Zufallsfund sorgt für Aufregung Sprengstoffart wie in Berlin wurde bereits für Anschläge benutzt
31.10.2024, 15:33 Uhr Artikel anhören
Bahnhöfe spielen eine große Rolle bei terroristischen Anschlägen, warnt die Gewerkschaft der Polizei.
(Foto: picture alliance/dpa)
Ein Mann wartet in Berlin auf eine S-Bahn, bis er von Polizisten angesprochen wird. Sofort rennt er los. Dabei verliert er seine Tasche, mit der der Unbekannte ein halbes Kilogramm Sprengstoff transportiert. Jetzt ist klar: Dieses Material wurde schon zweimal bei Terroranschlägen eingesetzt.
Bei dem in Berlin gefundenen Sprengstoff handelt es sich nach Medienberichten um hochexplosives Triacetontriperoxid (TATP). In Berliner Sicherheitskreisen werde davon ausgegangen, dass es sich um diese Substanz handele, berichteten "Bild"-Zeitung und "Spiegel". Die Berliner Polizei wolle dies "weder bestätigen noch dementieren", sagte eine Sprecherin. Bei TATP handelt es sich um ein Material, das weltweit von kriminellen Netzwerken und islamistischen Attentätern verwendet wurde. Der hochexplosive Sprengstoff wurde auch bei den Terroranschlägen in Brüssel und Paris genutzt. Aber auch für die Sprengung von Geldautomaten setzten es Kriminelle ein.
Der Sprengstoff wurde am Mittwochnachmittag am S-Bahnhof Neukölln sichergestellt, als Bundespolizisten einen Mann kontrollieren wollten. Dieser floh jedoch und ließ eine Tasche mit der Substanz zurück. Der Sprengstoff wurde nach Polizeiangaben später in einem nahegelegenen Park gesprengt.
Laut Polizei wurde der Mann "verdachtsunabhängig" kontrolliert. Die Fahndung nach dem Verdächtigen läuft. Dafür wertet die Polizei auch Aufnahmen aus den Überwachungskameras am S-Bahnhof aus, wie es hieß. CDU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei befand im Gespräch mit der "Rheinischen Post", dass es "ernüchternd" sei, "zu sehen, dass die Polizei nur zufällig auf einen Verdächtigen stößt, der hochgefährlichen Sprengstoff mitten in der Hauptstadt mit sich herumschleppt". Er sagte, es hätte längst "teilautomatisierte Videoanalysen an Bahnhöfen geben müssen. Auch zeigt sich einmal mehr, wie wichtig die Vorratsdatenspeicherung ist, um den Hintermännern solcher Taten auf die Spur zu kommen."
Täter verliert Ausweis
Die "Bild"-Zeitung veröffentlichte ein Foto, das den Verdächtigen zeigen soll. Er trägt darauf eine Kapuzenjacke oder einen Hoodie, über der rechten Schulter hängt ein heller Beutel. Auf einem weiteren Bild ist eine mit Kabeln umwickelte Flasche zu sehen. Dabei soll es sich um den Sprengsatz handeln.
Nach dpa-Informationen hat der Mann bei seiner Flucht einen Ausweis verloren. Dieser soll aber nicht ihm selbst gehört haben, sondern das Dokument soll auf einen anderen Mann ausgestellt worden sein - laut "B.Z." auf einen 30-jährigen Polen. Der Ausweis soll nach dem Bericht seit Januar 2022 als gestohlen oder unterschlagen gemeldet sein. Ein erster Abgleich der Polizei mit Aufnahmen aus Überwachungsvideos soll ergeben haben, dass es sich bei dem Flüchtigen nicht um den Ausweisbesitzer handelt, schreibt das Blatt.
"Warum der Mann Sprengstoff bei sich trug, ist bislang unklar", hieß es von den Behörden. Es werde in alle Richtungen ermittelt. Am Mittwochabend sagte eine Polizeisprecherin, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass möglicherweise ein geplanter Terroranschlag vereitelt worden sei. Gleichwohl wurde auch der für politisch motivierte Taten zuständige Staatsschutz vom Landeskriminalamt hinzugezogen.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte unterdessen vor der Terrorgefahr an Bahnhöfen. "Auch in dem Bereich terroristischer Vorbereitungen oder Anschläge spielen Bahnhöfe immer mehr eine Rolle", sagte der GdP-Vorsitzende für den Bereich Bundespolizei, Andreas Roßkopf, der "Rheinischen Post". Dies zeige der Fall in Neukölln. Roßkopf bemängelte, der Bundespolizei fehlten etwa 3500 Beamte an den Bahnhöfen. Außerdem sei dort eine Überwachung mit modernster Technik zur Gesichtserkennung erforderlich.
Quelle: ntv.de, mpa/dpa