großer Fan! Ihr Produzent Stephen Street hat auch mein neues Album produziert. Das ist für mich immer noch unfassbar!

Dein zweites Album heißt "Nothing But Everything", ist aber eher ein Trennungsalbum, oder?

Ja, es geht in vielen Songs um die Trennung von meinem ersten, richtigen Freund. Das ist jetzt schon eine Weile her, aber ich brauchte Zeit, um darüber reflektieren zu können. Wenn man noch mittendrin in dem Schlamassel steckt, ist es schwierig, mit dem Weinen aufzuhören und die Gitarre in die Hand zu nehmen. Es soll aber ein Album der Aufmunterung sein. So nach dem Motto: "Den Mist tue ich mir nicht mehr an!" Denn ich bin kein Opfer mehr, das weint, weil ich verletzt wurde. Ich verdiene Respekt. Ich habe in den letzten drei Jahren mein starkes, kämpferisches Ich entdeckt. Und ich weiß jetzt, dass es o.k. ist, dass ich ich selbst bin.

Danke dass du mich liebst war gestern!

Danke dass du mich liebst war gestern!

(Foto: imago stock&people)

Braucht das auch Mut?

Oh ja. Es ist nicht ganz einfach, öffentlich zuzugeben, dass man sich ungewünscht fühlt. Es ist auch nicht einfach, es sich selbst einzugestehen.

Hast du etwas daraus gelernt?

Schluss mit der "Danke, dass du mich liebst"-Attitüde! (lacht)

Klingt deine Stimme deshalb bei dem einen oder anderen Song leicht aggressiv?

Die Wut musste einfach raus! Ich bin im Alltag keine konfrontative Person. Es passiert nicht so häufig, dass ich Leute anbrülle. Ich bin nur mies zu Menschen durch meine Musik! (lacht) Dinge, die man ungern Leuten ins Gesicht sagt, kann man sehr gut in einen Song packen. Das ist eine unglaubliche Therapie!

Wie ist dein Verhältnis denn heute zu deinem Ex?

Wir sind mittlerweile Freunde. Er war ja die erste, richtig lange Beziehung in meinem Leben. Wir waren fünf Jahre zusammen. Wir waren in der gleichen Band. Die Trennung war eine große Sache für mich: Unsere Leben hatten sich so vermischt, ich finde heute noch Sachen von ihm in meiner Wohnung! Es war also nicht einfach. Neulich hat er mich gefragt, ob die Songs von ihm handeln. Aber ich hab's vehement abgestritten. (lacht)

Was für Leute spielen heute in deiner Band, der Mad Noise Factory?

Ich wollte diesmal mit Leuten, die mich kennen und mir nahe stehen, etwas anderen Krach machen. Es sind also alles Freunde, die auf der neuen Platte spielen, und die sind fast alle selbst Künstler. Einige sind aus London, unser Schlagzeuger ist aus Hamburg und auch aus Berlin sind Musiker mit dabei. Ryan, meinen Gitarristen, kenne ich seit Kindesalter. Mein jetziger Freund spielt ein bisschen was auf dem Album, aber er ist nicht in meiner Tourband. Wir wissen, dass das nicht gut wäre.

Ist er denn dabei, wenn du an Songs schreibst?

Ich bin beim Kreativsein schon lieber allein. Ich will beim Songschreiben ja nicht angestarrt werden! Denn manchmal kommt eine lächerliche Zeile zum Vorschein, die man noch mal überarbeiten muss. Sobald aber jemand mit im Raum ist, fühlt es sich für mich an wie eine Performance – dann ist man weniger wagemutig. Nur mein Kater Gomez ist als Publikum beim Songschreiben erlaubt.

Du kannst wahnsinnig gut zeichnen, wie man im Booklett deiner CD sieht und auch im farbenfrohen Video zur Single "Heartbreaker": Darin tauchen Eulen, Füchse, Bienen, Affen und ein Löwe auf.

Es gibt doch keinen größeren Herzensbrecher als einen Löwen, oder? Der in meinem Video guckt jedenfalls so, als ob er viele Herzen brechen könnte. Tiere zu zeichnen, macht mir unheimlich viel Spaß, und ich liebe es, wie sie sich bewegen. Ich bin wirklich ein absoluter Animal-Freak! Wenn ich deprimiert bin oder es mal nicht so läuft, schaue ich mir Katzen im Internet an. Und meine eigene Katze inspiriert mich: Ich habe mittlerweile sogar einen Weg gefunden, wie ich zeichnen kann, während mein Kater Gomez auf dem Papier sitzt.

Mit Mimi Westernhagen sprach Katja Schwemmers

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Mimi & The Mad Noise Factory on tour:

5.4. Hamburg, Indra
6.5. Berlin, Privatclub
8.4. Köln, Studio 672
9.4. Frankfurt, Nachtleben
10.4. München, Ampere, Muffatwerk
11.4. Berlin, Kesselhaus (mit den Kaiser Chiefs)
12.4. Stuttgart, ClubCann
13.4. Hannover, Capitol (mit den Kaiser Chiefs)

Quelle: ntv.de

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