"Mach' mich nicht aus dem Staub" Tönnies wehrt sich gegen Vorwürfe
20.06.2020, 19:05 Uhr
Der Landkreis Gütersloh hat nach eigenen Angaben kein Vertrauen in das Unternehmen Tönnies. Der gescholtene Konzernchef kann das nicht verstehen. Gleichzeitig bemüht sich Clemens Tönnies angesichts des Corona-Ausbruchs in seiner Fabrik um Schadensbegrenzung.
Unternehmer Clemens Tönnies hat die Vorwürfe des Landkreises Gütersloh zurückgewiesen, bei der Beschaffung der Wohnadressen von Mitarbeitern unkooperativ gewesen zu sein. "Wir haben datenschutzrechtliche Probleme", sagte Tönnies bei einer Pressekonferenz in Rheda-Wiedenbrück. Laut Werkvertragsrecht dürfe das Unternehmen die Adressen der betreffenden Arbeiter nicht speichern, sondern verfüge lediglich über Angaben zum Namen, Geschlecht und Geburtsdatum. Co-Konzernchef Andres Ruff fügte hinzu: "Wir haben alle Daten, die wir hatten, sofort an die Behörden weiter gegeben."
Clemens Tönnies wolle nun alles tun, um den Ausbruch einzudämmen. "Ich stehe in der Verantwortung", so der 64-Jährige weiter. "So werden wir nicht weitermachen. Wir werden diese Branche verändern." Angesichts des massiven Corona-Ausbruchs in seiner Fabrik bat Tönnies um Entschuldigung. Sein Unternehmen stehe vor einer existenziellen Krise. Doch nun stünden die betroffenen Menschen im Vordergrund. Er dankte dem Engagement des Landrates und des Krisenstabs ausdrücklich.
Das Statement der Tönnies-Führung folgte auf eine Pressekonferenz des Kreises. Dort hatte der Leiter des Krisenstabs Thomas Kuhlbusch gesagt, das Vertrauen in die Firma Tönnies sei gleich Null. Der Fachbereichsleiter Gesundheit beim Kreis berichtete zudem, dass Tönnies bis Freitag Listen der Beschäftigten geliefert hatte, bei denen bei 30 Prozent die Adressen fehlten. Bei Anfragen habe die Firma zögerlich reagiert.
Lauterbach fordert regionalen Lockdown
Clemens Tönnies wies bei seinem Pressestatement Rücktritts-Spekulationen zurück. "Ich werde dieses Unternehmen aus dieser Krise führen." Er ergänzte: "Und dann sehen wir weiter. Ich mach' mich nicht aus dem Staub." Im seit Jahren geführten Streit um Deutschlands größten Schlachtbetrieb hatte zuvor Robert Tönnies seinen Onkel Clemens in einem persönlichen Brief vom 19. Juni aufgefordert, den Weg freizumachen. Dessen Sohn Max Tönnies solle die Arbeit in der Geschäftsführung übernehmen. Außerdem forderte Robert die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung.
Am heutigen Samstag wurde der Betrieb in Rheda-Wiedenbrück für 14 Tage geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt waren 1029 Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet worden. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte angesichts der jüngsten Entwicklungen die umgehende Verhängung eines regionalen Lockdowns durch den Landkreis Gütersloh. "Bund und Länder haben Kontakt- und Ausgehbeschränkungen für den Fall von mehr als 50 Neuinfektionen pro Woche bei 100.000 Einwohnern vereinbart. Wann soll diese Regelung zur Anwendung kommen, wenn nicht jetzt im Landkreis Gütersloh?", sagte Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die Quarantäne der Beschäftigten könne nicht sauber überwacht werden, es fehlten Adressen Betroffener und das Unternehmen zeige sich wenig kooperativ. "Ich halte die Situation für brandgefährlich, die Eindämmung des Virus wird verschleppt."
Quelle: ntv.de, fzö/dpa/rts