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Zeugin wandte sich an Polizei Chefin berichtet in Prozess gegen Palliativarzt von Auffälligkeiten

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Dem angeklagten Mediziner wird Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen vorgeworfen.

Dem angeklagten Mediziner wird Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen vorgeworfen.

(Foto: dpa)

In Berlin muss sich ein Palliativarzt wegen des Mordes an 15 Patienten vor Gericht verantworten. Der Angeklagte sei "gelobt und geliebt worden", sagt seine ehemalige Chefin jetzt im Zeugenstand aus. Vor einem Jahr geht sie jedoch nach Verdachtsmomenten zur Polizei.

Mit einer Ärztin im Zeugenstand ist der Mordprozess gegen einen Palliativarzt wegen Mordes in die Beweisaufnahme gestartet. Die 43-Jährige hatte sich vor knapp einem Jahr als damalige Chefin des Angeklagten an die Polizei gewandt. Es seien überdurchschnittlich viele Patienten ihres Kollegen gestorben, sagte die medizinische Leiterin eines Pflegedienstes vor dem Berliner Landgericht. "Vier Leichen und vier Brände innerhalb von sechs Wochen - ich habe nicht mehr an Zufälle geglaubt", so die Zeugin.

Der 40 Jahre alte Angeklagte soll 15 Patienten im Zeitraum von September 2021 bis Juli 2024 getötet haben. Die Staatsanwaltschaft Berlin wirft dem deutschen Arzt Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen vor. Als jüngstes Opfer nennt die Anklage eine 25-Jährige, als ältestes eine 87 Jahre alte Frau. In einigen Fällen soll der Mediziner zur Vertuschung Brände gelegt haben. Der Mediziner schweigt bislang zu den Vorwürfen.

Angeklagter verhielt sich ungewöhnlich

Die Zeugin berichtete, sie und der Angeklagte hätten ab Januar 2024 in einem neu gegründeten Palliativteam eines Pflegedienstes gearbeitet. Er sei vor allem für den Bereich Berlin-Neukölln tätig gewesen. Sie habe ihn zunächst "sehr zuvorkommend, sehr höflich, hilfsbereit und eifrig" erlebt. "Er wurde vom ganzen Team gelobt und geliebt."

Der promovierte Mediziner habe allerdings abgelehnt, ärztlicher Leiter zu werden. Es sei zu Auffälligkeiten gekommen, so die Zeugin. Als sie ihn Ende März 2024 nach ihrem Urlaub angerufen habe, habe er in das Telefon gebrüllt: "Ich kündige!"

Kurz darauf habe er um Entschuldigung gebeten und erklärt, es sei zu viel, es seien über Ostern viele Patienten gestorben. Sie hätten daraufhin die Versorgungsgebiete aufgeteilt. Ein dritter Palliativarzt sei zudem wenige Wochen später in das Team gekommen. Der Angeklagte habe "stets einen riesigen Rucksack mit Medikamenten" bei sich geführt, sagte die Zeugin. Ungewöhnlich sei auch gewesen, dass er Hausbesuche übernommen habe, die nicht seine Aufgabe gewesen wären - "er sagte, er würde kurz anhalten, dann sei es erledigt".

Anfangsverdacht besteht in 71 weiteren Fällen

Am 11. Juni 2024 habe er erstmals von einem Brand in der Wohnung einer Patientin berichtet, er habe sie nicht mehr retten können. Zuletzt habe er am 24. Juli 2024 per Anruf mitgeteilt: "Du glaubst es nicht, bei der Patientin brannte es lichterloh." Drei Tage nach dem Tod der 72-Jährigen sagte die ärztliche Leiterin bei der Polizei aus. Der Palliativarzt soll die Taten bei seiner Tätigkeit für zwei Pflegedienste in Berlin begangen haben.

Ohne "medizinische Indikation und ohne deren Wissen und Zustimmung" soll er laut Anlage zwölf Frauen und drei Männern jeweils ein "tödliches Gemisch verschiedener Medikamente" verabreicht haben. Aktuell gibt es noch 71 Fälle, in denen ein Anfangsverdacht besteht. Bislang wurde in 15 Fällen veranlasst, dass Leichen ausgegraben und rechtsmedizinisch untersucht wurden. Der Prozess wird am 13. August fortgesetzt.

Quelle: ntv.de, lar/dpa

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