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Leistungsbereit und ausgebrannt Trendstudie widerlegt Mythos der "faulen Jugend"

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Jeder vierte junge Mensch schätzt den eigenen psychischen Zustand als behandlungsbedürftig ein.

Jeder vierte junge Mensch schätzt den eigenen psychischen Zustand als behandlungsbedürftig ein.

(Foto: picture alliance/dpa)

Zwischen Hoffnung, Frust und Dauerstress: Eine neue Studie zeigt, dass viele junge Menschen wieder optimistischer auf ihr eigenes Leben blicken - zugleich aber mit großer Sorge auf Politik, Gesellschaft und den Arbeitsmarkt.

Junge Menschen in Deutschland schauen wieder etwas hoffnungsvoller auf ihr eigenes Leben. 65 Prozent der 14- bis 29-Jährigen geben bei der Trendstudie "Jugend in Deutschland 2025" an, insgesamt zufrieden mit ihrer persönlichen Zukunft zu sein. Im Vorjahr lag der Wert bei 62 Prozent.

Die Autorinnen und Autoren der Studie sehen eine zaghafte Trendwende: Vor allem die Zufriedenheit mit der körperlichen und psychischen Gesundheit hat zugenommen. Auch berufliche Chancen und soziale Anerkennung werden leicht besser bewertet. Die Einschätzung der eigenen finanziellen Lage bleibt unverändert.

Gleichzeitig bleibt der Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung düster. Besonders groß ist der Pessimismus im Hinblick auf die politische Lage und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. In keinem dieser Bereiche erwarten die Befragten spürbare Verbesserungen.

Das schlage sich unmittelbar in Parteipräferenzen und Wählerentscheidungen nieder, sagte Klaus Hurrelmann auf einer Pressekonferenz zu den Studienergebnissen. Junge Menschen würden sich zunehmend von den traditionellen politischen Volksparteien der Mitte entfernen. "Wir beobachten einen Aufbruch an die Ränder und eine zunehmende Polarisierung", so der Soziologe.

64 Prozent der Befragten zwischen 14 und 29 Jahren gaben an, das Gefühl zu haben, Deutschland rücke politisch nach rechts. Der Aussage "in Deutschland darf man nichts Schlechtes über Ausländer sagen, ohne als Rassist beschimpft zu werden" stimmte mit 52 Prozent mehr als die Hälfte zu. 46 Prozent sagten, der Staat kümmere sich "mehr um Flüchtlinge als um hilfsbereite Deutsche". Dass Deutschland "viele Flüchtlinge aufnimmt" bewerteten nur 27 Prozent mit "gut".

Hurrelmann zeigt sich angesichts der Ergebnisse und des Erstarkens der politischen Ränder besorgt: "Das geht an die Substanz der Demokratie."

Mythos "faule Jugend"

Die Studie widmet sich auch dem weitverbreiteten Klischee der "faulen Jugend" - und widerlegt es deutlich. Mit einer Vollzeitquote von 81 Prozent arbeiten junge Erwerbstätige häufiger in Vollzeit als ältere Generationen. Ein Drittel fühlt sich jedoch regelmäßig ausgebrannt, jeder Vierte sieht sich psychisch sogar als behandlungsbedürftig.

Als Gründe dafür werden unter anderem ein hohes Stresslevel, überfordernde Erwartungen und mangelnde Wertschätzung genannt. Jugendvertreterin Maja Zaubitzer sagte auf Anfrage von ntv.de: "Wir sollten aufhören, die Jugend als faul abzustempeln. Wir sind bereit, Leistung zu bringen. Aber wir möchten motiviert werden."

Und gerade an der richtigen Motivation mangele es häufig. "Die Jugend erwartet für ihre Leistungsbereitschaft eine gute Arbeitsatmosphäre, Work-Life-Balance und Sicherheit - genauso wie die ältere Belegschaft", so Simon Schnetzer, Mitautor der Studie.

Aufforderungen seitens der Politik, mehr zu arbeiten und "die Ärmel hochzukrempeln", seien da eher kontraproduktiv. "Ich kann meine Mitarbeitenden auch nicht motivieren, indem ich sage 'los, jetzt macht mal'", sagte die Jung-Unternehmerin Eva Johanna Egg gegenüber ntv.de.

"Wollen nicht nur funktionieren"

In Richtung der neuen Bundesregierung formuliert die Studie eine klare Erwartung: Die Koalition stehe in der Verantwortung, die wirtschaftliche und soziale Lage junger Menschen deutlich zu verbessern. Dazu zählten unter anderem bezahlbarer Wohnraum, gerechte Bildungschancen, ein stabiles Rentensystem und politische Teilhabe.

"Zukunft entsteht nicht durch Appelle zur Resilienz, sondern durch gerechte Rahmenbedingungen", betonte Schnetzer. "Die junge Generation will nicht nur funktionieren, sie will gestalten - und erwartet von der neuen politischen Führung, dass sie diesen Gestaltungswillen ernst nimmt."

Quelle: ntv.de, apr/dpa

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