Geldtransporter ausgebeutetRäuber bleiben trotz Haftstrafe auf freiem Fuß

Zunächst scheint der Überfall auf einen Geldtransporter rätselhaft. Doch die Ermittler kommen dem Räuber-Duo schnell auf die Schliche. Nun müssen sie sich vor Gericht verantworten. Am Ende dürfen sie den Saal ohne Handschellen verlassen.
Trotz der Verurteilung zu einer mehrjährigen Haftstrafe wegen des spektakulären Millionenraubs aus einem Geldtransporter sind der Fahrer und dessen Komplize vorerst wieder auf freiem Fuß. Die Große Strafkammer des Kieler Landgerichts setzte mit dem Urteil den Vollzug der Haftbefehle gegen beide Angeklagte vorerst aus. Allerdings müssen sich beide Männer zwei Mal pro Woche bei der Polizei melden und ihre Ausweise abgeben.
Der 41 Jahre alte Fahrer und dessen 7 Jahre älterer Komplize verließen mit strahlenden Gesichtern das Gericht. Sie waren zuvor noch in Handschellen in den Saal gebracht worden. Die Fluchtgefahr schätzten die Richter angesichts der Auflagen und der stabilen privaten Verhältnisse der geständigen Angeklagten als sehr gering ein. Beide wohnen in Hamburg und sind Familienväter. Eine sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hatte die Kammer zuvor zurückgewiesen.
Die Angeklagten saßen seit März in Untersuchungshaft. Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass die beiden Männer Anfang Januar während einer Tour von Hamburg nach Kiel rund 2,4 Millionen Euro Bargeld aus dem Geldtransporter in ein anderes Fahrzeug umluden. Für diesen Diebstahl mit Waffen verhängte das Gericht Freiheitsstrafen von drei Jahren und zehn Monaten gegen den Fahrer. Das Strafmaß gegen seinen Komplizen wurde auf drei Jahre und drei Monate Haft festgelegt. Die Beute war mit Ausnahme von 87.000 Euro im März bei den geständigen Angeklagten sichergestellt und dem Sicherheitsunternehmen zurückgegeben worden. Beide Männer waren zuvor wochenlang observiert worden.
Ankläger prüft Revision
Das Gericht blieb mit seinem Urteil deutlich unter dem Antrag des Staatsanwalts, der sechs Jahre für den Fahrer und fünf Jahre und neun Monate für den Mitangeklagten gefordert hatte. Der Ankläger will nun Revision prüfen. Die Verteidigung hatte wegen Unterschlagung Bewährungsstrafen gefordert.
Laut Urteil müssen die Männer der Sicherheitsfirma nun rund 92.000 Euro Schadenersatz leisten. Das Gericht sprach dem Unternehmen aber eine deutliche Mitschuld an der Tat zu: Es habe es den Angeklagten leicht gemacht, sagte der Vorsitzende Richter Michael Scheck. So sei etwa der "Bundesbank-Modus" nicht wie vorgeschrieben eingeschaltet gewesen, der ein unbemerktes Öffnen der Heckklappe unmöglich gemacht hätte. Zudem hätte der Fahrer besser kontrolliert werden müssen, weil die Firma gegen ihn bereits in anderem Zusammenhang ermittelte.