Historischer Prozess in Paris Neonazis wegen Anschlagsplänen vor Gericht
19.06.2023, 17:07 Uhr Artikel anhören
Laut einem Angeklagten sollten die geplanten Anschläge schlimmer sein als die Pariser Anschläge 2015, bei denen 130 Menschen ums Leben kamen.
(Foto: picture alliance / imageBROKER)
In Paris hat der Prozess gegen vier Neonazis begonnen, die eine terroristische Organisation gegründet und Anschläge auf Muslime und Juden geplant haben sollen. Es ist der erste Terrorprozess gegen Rechtsextreme in Frankreich.
Vier junge Neonazis müssen sich in Paris wegen mutmaßlicher Planung von Anschlägen auf Muslime und Juden vor Gericht verantworten. Es ist das erste Mal in Frankreich, dass Rechtsextreme wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung vor Gericht stehen. "Es geht um eine neue, zunehmende Bedrohung durch Massenmorde, nach dem Vorbild angelsächsischer Länder", sagte Staatsanwalt Olivier Dabin. Die vier Männer, die heute zwischen 22 und 28 Jahre alt sind, hatten nach Erkenntnissen der Ermittler 2018/19 Pläne für Anschläge gegen Moscheen und jüdische Einrichtungen geschmiedet.
Sie sollten "schlimmer als der Bataclan-Anschlag sein", hatte einer von ihnen ausgesagt. Er spielte damit auf die Pariser Anschläge vom November 2015 an, bei denen dschihadistische Täter 130 Menschen getötet hatten. Der Anführer der Gruppe, der heute 27 Jahre alte Alexandre Gilet, hatte ausgesagt, dass er die dschihadistischen Anschläge habe "rächen" wollen. Nach Erkenntnissen der Ermittler verfasste er ein "Manifest" nach dem Vorbild des norwegischen Massenmörders Anders Behring Breivik. Darin war unter anderem von einem Anschlag mit einem Lastwagen auf Muslime beim Freitagsgebet die Rede. Ziel sei es, "so viele Opfer wie möglich" zu machen.
Die Angeklagten bekennen sich zur Ideologie von Neonazis, bestreiten aber, dass sie die Anschlagspläne hatten umsetzen wollen. Der Prozess soll bis zum 30. Juni dauern. Da einer der jungen Männer in der fraglichen Zeit noch minderjährig war, hatte das Verfahren ursprünglich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollen. Die Staatsanwaltschaft beantragte jedoch ein öffentliches Verfahren. Die Gesellschaft müsse "über die Realität dieser Bedrohung, die Vorgehensweise und die Vorhaben informiert werden", argumentierte der Staatsanwalt.
Im Internet hatten die Angeklagten zueinander gefunden und eine Gruppe mit dem deutschen Namen WaffenKraft gegründet. Sie teilten eine Faszination für Waffen und Gewalt und trafen sich unter anderem im Wald, um den Umgang mit Schusswaffen zu üben. Bei dem Hauptangeklagten fanden sich unter anderem zwei Kalaschnikows und Chemikalien für den Bau von Sprengsätzen. Ein weiteres Mitglied der Gruppe, das zum fraglichen Zeitpunkt erst 14 Jahre alt war, wurde von einem Jugendgericht bereits zu zweieinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
Quelle: ntv.de, lar/AFP