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"Tatort" aus Berlin Mord aus Langeweile

Ziemlich eklige Bande: die vier Verbindungsstudenten.

Ziemlich eklige Bande: die vier Verbindungsstudenten.

(Foto: rbb/die film gmbh/Volker Roloff)

Am Berliner Gendarmenmarkt wird eine junge Studentin am hellichten Tag aus dem Hinterhalt erschossen. Das Opfer ist scheinbar zufällig ausgewählt, hochverdächtig ist eine Gruppe schwerreicher Studenten. Hat einer von ihnen das "perfekte Verbrechen" begangen?

Einer der Vorteile, den das Leben in einem Rechtsstaat mit sich bringt, ist der, das man sich üblicherweise eher keine Sorgen darum machen muss, aus heiterem Himmel und am hellichten Tag auf offener Straße erschossen zu werden. Nicht unbedingt, weil die Menschen, die in ihm leben, besser wären als anderswo. Sondern wegen des Umstands, dass der Rechtsstaat in den meisten Fällen dafür sorgt, dass Mord und andere Kapitalverbrechen nicht ungesühnt bleiben. Wer trotz des großen Risikos mordet, hat also meistens ein mehr oder weniger schlüssiges Motiv dafür, was die ganze Sache zwar nicht besser, aber irgendwie besser verständlich macht. Ein Mord aus Langeweile oder Übermut, einfach nur um zu zeigen, dass man es kann, ist dagegen eine absolute Horrorvorstellung - es könnte ja schließlich jeden treffen.

Die Berliner Kommissare sind einer mörderischen Studentenbande auf den Fersen.

Die Berliner Kommissare sind einer mörderischen Studentenbande auf den Fersen.

(Foto: rbb/die film gmbh/Volker Roloff)

So ist es im Fall einer jungen Rechtsstudentin, die auf dem Berliner Gendarmenmarkt vor den Augen ihrer Freundin und Dutzender Zeugen plötzlich zu Boden sackt, im Hinterkopf ein Loch, gerissen von einem großkalibrigen Jagdgewehr. Der Schuss, soviel steht schnell fest, wurde aus den Räumlichkeiten der "Berlin School of Law" abgefeuert, das fragliche Gewehr ist schnell gefunden. Hochverdächtig sind vier schwerreiche Studenten, die zum Tatzeitpunkt in ebenjenem Raum ein Colloquium abhielten - und der junge Benjamin (Anton von Lucke), der aus armen Verhältnissen stammt und um Aufnahme in den elitären Klub der blassen Kotzbrocken ersucht, um seinen Traum von der großen Karriere zu verwirklichen.

Nur über das Warum rätseln die Berliner Kommissare Rubin (Meret Becker) und Karow (Marc Waschke), die sämtliche Register ziehen und gegen mehr als nur eine Dienstvorschrift verstoßen, um die Mauer aus Schweigen zu durchdringen, die um die jungen Snobs in ihrer Grunewalder Villa mithilfe von viel (Papa)Geld gezogen wird. Erst als die Ermittler sich auf die krude Denke ihrer Tatverdächtigen einlassen und erkennen, dass "Nietzsches Idee vom Übermenschen" ziemlich en vogue unter den reichen Kids ist, stoßen sie in eine Welt vor, die menschenverachtender kaum sein könnte.

Ratten und Guillotinen

"Das perfekte Verbrechen" lautet der Titel dieses "Tatorts" treffenderweise und ganz ohne falsche Scheu. Der Film ist eine Hommage an Hitchcocks Klassiker "Cocktail für eine Leiche", in dem ebenfalls ein paar "Übermenschen" den perfekten Mord inszenieren wollen - und spielt gekonnt mit der gruseligen Vorstellung von Menschen, die sich nicht an die gesellschaftlichen Grundregeln halten und Unsägliches ganz einfach nur deshalb tun, weil sie es können.

Und so verprügeln die Studenten aus der Hölle wegen eines kruden Initiationsritus Obdachlose, legen zum Tode verurteilte Ratten unter die Guillotine und skandieren dabei lateinische Sinnsprüche: "Per aspera ad astra", also etwa "Durch Mühsal gelangt man zu den Sternen." Ob das so von den Erfindern bezweckt war, darf allerdings getrost bezweifelt werden.

Die Sollbruchstelle in dem ganzen Konstrukt ist der ambitionierte Benjamin: "Der Typ hat schon echt krasses Potential für so ein Unterschichtenkid", sagen seine Kommilitonen über ihn. Und das sagt ziemlich viel über sie aus. Zu einer akkuraten Milieustudie taugt dieser "Tatort" zwar trotzdem nicht, dafür sind die reichen Kotzbrocken einfach zu klischeebelastet. Aber gerade das erleichtert es auch, den etwas kruden Plot von der Geheimgesellschaft als das anzunehmen, was er ist: Spannende Krimiunterhaltung, die einem wohlige Schauer des Grusels über den Rücken jagt.

Quelle: ntv.de

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