Ehrung für Wieler und Cichutek "Staat und Menschen einen großen Dienst erwiesen"
18.01.2024, 20:01 Uhr Artikel anhören
Steinmeier würdigte den überragenden wissenschaftlichen Verstand und das immer von Vernunft geleitete Engagement des damaligen RKI-Chefs Wieler.
(Foto: picture alliance/dpa)
Lothar Wieler wird in der Corona-Pandemie zum großen Erklärer und Mahner. Für diese aufopferungsvolle Arbeit verleiht ihm der Bundespräsident das Bundesverdienstkreuz. In seiner Würdigung erinnert er auch an die Anfeindungen des Ex-RKI-Chefs und fordert eine ehrliche Aufarbeitung der Maßnahmen.
Der frühere RKI-Präsident Lothar Wieler und der ehemalige Chef des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, sind für ihren Einsatz und die Verdienste während der Corona-Pandemie mit dem Bundesverdienstkreuz gewürdigt worden. Mit ihrer fachlichen Expertise hätten die beiden Wissenschaftler "unserem Staat und den Menschen in unserem Land in schwerer Zeit einen großen Dienst erwiesen", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Verleihung in Berlin.
Wieler und Cichutek erhielten im Schloss Bellevue das Verdienstkreuz erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Mit "Ihrem überragenden wissenschaftlichen Verstand und Ihrem immer von Vernunft geleiteten Engagement" hätten sie der Politik und damit allen Menschen in Deutschland mit bestem Rat zur Seite gestanden und dabei auch große Belastungen und Anfeindungen ertragen, betonte Steinmeier. Beide hätten in der Corona-Zeit eine "eminent wichtige gesellschaftliche und politische Rolle gespielt". Als Präsident der Robert-Koch-Instituts (RKI) sei Wieler plötzlich "so bekannt und so präsent wie sonst nur noch der Bundestrainer während einer Fußballweltmeisterschaft" geworden.

Klaus Cichutek war in der Pandemie Chef des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI).
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Wieler und Cichutek hätten die Verantwortung für unser höchstes Gut - Gesundheit und Leben der Menschen - nicht gescheut, sagte Steinmeier laut Redetext weiter. Dazu hätten sie bis an den Rand der Erschöpfung und oft darüber hinaus gearbeitet. "Sie werden auch deswegen ausgezeichnet, weil Sie inmitten manchmal des größten Durcheinanders einen kühlen Kopf bewahrt haben", sagte Steinmeier und fügte hinzu: "Und weil Sie den Kopf weder vor lauter Hektik verloren noch ihn aus Angst, einen Fehler zu machen, in den Sand gesteckt haben."
Nicht frei von Fehlern - Aufarbeitung nötig
Gleichzeitig hätten sie Anfeindungen von sogenannten Querdenkern, Besserwissern und Feinden aufgeklärter Vernunft erleben müssen. "Sie haben in der Zeit oft großer Orientierungslosigkeit die Fahne der Aufklärung hochgehalten, das Ethos der vorurteilsfreien Wissenschaft, des vernunftgeleiteten und erfahrungsbasierten Diskurses, der uns befähigt, aus Fehlern zu lernen."
Wieler und Cichutek wie auch andere Wissenschaftler seien nicht frei von Fehlern gewesen. Sie hätten sich manchmal getäuscht, weil sie es zu dem Zeitpunkt nicht besser hätten wissen können. Sie hätten aber den Mut gehabt, falsche Einschätzungen einzuräumen. Steinmeier verwies auf die zu Pandemiebeginn geführte Debatte über die Notwendigkeit von Masken. Das RKI hatte in Masken anfangs keinen Sinn gesehen, diese Einschätzung kurz darauf aber revidiert.
Steinmeier mahnte zugleich eine "ehrliche Aufarbeitung" an, auch weil in Zukunft eine neue Pandemie drohen könne. Bislang seien "wichtige Fragen nicht gestellt" worden, etwa was richtig und falsch gelaufen sei und wo die Verantwortlichen zu nachlässig oder vielleicht übervorsichtig gewesen seien. Auch beklagte der Bundespräsident einen Vertrauensverlust in Politik und Wissenschaft. Die Erfahrungen der Pandemie müssten nicht zuletzt wegen des gewachsenen Misstrauens gegenüber der Politik, den demokratischen Institutionen und auch der Wissenschaft aufgearbeitet werden.
In der Hochphase der Corona-Pandemie hatte Wieler als RKI-Präsident in zahlreichen Pressekonferenzen die Entwicklung der Infektionslage beschrieben und der Bevölkerung Verhaltenshinweise gegeben. Wieler gab sein Amt zum 1. April vergangenen Jahres auf und wechselte zum Hasso-Plattner-Institut in Potsdam. Cichutek war als PEI-Leiter ebenfalls im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie regelmäßig in die Öffentlichkeit getreten. Das Institut ist die zentrale Behörde für Impfstoffe in Deutschland.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa