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Gleich in mehreren Bundesländern Rechtsextreme Vorfälle an Schulen nehmen zu

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Auch die Identitäre Bewegung versucht, Schüler mit Flyern zu beeinflussen.

Auch die Identitäre Bewegung versucht, Schüler mit Flyern zu beeinflussen.

(Foto: IMAGO/Hanno Bode)

In mehreren Teilen der Republik steigt die Zahl der Vorfälle im Zusammenhang mit Rechtsextremismus. In Baden-Württemberg wird das Vorjahr in den Statistiken bereits jetzt übertroffen. In einem anderen Bundesland gibt es hingegen offenbar Besserung.

Rechtsextreme Vorfälle an Schulen nehmen in einigen Bundesländern auch im laufenden Jahr weiter zu. Darauf deuten aktuelle Daten aus fünf Bundesländern hin, die "Stern" und RTL vorliegen. Die restlichen Bundesländer machten keine Angaben zum laufenden Jahr.

In Baden-Württemberg lag die Zahl der schulisch erfassten rechtsextremen Vorfälle am Ende des dritten Quartals 2025 bereits bei 65 - und damit höher als im gesamten Jahr 2024, in dem 53 Fälle gemeldet worden waren. Auch in Berlin und Rheinland-Pfalz dürften die Zahlen spätestens zum Jahresende über dem bisherigen Höchststand von 2024 liegen, wie die Abfrage bei den Bundesländern ergab. In Berlin ereigneten sich laut Polizei bis Anfang Oktober 95 rechtsextreme Straftaten an Schulen, im Schnitt also knapp elf Fälle pro Monat. Im Vorjahr lag der Monatsschnitt bei knapp zehn Fällen. In Rheinland-Pfalz zählte die Polizei bereits Ende August 39 Fälle, im gesamten Jahr 2024 waren es 45 Fälle.

Sinken könnten die Jahreswerte hingegen in Hessen und Brandenburg. In Hessen meldeten die Schulen bis Ende September 105 Fälle - knapp zwölf pro Monat. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt 167 Fälle, also durchschnittlich knapp 14 pro Monat. In Brandenburg erfasste die Polizei bis Oktober 216 rechtsextreme Straftaten an Schulen, im Schnitt also 24 pro Monat. Im Jahr zuvor lag der Monatsdurchschnitt noch bei 28.

Bei der Deutung des Monatsschnitts ist zu beachten, dass er im laufenden Jahr bislang auch deshalb niedriger liegen könnte, weil die Sommerferien im Berechnungszeitraum lagen, zudem können die Zahlen durch Nachmeldungen steigen.

GEW: AfD fokussiert sich auf Schulen

Die Zahlen aus Brandenburg gehören bundesweit noch immer zu den höchsten, jedoch lassen sich die Zahlen zwischen den Bundesländern kaum vergleichen. In der Statistik des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes, aus der die Zahlen der Polizei stammen, bilden Straftaten an Schulen keine eigene Kategorie. Daher wertet jedes Land die Daten nach eigenen Kriterien aus. Auch die schulische Erfassung ist nicht bundesweit einheitlich geregelt - in sieben Bundesländern findet sie gar nicht statt.

Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, warnt vor einer Einflussnahme der Alternative für Deutschland an Schulen. "Die AfD hat den Fokus auf die Schulen in den vergangenen Jahren deutlich intensiviert", sagte sie "Stern" und RTL. "Wir merken das an der steigenden Zahl Kleiner Anfragen."

Es sei der AfD gelungen, immer wieder Aufmerksamkeit auf das Thema der politischen Neutralität an Schulen zu lenken. Mit Kleinen Anfragen erkundigt sich die Partei regelmäßig nach vermeintlichen Verstößen gegen das Neutralitätsgebot. In den vergangenen Jahren hatte die AfD zudem mit Meldeportalen für Aufsehen gesorgt, über die Lehrkräfte gemeldet werden konnten, die sich angeblich zu politisch geäußert hatten.

"Die AfD nimmt mit der Debatte um das vermeintliche Neutralitätsgebot bereits massiven Einfluss auf Lehrkräfte", so die Einschätzung der GEW-Vorsitzenden Finnern. "Viele sind verunsichert: Was darf ich sagen, was nicht? Das sind Fragen, die sich Beschäftigte an Schulen zunehmend stellen."

Diese Verunsicherung basiere auf einem fehlgeleiteten Verständnis von Neutralität, denn Lehrkräfte sind der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verpflichtet. "Demokratie ist nicht neutral", so Finnern. "In unserem Grundgesetz stehen die Werte, an denen sich unsere Gesellschaft ausrichtet: Menschenwürde, Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit, Solidarität. Die AfD leugnet diese Wertebasiertheit und versucht, durch verschiedene Angriffe zu suggerieren, dass die Schule ein neutraler Ort sein müsse." Auf Anfrage äußerte sich die AfD dazu nicht.

Eine große TV-Dokumentation zum Rechtsruck an Schulen läuft heute Abend um 22.30 Uhr bei RTL unter dem Titel "Stern Investigativ: Inside Schule".

Quelle: ntv.de, lme

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