Einreise aus Großbritannien Passagiere übernachten am Flughafen
21.12.2020, 02:20 Uhr
Europa versucht zu verhindern, dass die hochansteckende Virus-Mutation aus Großbritannien eingeschleppt wird. Seit Mitternacht gilt in Deutschland ein Landeverbot für Flugzeuge von dort. Wer es in einen der letzten Flieger geschafft hat, wird trotzdem nicht einfach ins Land gelassen.
Wegen der neuen Variante des Coronavirus ist die Einreise von Flugpassagieren aus Großbritannien an mehreren deutschen Flughäfen am Sonntagabend zunächst gestoppt worden. Ab Mitternacht dürfen Passagiermaschinen aus dem Vereinigten Königreich nicht mehr in Deutschland landen. Doch auch wer vorher noch in den Flieger gestiegen war, konnte nicht einfach in Deutschland einreisen.
Am Berliner Hauptstadtflughafen in Schönefeld warten beispielsweise 77 Passagiere auf eine Klärung durch einen Corona-Test. Dabei handelt es sich überwiegend um polnische Staatsbürger, wie eine Sprecherin der Bundespolizeidirektion sagte. Betroffen waren demnach am Sonntag vier Flüge aus Großbritannien. Für die Reisenden seien Feldbetten aufgestellt worden. Wer nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hat oder keinen festen Wohnsitz in Berlin hat, muss demnach zur Einreise einen negativen Test vorlegen. Außerdem gelten Quarantäne-Regelungen: Diese sind je nach Bundesland unterschiedlich.
In Hannover betrafen die neuen Regeln am Sonntagabend 63 Passagiere eines Flugs aus London, die gezwungenermaßen am Flughafen übernachten müssen. Ein Sprecher der Bundespolizei sagte, eine Frau wolle nach London zurückfliegen, alle anderen müssten sich einem PCR-Test unterziehen. Bis zum Vorliegen des Testergebnisses müssten sie auf dem Flughafengelände bleiben, erklärte eine Sprecherin der Region Hannover. Sie rechne damit, dass die Ergebnisse am Montag vorliegen, das stehe aber nicht fest. Nach Angaben des Flughafens Hannover wurden im Terminal D Feldbetten aufgebaut, die Passagiere werden dort auch verpflegt. "Unser Ziel ist, zu verhindern, dass die neue Virusart unbemerkt nach Niedersachsen einzieht", sagte Andreas Kranz, Leiter des Fachbereichs Öffentliches Gesundheitswesen der Region Hannover. Die Reisenden zeigten "ziemlich viel Verständnis für die Maßnahmen", betonte er.
ISollte das Testergebnis negativ ausfallen, bedeutet das für die betreffenden Passagiere eine zehntägige Quarantäne am Zielort - nach fünf Tagen und einem erneuten negativen Testergebnis kann die Quarantäne vorzeitig enden. Bestätigt sich eine Infektion, bei der unklar ist, ob es sich um die neue Virus-Variante handelt, kommen die Betroffenen in ein besonderes Quarantäne-Hotel, wie Kranz sagte.
Schnelltests in Stuttgart
In Stuttgart wurden am Abend gelandete Flugreisende aus London in Kleingruppen ins Corona-Testzentrum des Flughafens gebracht und dort getestet, wie ein Sprecher sagte. Anschließend hätten sie - sofern das Ergebnis negativ war - ihr Gepäck holen und nach Hause fahren dürfen, sie müssten sich dort aber in Quarantäne begeben. Um wie viele Passagiere es sich handelte, war nicht bekannt. Die Bundespolizei teilte in Stuttgart allgemein mit, dass den am Sonntag noch Gelandeten ein Corona-Test angeboten werde und sie auf die bestehenden bekannten Quarantäneregelungen der Bundesländer hingewiesen würden. "Wir wissen um die daraus entstehenden Unannehmlichkeiten für die Reisenden, gerade jetzt im Weihnachtsverkehr", hieß es. "Alle Partner arbeiten mit Hochdruck daran, eine sichere Einreise zu gewährleisten, gleichzeitig aber auch die Passagiere nicht über Gebühr zu beanspruchen."
Der Berliner Korrespondent der englischen Wochenzeitung "The Economist", Tom Nuttall, war ebenfalls an Bord einer Maschine aus Großbritannien in Berlin gelandet und berichtete auf Twitter Ähnliches. Deutsche und Passagiere mit anderen Staatsbürgerschaften seien getrennt worden. Die Polizei habe ihnen mitgeteilt, dass sie getestet würden: Wer ein negatives Ergebnis habe, werde nicht zurückgeschickt.
Einreiseverbot gilt bis Jahresende
Nach ersten Erkenntnissen britischer Wissenschaftler ist die kürzlich in Südostengland entdeckte Corona-Variante um bis zu 70 Prozent ansteckender als die bisher bekannte Form. Das Bundesinnenministerium hatte deswegen die Bundespolizei am Sonntag angewiesen, Reisende aus Großbritannien und Südafrika ab sofort systematisch zu kontrollieren. Dies gelte mit Blick auf die korrekte Registrierung in der Digitalen Einreiseanmeldung, hatte ein Ministeriumssprecher in Berlin mitgeteilt. Erforderliche Infektionsschutzmaßnahmen seien eng mit den örtlich zuständigen Gesundheitsämtern abzustimmen. Reisende müssten sich auf längere Wartezeiten an den Grenzen einstellen.
Nur wenig später untersagte Deutschland Flüge von Großbritannien nach Deutschland ab Montag, 0 Uhr, komplett. Das Bundesverkehrsministerium erließ eine entsprechende Verfügung. Ausgenommen sind reine Frachtflüge, Flüge mit medizinischem Personal oder nur mit Crews an Bord, die nach Deutschland zurückkehren wollen. Dies diene dem Schutz der Bevölkerung in Deutschland und der "Limitierung des Eintrages und der schnellen Verbreitung der neuen Virusvarianten", hieß es. Das Verbot gilt zunächst bis 31. Dezember. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kündigte für diesen Montag eine zusätzliche Verordnung an, die den gesamten Reiseverkehr mit Großbritannien einschränkt und auch mit dem ebenfalls von der Virusvariante betroffenen Südafrika. Auch viele andere europäische Staaten haben inzwischen die Einreise aus Großbritannien verboten. Frankreich stoppte neben dem Flugverkehr auch die Eurotunnel-Züge und den Fährverkehr.
Quelle: ntv.de, ino/dpa