"Mocro-Mafia" nur angeheuert Ermittler: Hinter Anschlagsserie steckt Kölner Bande
28.11.2024, 17:38 Uhr Artikel anhören
Im September explodierte vor einem Nachtclub auf den Kölner Ringen ein Sprengsatz.
(Foto: picture alliance / Panama Pictures)
Über Monate detonieren im Kölner Raum Sprengsätze. Die Ermittler gehen zunächst von einem Drogenkrieg der berüchtigten "Mocro-Mafia" aus. Doch die Niederländer streben nach neuen Erkenntnissen gar nicht auf den deutschen Markt, sondern sind wohl eingekauft worden.
In den Ermittlungen zur seit Monaten andauernden Explosionsserie im Raum Köln gibt es eine Wende: Anders als lange vermutet, ist die niederländische "Mocro-Mafia" offenbar nur am Rande involviert. Die Straftaten sollen vielmehr auf den internen Streit einer lokalen Drogenbande aus dem rechtsrheinischen Stadtteil Kalk zurückgehen, teilte die Kölner Staatsanwaltschaft dem WDR mit.
Die Kalker Bande hat mutmaßlich einzelne Mitglieder des kriminellen Netzwerks aus den Niederlanden angeheuert, um den Diebstahl einer beträchtlichen Menge Cannabis zu rächen. Hinweise auf eine Ausbreitung der "Mocro-Mafia" in Deutschland gebe es nicht, sagte der Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft, Ulrich Bremer. Es handele sich eher um ein "Kölner Problem".
Die Gewaltspirale geriet nach Auffassung der Ermittler in Gang, nachdem die Kalker Bande 700 Kilogramm Cannabis aus den Niederlanden bezogen hatte. Bei dem Geschäft ging es offenbar um viel Geld: Die Staatsanwaltschaft nennt einen Betrag von zwei Millionen Euro auf Kommissionsbasis. Ende Juni seien dann aber 300 bis 350 Kilogramm der Lieferung aus einer Lagerhalle in Hürth verschwunden und bis heute nicht aufgetaucht. Die Kölner verdächtigten wohl Leute aus den eigenen Reihen.
Entführung in Kölner Villa
Um die Verräter ausfindig zu machen, bedienten sie sich anscheinend einer Methode, für die auch die "Mocro-Mafia" berüchtigt ist: Sprengstoffanschläge. Über Monate detonierten im Rheinland immer wieder Sprengsätze vor Häusern und Geschäften. Im Juli erreichte die Gewalt ihren Höhepunkt, als zwei Personen verschleppt und in einer Villa in Köln-Rodenkirchen gefoltert wurden. Das SEK befreite die Entführungsopfer.
Bei den Taten waren nach Überzeugung der Ermittler auch Mitglieder der "Mocro-Mafia" beteiligt. Die Kriminellen seien allerdings eingekauft worden und nicht selbst die Drahtzieher. Derartige Auftragstäter könnten für vergleichsweise wenig Geld engagiert werden, sagte der Kriminologe Robin Hofmann von der Universität Maastricht dem WDR. Ihm zufolge gibt es einen ganzen Pool von Kriminellen, die meist aus den Vorstädten von Amsterdam und Rotterdam kommen. Einige von ihnen seien spezialisiert auf Sprengungen oder sogar Morde.
Schlüsselfigur in Paris verhaftet
Mittlerweile haben die Ermittler 35 Tatverdächtige ausgemacht, die mit dem Konflikt um die Drogen in Verbindung stehen sollen. 15 von ihnen sind bereits in Deutschland in Haft. Die mutmaßliche Schlüsselfigur der Bande aus Köln-Kalk wurde Anfang Oktober am Pariser Flughafen Charles de Gaulle festgenommen. Der 22-jährige Deutsch-Iraker hatte sich laut Staatsanwaltschaft Ende Juni abgesetzt und war seitdem zur Fahndung ausgeschrieben. Ein Auslieferungsverfahren ist eingeleitet.
Am vergangenen Freitag wurde zudem ein 25-jähriger Deutscher mit türkischen Wurzeln in Köln festgenommen, von dem laut Staatsanwaltschaft ein "eklatantes Gewaltpotenzial" ausging. Von den offenbar eingekauften Gewalttätern aus den Niederlanden fehlt hingegen jede Spur, obwohl gut erkennbare Aufnahmen von Überwachungskameras existieren.
Der Sammelbegriff "Mocro-Mafia" bezeichnet ein Netzwerk aus Drogengangs, die in den Niederlanden seit Jahren äußerst brutal vorgehen. Anders als der Name suggeriert, haben lediglich manche Mitglieder marokkanische Wurzeln.
Quelle: ntv.de, mdi