"Hochdramatische Dynamisierung" Woelki sorgt für Kirchenaustrittsrekord
27.01.2023, 15:27 Uhr Artikel anhören
Der Kölner Erzbischof hat das Ansehen der katholischen Kirche stark in Mitleidenschaft gezogen, meint ein Kirchenrechtler.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der umstrittene Kölner Kardinal Woelki zieht die Kirchen in NRW in einen Abwärtsstrudel. Die Zahl der Austritte schnellt 2022 eklatant in die Höhe. Ein Experte spricht bei den Katholiken von einer Pulverisierung zur Minderheitenkirche.
Die Zahl der Kirchenaustritte in Nordrhein-Westfalen ist im vergangenen Jahr in die Höhe geschnellt. 2022 habe die Gesamtzahl der Austritte 223.509 betragen, teilte das Justizministerium in Düsseldorf mit. Im Vorjahr 2021 waren 155.322 Menschen aus der Kirche ausgetreten. Schon das war die höchste Zahl in der bis 2011 zurückreichenden Statistik des Ministeriums gewesen. Aus den Zahlen lässt sich nicht ablesen, wie sich die Austritte nach Konfessionen aufschlüsseln.
Der Kirchenrechtler Thomas Schüller aus Münster sprach von einer "hochdramatischen Dynamisierung der Kirchenaustrittszahlen". Was die katholische Kirche betreffe, so schreite deren Vertrauensverlust generell immer schneller voran. In NRW müsse man die zentrale Verantwortung jedoch bei Kardinal Rainer Maria Woelki suchen. Der Kölner Erzbischof habe durch sein Verhalten das Ansehen der katholischen Kirche stark in Mitleidenschaft gezogen und sei zum Katalysator einer Austrittsbewegung geworden, die alle Bistümer in NRW, aber auch in Deutschland in einen Strudel ziehe. "Davon wird sich die katholische Kirche auf lange Zeit nicht mehr erholen, und sie pulverisiert sich selbst zu einer Minderheitenkirche, die kaum noch Einfluss auf ihre eigenen Gläubigen, geschweige denn auf virulente gesellschaftliche Fragen haben wird", sagte Schüller.
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Woelki
Woelki werden unter anderem Fehler bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche vorgeworfen. Derzeit ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen den Kardinal wegen einer möglichen Falschaussage über seinen Kenntnisstand im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch in der Kirche. Woelki bestreitet die Vorwürfe.
Eine gesonderte Auswertung der Kirchenaustritte nur für Köln wurde bereits Mitte Januar veröffentlicht und kommt für die Domstadt ebenfalls auf ein neues Rekordniveau. Insgesamt 20.331 Menschen kehrten laut Amtsgericht in Köln im vergangenen Jahr den christlichen Kirchen den Rücken. Damit übersteigen die Austrittszahlen auch den bisherigen Rekord des Jahres 2021, als 19.372 Christen austraten. Der nächsthöchste Wert war im Jahr 2019 erfasst worden, als rund zehntausend Kölner Gläubige den Kirchen den Rücken kehrten.
Quelle: ntv.de, mau/dpa