Psycho-Falle im Internet"Twitter-Mörder" schockiert Japan

Über Selbstmordgedanken sprechen viele Japaner nur im Internet: Ein mutmaßlicher Serienmörder nutzt diese Schwäche aus, um seine Opfer in einen tödlichen Hinterhalt zu locken: Über Twitter sucht der 27-Jährige gezielt nach gefährdeten jungen Leuten.
In Japan ist ein als "Twitter-Mörder" bekannter junger Mann in einem ersten Fall wegen Mordes angeklagt worden. Dem 27-jährigen Takahiro S. wurde zu Wochenbeginn der Mord an der 23-jährigen Aiko Tamura zur Last gelegt, wie die Behörden mitteilten. S. soll insgesamt neun Menschen, zumeist junge Frauen, über Twitter zu sich nach Hause gelockt und dort ermordet haben.
Die Polizei hatte Ende Oktober zahlreiche Leichenteile in der Wohnung des Mannes entdeckt - der 27-Jährige hatte daraufhin ein Geständnis abgelegt. Die 23-jährige Tamura hatte S. nach Polizeiangaben am 23. Oktober erst in seiner Wohnung gewürgt und dann aufgehängt, "um sie zu töten". Demnach handelte es sich bei den meist weiblichen Opfern des Angeklagten um Menschen, die in sozialen Netzwerken Selbstmordabsichten geäußert hatten. Ein Polizeisprecher erklärte nun, der Angeklagte habe gesagt, keines der Opfer habe wirklich sterben wollen. "Sie suchten lediglich jemanden, mit dem sie reden können."
Bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten fanden die Beamten Ende Oktober abgetrennte Köpfe in Kühlboxen und weitere Leichenteile in großen Kisten mit Katzenstreu. Der Festgenommene hatte in der Vernehmung gestanden, "die Leichen bearbeitet zu haben, um die Beweisstücke zu verstecken". Beobachter erwarten, dass die Anklage auf Mord in insgesamt neun Fällen erweitert wird. Die japanische Polizei geht bei Ermittlungen wegen mehrfachen Mordes in der Regel schrittweise vor.
Im Internet über Selbstmordgedanken zu sprechen, ist in Japan keine Seltenheit. Das Land hat eine der höchsten Selbstmordraten weltweit. Laut eines Berichts der Zeitung "Japan Times" soll einer von vier Menschen einen Suizid schon einmal ernsthaft in Erwägung gezogen haben. Doch während das Internet in Japan eine wichtige Möglichkeit des Austauschs über sonst hochgradig tabuisierte Themen wie Depressionen bietet, ist es Experten zufolge hier auch eine enorme Gefahrenquelle: Immer wieder verabreden sich hier auch Menschen zum kollektiven Selbstmord, heißt es in dem Bericht.