Durfte Möbelstück behalten Klimaaktivist klebt sich fest - mit Tisch aus Gericht getragen
23.02.2023, 17:12 Uhr
Klimaaktivist Henning Jeschke festgeklebt an einem Tisch in einem Raum des Amtsgerichts Berlin Tiergarten.
(Foto: picture alliance/dpa/-)
Eigentlich steht Henning Jeschke von der "Letzten Generation" wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor Gericht. Doch während des Prozesses klebt er sich an einem Tisch fest und sagt, über den Klimanotfall sprechen zu müssen. Er wird samt Tisch aus dem Saal getragen und wurde davon auch nicht mehr getrennt.
Es geht in dem Prozess um Straßenblockaden, an denen sich Klimaaktivist Henning Jeschke beteiligt haben soll. Die Verhandlung vor dem Amtsgericht Tiergarten nutzte das Gründungsmitglied der Gruppe "Letzte Generation" für eine weitere Aktion: Mitten im Prozess sprang der 23-Jährige aus Greifswald auf und klebte sich an einem Tisch fest.
"Es tut mir leid, dass ich Sie wieder unterbrechen muss. Es tut mir leid, dass ich das hier machen muss. Ich kann nicht anders, weil mir der Rechtsstaat am Herzen liegt. Ich muss das hier tun, weil wir die Welt in so großer Gefahr sehen, wie noch nie. Ich habe mich hier festgeklebt am Tisch. Ich muss es tun, weil wir über Klimanotfall sprechen müssen", rief der 23-Jährige lautstark im Saal D107.
Richter Sebastian Jacobs unterbrach die Verhandlung zunächst kurz, um Justizbedienstete zu alarmieren. Da Jeschke ihm jedoch ständig ins Wort fiel, schloss der Richter ihn schließlich vom Prozess aus. Justizbedienstete trugen den Tisch, an dem Jeschke klebte, in einen Vorraum des Gerichts. Der Klimaaktivist sagte im Vorraum: "Der Richter muss sich mit dem Klimanotstand beschäftigen." Polizisten und Sanitäter wurden hinzugerufen, um Jeschke von der Tischplatte abzulösen. Doch das verweigerte er.
Jeschke wurde letztlich mit der Hand am Tisch klebend aus dem Gebäude gebracht, wie Gerichtssprecherin Lisa Jani sagte. Beamte hätten ihm zuvor noch in die Jacke geholfen. Zuletzt sei er dann in Begleitung an einer Bushaltestelle gesichtet worden - samt des etwa 1,20 Meter breiten Tisches. "Wir konnten auf den Tisch verzichten. Hauptsache, die Hauptverhandlung konnte fortgesetzt werden", erklärte Sprecherin Jani. Jeschke sei für den Tag ein Hausverbot erteilt worden. Im Gerichtssaal ging die Verhandlung zunächst weiter. Letztlich wurde sie aber unterbrochen.
Der Prozess soll am 9. März fortgesetzt werden. In dem Prozess geht es um mehrere Aktionen der Gruppe "Letzte Generation" in der Zeit von März bis Juni 2022, an denen er sich beteiligt haben soll. Die Staatsanwaltschaft Berlin wirft Jeschke Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vor. Es wurden Strafbefehle erlassen, wonach der Klimaaktivist eine Geldstrafe zahlen sollte. Weil er dagegen Einspruch erhob, kam es zum Prozess.
"Letzte Generation" spricht von möglicher Befangenheit des Richters
Während der Aktion filmte sich Jeschke. Die Gruppe "Letzte Generation" veröffentlichte wenig später ein Video bei Twitter. Die Gruppe sprach von einer möglichen Voreingenommenheit des Richters. Ende vergangenen Jahres habe er "in internen Chats des Gerichts Vorlagen der Staatsanwaltschaft geteilt - möglicherweise als "Verurteilungshilfe" für andere Richter:innen", hieß es. Ein Ablehnungsantrag wegen Befangenheit sei aber erfolglos geblieben. Gerichtssprecherin Jani erklärte dazu, der Richter habe eine E-Mail mit einem Vermerk der Staatsanwaltschaft an seine Kollegen weitergeleitet, in der es um den Umgang mit den Vorfällen gegangen sei. Dies gehöre zu seinen Aufgaben, weil er der Verwaltung angehöre.
Die Gruppe "Letzte Generation" war nach einem Klima-Hungerstreik in Berlin entstanden und fordert mehr Maßnahmen für den Klimaschutz. Seit Anfang 2022 blockierte sie immer wieder Autobahnausfahrten und andere Straßen in vielen Städten, einen Schwerpunkt bildet Berlin.
Quelle: ntv.de, ysc/dpa