Panorama

Die nächste Welle droht bereits Im Datenblindflug in den Corona-Sommer

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
288392894.jpg

Mehr als zwei Jahre Pandemie und noch immer gibt es in Deutschland keine profunde Datenbasis zum Coronavirus. Das wird laut Experten spätestens im Herbst zum Problem. Sollte sich BA.5 hierzulande jedoch so schnell verbreiten wie in Portugal, rollt die nächste Welle bereits im Sommer.

Kaum ebbt die Omikron-Welle in Deutschland ab, dämpft bereits der nächste Subtyp die Hoffnungen auf einen Corona-freien Sommer: BA.5 ist in Europa auf dem Vormarsch. Experten gehen zwar davon aus, dass die Variante nicht gefährlicher ist als ihre Vorgängerinnen BA.1 und BA.2, aber ansteckender. In Portugal hat BA.5 die Infektionszahlen bereits in die Höhe schießen lassen.

In Deutschland sieht die Lage dagegen noch entspannt aus - das sagen zumindest die Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI). Problematisch ist dabei, dass die Datenlage nach wie vor sehr lückenhaft ist. Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus - vor allem, weil bei Weitem nicht alle Infizierte einen PCR-Test machen lassen. Nur positive PCR-Tests zählen in der Statistik. Zudem können Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme der Bundesländer zu einer Verzerrung einzelner Tageswerte führen.

"Wir haben in den letzten zweieinhalb Jahren einen wahren Datenblindflug erlebt, der keine gute Grundlage für rationale Entscheidungen war", sagt Ärztepräsident Klaus Reinhardt der Funke-Mediengruppe. Nur wenn Klarheit über das tatsächliche Infektionsgeschehen herrsche, könne die Belegung der Krankenhaus- und Intensivbetten realistisch prognostiziert werden. Die Bundesregierung sollte sich daher den Rat ihrer Experten zu eigen machen und endlich systematisch Daten zu Infektionsdynamik, Krankheitsschwere und zur Belastung des Gesundheitswesens erheben und auswerten.

Der 19-köpfige Corona-Expertenrat hatte in seiner am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme unter anderem eine solche Datenerhebung verlangt. Reinhardt ergänzte, es brauche zudem Gewissheit darüber, wie wirksam die in der Vergangenheit ergriffenen Maßnahmen gewesen seien: "Denn die Bevölkerung wird erneute Einschränkungen nur dann akzeptieren, wenn diese erwiesenermaßen notwendig und wirksam sind", so der Ärztekammer-Präsident. Die Erkenntnisse aus der Evaluation der Corona-Maßnahmen, die Ende des Monats vorliegen soll, müssten daher ebenfalls in die weitere Planung einfließen.

"Wir können uns auf alles vorbereiten"

Spätestens im Herbst und Winter erwartet der Expertenrat erneut eine erhebliche Belastung des Gesundheitssystems. Er empfiehlt eine Rechtsbasis für schnelle Reaktionen auf möglicherweise steigende Infektionszahlen im Herbst und Winter und dringt auf langfristige Verbesserungen - etwa bei Datenanalyse und Prognose. Der Rat fordert zudem Einheitlichkeit - nämlich eine zentrale Koordination der Pandemiemaßnahmen zwischen Bund und Ländern und eine bundesweit möglichst einheitliche und schnelle Kommunikation aller bestehenden Regelungen und Empfehlungen.

Mehr zum Thema

Der Bonner Virologe Hendrik Streeck hofft auf Entscheidungen der Politik, die den Vorschlägen des Expertenrats entsprechen. Das sagte Streeck in der ARD. Unabhängig davon, ob es eine Sommer-Corona-Welle gebe oder nicht, müssten ohnehin Vorbereitungen für den Herbst getroffen werden. Die Politik habe viele schützende Instrumente wie Impfung und Masken an der Hand. "Wir können uns auf alles vorbereiten", sagte Streeck.

Auf die Frage, wie er zu der Möglichkeit eines neuen Lockdowns stehe, sagte er: "Ich würde keinen Lockdown empfehlen." Auch in der Stellungnahme des Expertenrats war davon nicht die Rede. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte zuvor betont, die Stellungnahme werde zur "Basis für den Corona-Herbstplan der Bundesregierung".

Quelle: ntv.de, hny/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen