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Dauerhaft verhandlungsunfähig Mutmaßlichem Ex-KZ-Wachmann wird kein Prozess gemacht

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Der mittlerweile 99-Jährige soll im KZ Sachsenhausen als SS-Wachmann am Mord von 3300 Menschen beteiligt gewesen sein.

Der mittlerweile 99-Jährige soll im KZ Sachsenhausen als SS-Wachmann am Mord von 3300 Menschen beteiligt gewesen sein.

(Foto: IMAGO/photothek)

Einem mutmaßlichen ehemaligen SS-Wachmann im KZ Sachsenhausen wird Beihilfe zum Mord in über 3300 Fällen vorgeworfen. Weil der 99-Jährige nicht mehr verhandlungsfähig ist, entscheidet das Landgericht Hanau, dass es nicht zum Prozess kommen soll.

Der Fall eines mutmaßlichen früheren Wachmanns im KZ Sachsenhausen soll nicht vor Gericht verhandelt werden. Der heute 99-Jährige sei aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft verhandlungsunfähig, die Eröffnung des Hauptverfahrens sei daher aus rechtlichen Gründen abzulehnen gewesen, teilte das Landgericht Hanau mit. Die Jugendkammer des Gerichts habe mit Beschluss vom 6. Mai dieses Jahres die Zulassung der Anklage abgelehnt. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig (Az.: 2 Ks 501 Js 33.635/22).

Die Staatsanwaltschaft Gießen hatte im vergangenen Jahr Anklage gegen den Mann erhoben, der als Heranwachsender Wachmann im KZ Sachsenhausen gewesen sein soll. Aus diesem Grund und weil im Jugendstrafrecht das Wohnortprinzip gilt, hatte die Jugendkammer des Landgerichts Hanau über eine Zulassung der Anklage zu entscheiden.

Vorwurf: Beihilfe zum Mord in mehr als 3300 Fällen

Dem Mann aus dem Main-Kinzig-Kreis wurde zur Last gelegt, von Juli 1943 bis Februar 1945 in mehr als 3300 Fällen Beihilfe zum Mord geleistet zu haben. Als Angehöriger der SS-Wachmannschaften soll der deutsche Staatsangehörige "die grausame und heimtückische Tötung Tausender Häftlinge unterstützt haben". Als Angehöriger eines SS-Wachbataillons soll der Mann unter anderem mit der Bewachung von dort untergebrachten Häftlinge befasst gewesen sein. Zudem soll er mit der Überführung ankommender Häftlinge vom Bahnhof in das Hauptlager sowie mit der Bewachung von Häftlingstransporten beauftragt gewesen sein. Während des Tatzeitraums sind in dem Lager mindestens 3318 Häftlinge an den Folgen der dort herrschenden Unterbringungs- und Lebensverhältnisse gestorben und wurden durch Erschießungen und den Einsatz von Giftgas gezielt ermordet.

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Ein psychiatrisches Sachverständigengutachten, das im Oktober vergangenen Jahres eingeholt worden war, war von einer eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit des Mannes ausgegangen. Anfang Februar dieses Jahres sei dann ein weiteres Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der körperliche und psychische Zustand des Mannes verschlechtert habe und eine Besserung nicht zu erwarten sei. "Das Gericht ist den Ausführungen des Sachverständigen vollumfänglich gefolgt und hat die Anklage daher aus rechtlichen Gründen nicht zur Hauptverhandlung zugelassen", hieß es.

Im KZ Sachsenhausen etwa 35 Kilometer nördlich von Berlin waren von 1936 an etwa 204.000 Sinti und Roma, jüdische Menschen, politische Gegner des NS-Regimes, Homosexuelle, ausländische Zwangsarbeiter und alliierte Kriegsgefangene von den Nazis interniert worden. Zehntausende kamen durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit und Misshandlungen um oder wurden Opfer von Vernichtungsaktionen der SS. Auf Todesmärschen nach der Evakuierung des Lagers Ende April 1945 starben weitere Tausende Häftlinge.

Quelle: ntv.de, mes/dpa

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