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Unfall in der Nacht Touristen unterschätzen Tücken des Gardasees

Der Gardasee ist bei Touristen aus Deutschland sehr beliebt.

Der Gardasee ist bei Touristen aus Deutschland sehr beliebt.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nach dem tragischen Bootsunglück auf dem Gardasee stellt sich die Frage: Sind die Touristen heute rücksichtslos und nur auf ihren Spaß aus? Ein Fischer verneint dies, plädiert aber dafür, ein nächtliches Fahrverbot für den Gardasee auszusprechen.

Die Ermittlungen zum tragischen Unfall in der Nacht zum vergangenen Sonntag auf dem Gardasee gehen weiter. Wie es zu dem Zusammenstoß kam, ist noch immer nicht geklärt. Laut aktuellem Stand wurde das kleine Boot, auf dem sich die 25-jährige Greta Nardotti und der 37-jährige Umberto Garzella befanden, in der Nähe von Salò von einem Motorboot so schwer gerammt, dass beide dadurch ums Leben kamen.

Der leblose Körper des Mannes im Boot wurde am Morgen nach dem Unglück von einem Mann gesichtet, die Leiche der jungen Frau Stunden später aus dem See geborgen. Am Steuer des Motorboots waren zwei Deutsche um die 50 Jahre alt. Sie hatten ihren Aussagen zufolge gar nicht bemerkt, mit einem Boot kollidiert zu sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen beide wegen Totschlags und unterlassener Hilfeleistung. Nichtsdestotrotz durften sie wieder nach Deutschland reisen. Anders als bei Fahrerflucht, sieht das italienische Gesetz in diesem Fall keine Untersuchungshaft vor, teilte ihr Anwalt mit.

Alkohol und Geschwindigkeit

In den Medien kursierten Vermutungen, die beiden Deutschen seien zu schnell gefahren und noch dazu betrunken gewesen. Letzteres stimmt zumindest für einen nicht. Der Alkoholtest, dem sich dieser unterzogen hatte, war negativ. Der andere verweigerte den Test.

Der Gardasee gehört zu den beliebtesten Urlaubsorten der Deutschen. Gefühlt nur einen Katzensprung von zu Hause entfernt, vermittelt er schon typisches Italien-Flair. Die Kunststädte Verona, Padua und sogar Venedig sind beinahe oder fast gleich um die Ecke.

Gewissenhaft, aber naiv

Die Landschaft ist die gleiche, das touristische Angebot hat sich in den letzten Jahren stark geändert. Nicht nur das um den See, sondern auch das auf dem Wasser. Früher waren es hauptsächliche kleine Fischerboote, die dahin schipperten, heute sind es Motorboote, Surfer, Wasserskifahrer. Doch wie erfahren und verantwortungsvoll sind die Touristen auf dem Wasser heutzutage? Natürlich ist es ein einzigartiges Gefühl von Freiheit, wenn man mit dem Boot über den See fährt. Nur werden dabei auch immer die Geschwindigkeitsvorschriften eingehalten? Ist die Versuchung mit dem Boot über den See zu fliegen letztendlich doch zu groß, um ihr zu widerstehen?

"Also aus meiner Erfahrung heraus kann ich nur sagen, dass sich die Mehrheit der Touristen hier absolut gewissenhaft und respektvoll benimmt", antwortet der 48-jährige aus Garda stammende Raffaele Monese auf die Frage von ntv.de. Er kommt aus einer der alten Fischerfamilien des Sees und übt den Beruf selbst schon seit 30 Jahren aus. Außerdem organisiert er Bootsausflüge, führt die Gäste zu seinen Lieblingsorten, erzählt ihnen Geschichten aus anderen Zeiten und verwöhnt sie mit lokalen Spezialitäten und Weinen.

"Ich würde sogar sagen, dass wir jetzt am Garda einen bewussteren Tourismus erleben, und das auch auf dem Wasser", fügt er hinzu. Außerdem sei die Zahl der Motorboote in den letzten Jahren sehr zurückgegangen. Das einzige Problem: "Auf dem Wasser sind die Menschen oft naiv. Sie unterschätzen nämlich die Launen und Tücken des Sees, der von einem Moment auf den anderen gefährlich werden kann."

Bootsvorschriften auf dem See

Möglicherweise hat auch nicht jeder die wichtigsten in Italien geltenden Vorschriften für die Navigation auf den Seen parat. Am Tag darf eine maximale Geschwindigkeit von 20 Knoten erreicht werden, in der Nacht liegt die Grenze bei 5 Knoten. Beim Aus- und Einfahren im Hafengebiet sind 3 Knoten erlaubt. Innerhalb von 30 Metern von der Küste muss die Geschwindigkeit gedrosselt werden.

Die Bootsführung in alkoholisierten Zustand wird mit einer Geldbuße von 2066 bis 8000 Euro bestraft. Und was den Gardasee betrifft, im Abschnitt, der zur Region Trentino gehört, also nördlich von Malcesine und Limone, sind keine Motorboote erlaubt. Windsurfer müssen eine Rettungsweste tragen, Unterwassertaucher mit einer Boje schwimmen und von einem Boot begleitet werden.

"Die Kontrollen auf dem See sind auch sehr engmaschig", erzählt Monese weiter. Gleich drei verschiedene Sicherheitskräfte seien da im Einsatz, neben der Küstenwache, die Carabinieri und die Finanzpolizei. Freilich gebe es auch den einen oder anderen Raser, der nicht nur sich, sondern auch andere in Lebensgefahr bringe. "Ob das aber auch auf die zwei Deutschen, die Samstagnacht das Boot vor Salò gerammt haben zutrifft, weiß ich nicht. Es wurde dazu schon zu viel spekuliert, ich halte mich lieber an die Fakten der Ermittlungen."

Probleme in der Nacht

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Das, was ihm zu denken gibt, ist, dass der Unfall in der Nacht passiert sei. "Wenn es schon für uns Fischer nicht leicht ist, uns in der Dunkelheit fortzubewegen, kann man sich leicht denken, wie schwer das für jemanden ist, der nur gelegentlich ein Boot führt", gibt Monese zu bedenken. Der Unfall vor Salò habe ihn an einen ähnlichen, der sich vor 20 Jahren zugetragen hatte, erinnert. Damals sei es ein Fischer gewesen, der vor der Ortschaft Garda von einem Motorboot gerammt wurde, und das, obwohl er die Lichter an hatte. Zum Glück ging es für den Fischer glimpflich aus, er kam mit einem gebrochenen Bein davon.

"Und wenn ich so über diese zwei Fälle nachdenke und ginge es nach mir, dann würde ich, ein nächtliches Navigationsverbot verordnen." Denn man sollte den See, so reizvoll und friedlich er einem auch erscheint, nie unterschätzen. Und diesen Ratschlag solle jeder beherzigen.

Quelle: ntv.de

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