Rund 40.000 EuroDänemark zahlt Entschädigung an Opfer von Zwangsverhütung auf Grönland

Über Jahrzehnte setzen dänische Ärzte Frauen aus Grönland heimlich Verhütungsspiralen ein. Viele leiden dadurch unter körperlichen und psychischen Folgen. Nach der offiziellen Entschuldigung der dänischen Ministerpräsidentin erhalten die Betroffenen nun eine finanzielle Entschädigung.
Zahlreiche Grönländerinnen können bald beim dänischen Staat Entschädigungen in Höhe von umgerechnet rund 40.000 Euro beantragen, wenn ihnen unrechtmäßig eine Spirale zur Schwangerschaftsverhütung eingesetzt worden ist. Die dänische Regierung und eine breite Mehrheit der Parlamentsparteien haben eine Vereinbarung getroffen, die den Betroffenen des Spiralen-Skandals finanzielle Wiedergutmachung zusichert.
Wie das Innen- und Gesundheitsministerium in Kopenhagen mitteilte, können Frauen, denen im Zeitraum von 1960 bis 1991 die Spiralen eingesetzt wurden, ab April 2026 Entschädigung in Höhe von jeweils 300.000 dänischen Kronen beantragen. Um die Entschädigung zu erhalten, müssen Opfer in der Lage sein, eine "glaubwürdige Darstellung" zu liefern und eidesstattlich erklären, dass ihnen das Verhütungsmittel ohne ihr Wissen oder ihre Zustimmung eingesetzt wurde. Es werde geschätzt, dass rund 4500 Frauen dafür infrage kommen. Ausgezahlt werden soll die Summe dann ab dem kommenden Herbst.
Präsidentin entschuldigte sich
Das von der dänischen Regierung jahrzehntelang praktizierte Zwangsverhütungsprogramm habe "schwerwiegende Konsequenzen" für die Frauen in Grönland gehabt, die unter körperlichen und psychischen Folgen gelitten hätten, erklärte die dänische Gesundheitsministerin Sophie Löhde. Das Programm beeinflusse noch heute Grönlands Bild von Dänemark, fügte die Ministerin hinzu. "Leider können wir diesen Frauen den Schmerz nicht nehmen, aber eine Entschädigung hilft dabei, ihre Erfahrungen anzuerkennen und sich dafür zu entschuldigen", erklärte sie. Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hatte sich dafür bereits im September auf einer Zeremonie auf Grönland offiziell im Namen des dänischen Staates entschuldigt.
Tausenden grönländischen Frauen und Mädchen wurden vor allem in den 1960er und 1970er Jahren von dänischen Ärzten Spiralen eingesetzt, ohne dass sie dafür ihr Einverständnis gegeben hatten. Manche von ihnen waren laut dem dänischen Institut für Menschenrechte zum Zeitpunkt des Eingriffs erst zwölf Jahre alt. Es besteht der Verdacht, dass die dänischen Behörden damit das Bevölkerungswachstum in Grönland begrenzen wollten.
Der Spiralen-Skandal zählt zu einer Reihe schwerer Versäumnisse, die die Grönländerinnen und Grönländer dem dänischen Staat vorwerfen. Dänemark war bis 1992 für das Gesundheitswesen in Grönland verantwortlich. Mittlerweile ist die größte Insel der Erde weitgehend autonom, gehört aber offiziell nach wie vor zum Königreich Dänemark.