Zwei brutale Morde Herner Taten "nicht leicht wegzustecken"
10.03.2017, 17:39 Uhr
Lipphaus leitet seit Jahren die Bochumer Mordkommission.
(Foto: dpa)
Zwei eiskalte und besonders brutale Morde aus Frust über sein eigenes Leben. Der Chef der Bochumer Mordkommission hat schon viel gehört, aber im Fall Marcel H. kommt auch Lipphaus an seine Grenzen.
Seit 2012 leitet Klaus Peter Lipphaus die Mordkommission in Bochum. Der Mann ist ein erfahrener Ermittlungsbeamter, der viele Mordopfer gesehen, mit zahlreichen Tätern gesprochen hat. Doch selbst Lipphaus sagt am Tag nach der Festnahme von Marcel H., er habe Neuland betreten.
Der Mord an dem neunjährigen Jaden und einem weiteren 22-Jährigen, die mehrtägige intensive Fahndung, immer überschattet von der Angst, H. könnte weitere Menschen töten, das alles sei "nicht so einfach wegzustecken".
Vor allem die Jugend von Marcel H. macht den Ermittlern zu schaffen. Ein 19-Jähriger hat das Berufskolleg verlassen, wird von der Bundeswehr abgelehnt und scheitert auch mit anderen Bewerbungen. Zunächst will er sich das Leben nehmen, so hat es H. den Ermittlern erzählt. Als das scheitert, ist Plan B ein Mord.
Ein Kind als Zufallsopfer
Lipphaus zufolge "diktiert" H. den Beamten den Ablauf der Ereignisse regelrecht, ist dabei komplett emotionslos, ohne jeden Anflug von Reue. Demnach war der neunjährige Jaden ein Zufallsopfer. H. hatte beschlossen, bei den Nachbarn zu klingeln und denjenigen zu töten, der öffnet. Das war am Montag eben Jaden, den er seit Jahren kannte und der sich bereiterklärte, beim Halten einer Leiter zu helfen. Und mit dem sich H. dann im Keller gar nicht lange aufhielt, bevor er den Jungen mit 52 Messerstichen tötete.
Unter Ermittlern nennt man das "Übertöten", viel zu viel Gewaltanwendung, als nötig gewesen wäre, erläutert Lipphaus in der Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft zu dem Fall. Auch das zweite Opfer attackierte H. mit dem Messer, 68 Messerstiche zählen die Ermittler, dazu noch Würgemale am Hals. Das alles, weil ein junger Mann nach dem Umzug seiner Familie keinen Internetzugang hatte, um wie gewohnt zu surfen und zu spielen.
H. sei nicht dumm, sogar relativ intelligent, er habe ein gutes Erinnerungsvermögen, sagt Lipphaus über diesen Täter mit dem großen Mitteilungsbedürfnis. Auch mit den Eltern des Teenagers habe er gesprochen, was sie gesagt hätten, will er lieber für sich behalten. Lipphaus wirkt erschöpft, als er referiert, was man bisher über H. weiß. Der 19-jährige war polizeilich nicht auffällig, aber schon ein auffälliges Kind, kontaktarm, sehr ortsgebunden. Es fällt das Wort ADHS und Lipphaus macht eine Bemerkung, dass er damit ja kein Einzelfall war.
Noch sind viele Dinge nicht ausermittelt. War H. wirklich auch am Bahnhof? Warum suchte er ausgerechnet bei einem entfernten Bekannten von Berufskolleg Unterschlupf, und hatte er dessen Tötung auch geplant? Lipphaus und seine Kollegen glauben H. nicht alles, aber doch das meiste, obwohl das, was er sagt, so unglaublich erscheint. "Ich habe an wenig von dem, was er sagt, Zweifel", sagt der Mordermittler und macht den Eindruck, als wäre ihm lieber, er müsse das nicht hören.
Quelle: ntv.de