Panorama

Afghane hatte Telegram-Gelehrten Angeklagter gesteht brutalen Messerangriff von Mannheim

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Sulaiman A. hat im Prozess um die tödliche Messerattacke auf dem Mannheimer Marktplatz die Tat gestanden (Archivbild vom Prozessauftakt).

Sulaiman A. hat im Prozess um die tödliche Messerattacke auf dem Mannheimer Marktplatz die Tat gestanden (Archivbild vom Prozessauftakt).

(Foto: dpa)

Ein mutmaßlicher Islamist sticht im Mai 2024 in Mannheim sechs Menschen nieder. Unter den Opfern ist auch ein Polizist. Vor Gericht beschreibt der Angeklagte die Tat detailliert. Der Bundesanwalt geht von Sympathien für die Terrormiliz IS aus.

Der Angeklagte Sulaiman A. hat im Prozess um die tödliche Messerattacke auf dem Mannheimer Marktplatz die Tat gestanden. Mit Blick auf ein Motiv verweist er vor Gericht auf den Gaza-Krieg, der 2023 sein Leben verändert habe. In Telegram-Chats habe er sich mit einem Gelehrten über die Tötung von Ungläubigen ausgetauscht und dabei Informationen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gesammelt. Der Afghane ist vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart unter anderem wegen Mordes und versuchten Mordes angeklagt.

Nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft hat der mittlerweile 26-Jährige am 31. Mai 2024 bei dem Angriff in Mannheim sechs Menschen mit einem Messer verletzt: Fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bürgerbewegung Pax Europa (BPE) sowie den 29-jährigen Polizist Rouven Laur. Der Beamte starb zwei Tage später an seinen schweren Verletzungen. Ein anderer Polizist stoppte den Angreifer mit einem Schuss.

Bundesanwalt geht von Sympathien für die Terrormiliz IS aus

Der Bundesanwalt geht davon aus, dass der Angeklagte Sympathien für die Terrormiliz Islamischer Staat hegt. Schließlich sei er zur Überzeugung gelangt, dass es nicht nur legitim, sondern seine religiöse Pflicht sei, vermeintlich Ungläubige zu töten. Der Angeklagte hatte zuletzt mit seiner Familie im hessischen Heppenheim gelebt - rund 35 Kilometer nordöstlich von Mannheim.

"Ich sage, wie ich dazu gekommen bin, diese schreckliche Tat zu begehen", gesteht Sulaiman A. zu Beginn des Prozesses. "Da war ich entschlossen, den Stürzenberger umzubringen. Leider." Michael Stürzenberger ist BPE-Vorstandsmitglied und wurde bei dem Angriff verletzt.

Angeklagter tauschte sich in Chats über mögliche Tötung aus

"Mit Beginn dieses Gaza-Kriegs hat sich mein Leben verändert", so Sulaiman A. im Gerichtssaal. Er habe mehrere Kanäle auf Telegram abonniert, wo er getötete Männer, Frauen und Kinder gesehen habe. "Ich habe jeden Tag geweint", sagt der Angeklagte.

Bestätigung für seinen geplanten Angriff erhielt Sulaiman A. nach eigenen Angaben auf Telegram. Ein Chat-Partner, eine Art Gelehrter, habe auf dem Messenger-Dienst von der Tötung eines Polizisten gesprochen. Sulaiman A. hatte zuvor in Chats auch über eine mögliche Tötung Stürzenbergers gesprochen. Der Angeklagte habe den Gelehrten gefragt, ob er eine Straftat begehen dürfe, auch wenn er einen Aufenthaltstitel habe. "Er hat bestätigt, dass ich das machen darf", so der Messerangreifer von Mannheim vor Gericht.

Zu der tödlichen Messerattacke am 31. Mai 2024 selbst äußerte sich der Afghane detailliert. Er beschrieb, wie er auf dem Marktplatz zunächst gezielt Stürzenberger angegriffen habe. Er habe mehrfach mit seinem Messer auf ihn eingestochen. Danach habe er weitere BPE-Mitglieder verletzt und schließlich den Polizisten Rouven Laur. "Ich habe den Polizisten gesehen. Ich war plötzlich hinter dem", sagte Sulaiman A. "Dann habe ich plötzlich gedacht: Heute muss jemand sterben. Dann habe ich zweimal gestochen." Danach sei er selbst zu Boden gegangen. Während der Aussage zeigte sich der Angeklagte emotional. Er atmete schwer, senkte den Kopf und rieb sich die Stirn.

Verhandlungstage bis Ende Oktober terminiert

Das Verfahren läuft seit Mitte Februar. Aktuell sind noch 47 Verhandlungstage bis Ende Oktober terminiert. Zu der Befragung des Angeklagten kamen auch mehrere Nebenkläger, darunter die Mutter und eine Schwester von Rouven Laur sowie Michael Stürzenberger.

Dem Angeklagten droht eine lebenslange Haftstrafe. Zudem könnte die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden. Damit wäre eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen. Auch eine anschließende Sicherungsverwahrung könnte angeordnet werden. Im Gegensatz zur Haft verhängen Gerichte die Sicherungsverwahrung nicht als Strafe, sondern als präventive Maßnahme. Sie soll die Bevölkerung vor Tätern schützen, die auch nach Verbüßung der Haft als gefährlich eingestuft werden.

Quelle: ntv.de, bho/dpa

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