Im Toskana-Urlaub verhaftet Italiener fassen deutschen Sektenverbrecher
30.09.2021, 20:54 Uhr
Sein Urlaub im italienischen Badeort Forte dei Marmi wird dem gesuchten Deutschen zum Verhängnis.
(Foto: imago images/marcovarro)
Folter, Zwangsarbeit, Kindesmissbrauch: Die Liste der Gräueltaten der Sekte "Colonia Dignidad" in Chile ist lang. Ein deswegen verurteilter und mutmaßlich geflohener Deutscher wird nun im Italien-Urlaub mit seiner Frau gefasst. Zuvor lebte er wohl jahrelang unentdeckt in Deutschland.
Ein deutscher Staatsbürger ist in Italien wegen Verbrechen in der früheren Sektenkolonie "Colonia Dignidad" in Chile verhaftet worden. Das verlautete aus Kreisen des italienischen Justizministeriums. Zuvor hatten die Nachrichtenagenturen Ansa und Adnkronos berichtet, dass der Mann schon in der vorigen Woche in Forte dei Marmi aufgrund eines internationalen Strafbefehls aus Chile festgenommen worden war.
Nun entschied ein Berufungsgericht in Florenz, den Deutschen wegen Fluchtgefahr nicht freizulassen, wie es hieß. Das Justizministerium hatte für einen Verbleib in der Haft plädiert. Der Mann soll 75 Jahre alt und mit seiner Frau auf Urlaub in der Toskana gewesen sein. Seine Pflichtverteidigerin sagte laut Ansa, er habe nichts von dem Strafbefehl gewusst, sonst wäre er nicht ins Ausland gereist. Er lebe schon seit Jahren in Deutschland.
Nun müsse entschieden werden, ob der Deutsche an Chile ausgeliefert wird. Dort sei er 2005 von einem Gericht wegen Freiheitsberaubung verurteilt worden, sagte die Anwältin demnach weiter. Chilenischen Medienberichten zufolge hatte sich der Mann in jenem Jahr aus dem südamerikanischen Land abgesetzt, nachdem dort Ermittlungen wegen des Verschwindens von drei Menschen - darunter ein chilenisch-italienischer Doppelstaatler - eingeleitet worden waren.
Die "Colonia Dignidad" (Kolonie der Würde) war Anfang der 1960er Jahre von dem deutschen Laienprediger Paul Schäfer und dessen Anhängern am Fuße der chilenischen Anden gegründet worden. Jahrzehntelang ließ er die Sektenmitglieder dort ohne Lohn arbeiten, riss Familien auseinander und missbrauchte Kinder. Während der Militärdiktatur unter General Augusto Pinochet (1973-1990) wurden auf dem riesigen Areal zudem Regimegegner gefoltert und ermordet.
Quelle: ntv.de, mra/dpa