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Aus der Schmoll-Ecke Großer Plan? Großer Gott!

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Ihnen scheint das Lachen noch nicht vergangen zu sein: US-Präsident Trump, sein Vize Vance, Verteidigungsminister Hegseth und Sicherheitsberater Waltz.

Ihnen scheint das Lachen noch nicht vergangen zu sein: US-Präsident Trump, sein Vize Vance, Verteidigungsminister Hegseth und Sicherheitsberater Waltz.

(Foto: picture alliance / Consolidated News Photos)

Unser Kolumnist wurde neulich gefragt: Regieren die Muppets im Weißen Haus? Ja und nein. Eine Gemeinsamkeit gibt es: Die Muppet Show war ein Mikrokosmos, über den man ebenso lachen konnte wie über die Komödie in Washington. Der Unterschied: Das Lachen blieb einem nicht im Halse stecken.

Es kann schon mal passieren, dass ein nationaler Unsicherheitsberater, der ununterbrochen und hoch konzentriert darüber nachdenkt, wie er die Wünsche seines Herrn und Meisters erfüllen kann, so abgelenkt ist, dass er einen Journalisten von den Fake-News-Medien in einen streng geheimen Signal-Chat einlädt, um sich über streng geheime Militärsachen zu informieren, von denen es dann ganz bald heißen wird, dass sie gar nicht streng geheim sind, sondern es sich um bedeutungslose, regelrecht banale Botschaften handelte. Denn was sind schon ein paar Bomben auf die Köppe irgendwelcher unbekannter Huthi-Raketen- und Messermänner? Was ist ein Angriff, von dem doch nur die Schmarotzer in Europa profitieren, das seine Milliarden lieber für Bürgergeld, NGOs und den Abbau von Atomkraftwerken ausgibt, statt sie in die Nato zu pumpen?

Das Schlauchen der Europäer ist ERBÄRMLICH - so sehen es die Kumpels von Blitzfrieden-Trump und viele andere Amerikaner. Aber nicht alle. Hillary Clinton zum Beispiel. Sie hat - wie der Rest der Demokratischen Partei - monatelang nachgedacht und nachgedacht und nachgedacht, was man eventuell bei nächster Gelegenheit über das politische Schaffen von Blitzfrieden-Trump und seinen Spießgesellen zum Besten geben könnte. Schließlich kam sie zu dem Schluss, dass es der Regierung von Blitzfrieden-Trump an Intelligenz mangelt. Das Gemache und Getue im Weißen Haus "ist einfach dumm", urteilte Frau Clinton und vergaß dabei, wie dumm sie selbst war, a: private E-Mails tausendfach über ihren privaten Account zu verschicken und b: Blitzfrieden-Trump vor der Wahl 2016 zu unterschätzen und "die Hälfte" seiner Fans als die "Erbärmlichen" zu bezeichnen, statt den hinterwäldlerischen Dummlacks das Glück auf amerikanischer Erde zu versprechen.

Hochmut kommt vor der Wahlniederlage. Der Spruch ist (vielleicht) von Waldorf und Statler, den zwei Urvätern des freundlichen Sarkasmus, die das Glück hatten, nie auf der Bühne der Muppet Show stehen (oder regieren) zu müssen. Von einer Loge des Muppet Theaters aus nutzten sie ausgiebig ihr Recht auf Meinungsfreiheit. Die beiden machten alles mies, was sie hörten und sahen. Pardon kannten sie genauso wenig wie Positivismus. Alles war: SCHLECHT. SCHLECHT. SCHLECHT. In gewisser Weise haben sie prophetisch die Entwicklung der westlichen Gesellschaft vorweggenommen: Alte weiße Männer meckern, meckern, meckern und leben ihren Nihilismus aus, sind bereit, alles zu verneinen, das allerdings nicht in der Absicht, stets das Gute zu schaffen. Sie hatten Spaß an der Nörgelei. Kurzum: Sie waren, wie ich es bin. Nur dass mir keine Loge in einem Theater vergönnt ist, von der ich mich auskotzen kann.

Bösartiger Zynismus im Weißen Haus

Waldorf und Statler waren auch insofern ihrer Zeit weit voraus, weil sie zu jeder Verlautbarung und jeder Darbietung eine Meinung hatten - sie nahmen sozusagen das Internet und die a-sozialen Medien vorweg. Avantgarde waren sie ebenso, weil sie sich über etwas aufregten, das sie immer wieder anschauten, um sich erneut aufzuregen, so wie das heute sehr viele Menschen mit Miosga, Dschungelcamp und Bundestagsdebatten tun. Sich zu empören, ist ein Trendsport.

Waldorf und Statler waren die extrem lustigen Vorreiter dieser Bewegung. Wobei hier erwähnt werden muss, dass die zwei Miesepeter noch sagen durften, was sie wollten, und keine Textexegese von Betroffenen und anderen Minderheiten vorgenommen wurde mit dem Ergebnis: Der Spruch war sexistisch, rassistisch oder was immer. Es waren wirklich noch andere Zeiten - zumindest was die freie Entfaltung des Witzes angeht. Triggerwarnungen gab es auch noch nicht. Heute würde man Miss Piggy bei "Deutschland sucht den Superstar" umgehend klarmachen, dass sie nicht singen könne. Damals durfte sie weiter an sich glauben, ohne dass ihr jemand erklärte, dass ihr Traum von der Gesangskarriere ein Traum bleiben wird und - übrigens - ein Frosch nicht einfach deshalb verprügelt werden darf, weil er die Liebe einer Sau nicht erwidert.

Wie kam ich auf die Muppet Show? Ein Freund schrieb mir eine Whatsapp, dass ihn die Chaostruppe im Weißen Haus an die Muppets erinnere. Das konnte ich verstehen. Doch dachte ich auch: Blitzfrieden-Trump und seine Jünger meinen das ja ernst. Es ist keine Drehbuch-Komik wie bei der Muppet Show, sondern was sie tun, ist unfreiwillig komisch. Ihr Zynismus ist bösartig, weil er echt ist, und nicht wie der von Waldorf und Statler: hintersinnig, was ihm die Spitze, die Boshaftigkeit nahm, weshalb man den zwei alten Herren alles durchgehen ließ, ohne sauer auf sie zu sein. Ihre Pointen waren ein Schlusspunkt, während es im Weißen Haus keine Pointen gibt, die Komödie geht immer weiter und weiter und weiter.

Ein Scherz, über den nur die Russen lachen können

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Die halbe Welt lacht über Amerikaner, die versuchen, das mächtigste Land der Erde zu regieren. Die andere Hälfte findet das wiederum nicht komisch und glaubt Blitzfrieden-Trump und seinen Spießgesellen jede noch so aberwitzige Erklärung, warum dieses oder jenes passiert ist. Der Unsicherheitsberater von Blitzfrieden-Trump will wegen des belanglosen Huthi-Chats "seine Lektion gelernt" haben und übernimmt dafür "die volle Verantwortung" für etwas, was nicht geheim war und auch nicht das Leben amerikanischer Soldaten hätte gefährden können. Nicht vergessen: Diese lustigen Leute verhandeln mit dem spaßbefreiten Kreml über Blitzfrieden in der Ukraine. Aber inzwischen wissen wir ja, dass die 24-Stunden-Ankündigung von Blitzfrieden-Trump "ein wenig sarkastisch" gemeint gewesen war, also ein Scherz, über den nur die Russen lachen können.

Ich dachte immer, dass mit all dem Ankündigen und Dekrete-unterzeichnen irgendein großer Plan verfolgt wird, die USA von den Schulden zu befreien, an Rohstoffe zu gelangen und China in den Griff zu kriegen. Irgendetwas dieser Art. Nun denke ich: Großer Plan? Großer Gott! Wo soll er sein? Mir will es scheinen, dass es nur um ganz persönliche Ziele, Deals und Freizeitunterhaltung geht. Das ist alles. Doch selbst wenn ein großer Plan existiert, dann kann er nur in einer Blase alternativer Fakten erdacht worden sein, der nicht berücksichtigt, dass die USA Bestandteil dieser Welt sind. Das ist übrigens die Gemeinsamkeit zur Muppet Show: Auch sie war ein Mikrokosmos, über den man lachen konnte. Der Unterschied: das Lachen blieb einem nicht im Halse stecken. Und sie war ungefährlich.

Quelle: ntv.de

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