Neue Details zu Koks-Coup Ermittler stellen mehr als 35 Tonnen Kokain sicher
17.06.2024, 16:40 Uhr Artikel anhören
Rund 35 Tonnen Kokain beschlagnahmen deutsche Ermittler im vergangenen Jahr, mehr als 24 davon im Hamburger Hafen. Der bislang größte Fund Deutschlands gehe auf einen Tipp kolumbianischer Behörden zurück, sagen die Ermittler und teilen weitere Informationen.
Nach dem bislang größten Schlag gegen den internationalen Kokainhandel in einem deutschen Ermittlungsverfahren haben die Sicherheitsbehörden nähere Angaben zu den Dimensionen und Hintergründen des Falls gemacht. Bei der bereits im vergangenen Jahr abgefangenen Drogenmenge habe es sich um 35,5 Tonnen im Straßenverkaufswert von etwa 2,6 Milliarden Euro gehandelt, teilten Vertreter von Staatsanwaltschaft, Polizei und Zoll in Düsseldorf mit.
Rund 24,5 Tonnen Kokain wurden den Angaben zufolge in Seefrachtcontainern im Hamburger Hafen beschlagnahmt, weitere rund elf Tonnen in Guayaquil in Ecuador sowie im Hafen im niederländischen Rotterdam. Ausgelöst wurden die Ermittlungen demnach durch Hinweise von kolumbianischen Behörden. Fahnder des Zolls und des Landeskriminalamts in Baden-Württemberg identifizierten anschließend insgesamt neun Frachtcontainer und ließen diese abfangen.
Sieben Festnahmen
Durch parallele Ermittlungen wurden acht Tatverdächtige im Alter zwischen 30 und 54 Jahren in Deutschland ausfindig gemacht, sieben wurden Ende Mai und Anfang Juni bei Razzien in sieben Bundesländern festgenommen und kamen in Untersuchungshaft. Sie sollen mit weiteren, noch unbekannten Mittätern eine Vielzahl von Scheinfirmen gegründet haben, um darüber Kokain aus Südamerika zu schmuggeln. Die Mittäter halten sich laut Behörden wohl in der Türkei auf.
Die Ermittlungen wurden vom Zollkriminalamt sowie dem Zollfahndungsamt in Stuttgart gemeinsam mit dem Landeskriminalamt in Baden-Württemberg und einer bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf in Nordrhein-Westfalen angesiedelten Zentralstelle zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität geführt. Zu den Verdächtigen in dem Verfahren gehören nach Angaben der Ermittler unter anderem zwei Geschäftsleute aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
Lindner lobt "beachtlichen Erfolg"
Bundesfinanzminister Christian Lindner bezeichnete die gelungene Sicherstellung als "beachtlichen Erfolg im Kampf gegen die organisierte Kriminalität". "Die Ermittlungen umfassten auch das Aufspüren von illegalen Gewinnen und inkriminierten Vermögensgegenständen, wie zum Beispiel von Luxusfahrzeugen und Immobilien", erklärte er. Diese würden eingezogen beziehungsweise abgeschöpft. "Kriminelle Netzwerke werden nur dann nachhaltig zerschlagen, wenn ihnen die finanzielle Grundlage, sprich Geld und Vermögen, entzogen wird", hob der FDP-Vorsitzende hervor.
"Jeder Kriminelle muss wissen, muss spüren, dass wir die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger sowie unserer Betriebe entschieden und mit Nachdruck verteidigen werden", so Lindner. Er werde deshalb auch weiter dafür Sorge tragen, dass der Zoll die Sach- und Personalausstattung erhalte, die er benötige, um schlagkräftig zu sein und seine Aufgaben effektiv erfüllen zu können.
Bislang größter Fund deutscher Behörden
Auch Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach sprach bei der Vorstellung der Ermittlungsergebnisse in Düsseldorf von einem "Coup" der deutschen Sicherheitsbehörden. Die Beschlagnahme und Vernichtung einer derart großen Kokainmenge sei ein "präziser Kinnhaken, der den Drogenbossen wehtut". Diese erwirtschafteten illegal riesige Gewinne und unterwanderten mit ihren Aktivitäten die legalen Wirtschaftskreisläufe.
Es handle sich um die bislang größte "Gesamtsicherstellungsmenge" von Kokain in einem von deutschen Behörden geführten Ermittlungsverfahren, betonte der Leiter des Zollkriminalamts, Tino Ingelmann, in Düsseldorf. Auch deutsche Ermittler beschlagnahmten von Jahr zu Jahr größere Kokainmengen, was auf eine "anhaltende Kokainschwemme" auf dem Schwarzmarkt hindeute. Insgesamt seien in Deutschland im vergangenen Jahr rund 43 Tonnen Kokain abgefangen worden.
Drogenkartelle organisieren den Schmuggel von Kokain aus südamerikanischen Anbauländern wie Kolumbien und Peru inzwischen hauptsächlich in Containern über den normalen Seefrachtverkehr. Europäische Häfen wie Rotterdam in den Niederlanden, Antwerpen in Belgien sowie Hamburg gelten als Einfallstore. Erst im Februar gründeten mehrere EU-Staaten, darunter Deutschland, eine gemeinsame Allianz gegen den zunehmenden Kokainschmuggel über ihre Häfen.
Hinweis aus Kolumbien
Deutschland stehe "vor einer neuen Dimension der Zufuhr von Kokain", sagte der Leiter des Zollfahndungsamts in Stuttgart, Ronald Lenz. Im aktuellen Fall hätten die Hinweise aus Kolumbien zu einem Geschäftsmann aus Mannheim geführt, der einen verdächtigen Container habe importieren wollen. Davon ausgehend sei dann ein Netz von rund hundert Briefkastenfirmen entdeckt worden, über das der Versand weiterer Schmuggelcontainer organisiert wurde.
Neun dieser zur Tarnung unter anderem mit Obst beladenen Container wurden nach Angaben der Ermittler zwischen April und September jeweils mit großen Mengen Kokain abgefangen. Der größte Einzelfund war demnach eine Lieferung von zwölfeinhalb Tonnen im Hamburger Hafen. Dies war der zweitgrößte Einzelfund von Kokain in Deutschland bislang. Im Februar 2021 hatten Ermittler des Zolls im Hamburger Hafen sogar eine Einzellieferung von insgesamt 16 Tonnen beschlagnahmt.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl wertete den Schlag als Zeichen dafür, dass die Polizei in seinem Bundesland "auch auf der obersten Ebene des internationalen Rauschgifthandels" erfolgreich gegen kriminelle Gruppierungen vorgehen könne. Den Tätern seien "empfindliche Verluste in Milliardenhöhe" zugefügt worden, erklärte er in Stuttgart mit Blick auf die Ermittlungen. Ein entscheidender Faktor sei internationale Zusammenarbeit.
Quelle: ntv.de, lno/AFP/DJ