Prozess gegen Millionen-ErbenVon der Überholspur auf die Anklagebank

Als Spross einer erfolgreichen Textildynastie kennt Felix Vossen keine Geldsorgen. Doch das Familienvermögen ist ihm nicht genug. Hinterlistig soll er Eltern, Freunde und Fremde geblendet und Millionen ergaunert haben. Nun wird ihm der Prozess gemacht.
Er war Filmproduzent, Finanzmakler, Playboy und so vertrauenswürdig, dass fremde Leute ihm Millionen gaben: Mehr als ein Jahrzehnt lebte Felix Vossen aus Gütersloh mit dem Geld auf großem Fuß, dann brach das Kartenhaus zusammen. Der Sohn aus reichem Hause, Enkel des Textilfabrikanten Burghardt Vossen, soll Eltern und Freunde um mehr als 40 Millionen Euro gebracht haben. Nun findet in Zürich der Prozess statt. Das Urteil wird am selben Tag erwartet. Der 43-Jährige sei "weitgehend geständig", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Corinne Bouvard. Vossens Anwalt Reto Steinmann wollte sich vor dem Prozess nicht äußern.
Die schillernde Geschichte des Felix Vossen: Was sich wie eine Fortsetzung von Thomas Manns Geschichte über den Hochstapler Felix Krull oder des 50er-Jahre-Films "Peter Voss, der Millionendieb" anhört, ist für die Opfer bittere Realität. Jahrelang war Vossen im Jetset auf der Überholspur unterwegs, er war an Filmproduktionen beteiligt, posierte mit seinem Siegerlächeln 2012 als Produzent auf der Berlinale. Da sollen seine krummen Geschäfte schon auf Hochtouren gelaufen sein, wie aus der Anklageschrift hervorgeht.
Der ledige Lebemann mit Wohnsitz in Zürich und London und Freunden in aller Welt war wohl seit 2003 mit seinen dubiosen Machenschaften am Werk. Die Anklage umfasst 51 Seiten: Betrug, Urkundenfälschung und Geldwäsche. Vossens Großvater Burghardt wurde mit Frottierhandtüchern reich und schuf als erster Bademäntel aus dem Material. Udo Jürgens gab seine Konzertzugaben stets in weißen Vossen-Bademänteln.
Millionenbetrug dank Ponzi-System
Von den Eltern stammten Felix Vossens erste Millionen. Traumrenditen versprach der Spross, alles von der Finanzaufsicht kontrolliert, versicherte er. "Durch seine Täuschungshandlungen errichtete der Beschuldigte ein Lügengebäude, das aus raffiniert aufeinander abgestimmten und hinterhältigen Lügen bestand", heißt es in der Anklageschrift. "Weiter wendete der Beschuldigte besondere Machenschaften an, indem er namentlich unwahre Konto- bzw. Depotauszüge sowie E-Mails und Briefe im Namen fiktiver Mitarbeiter erstellte und versandte."
Auch seine Eltern betrog er mit solchen gefälschten Schreiben. Ein Ponzi-System nennen die Ankläger Vossens Masche, benannt nach dem Italiener Charles Ponzi, der vor 100 Jahren als einer der größten Betrüger in die US-Geschichte einging. Er versprach Anlegern Traumrenditen, gab das Geld aber in Wirklichkeit aus und finanzierte vermeintliche Gewinne mit den Einlagen neuer Kunden - bis das Ganze aufflog. Bei Vossen passierte das laut Anklage im Frühjahr 2015. Die Anleger standen demnach mit mehr als 40 Millionen Euro Einlagen in Vossens Büchern - aber nur auf dem Papier. Das Geld war weg. Vossen flog von London nach Zürich und seine Spur verlor sich zunächst. "Ich habe viele enttäuscht, es tut mir sehr leid", soll er noch an seine Ex-Freundin gesimst haben.
Warten im Züricher Flughafengefängnis
Als den Geprellten aufging, dass Vossens Finanzimperium erlogen war, erstatteten sie Anzeige. Die Schweizer ermittelten, stellten einen internationalen Haftbefehl aus und Vossen ging den Behörden bei einer Routinepolizeikontrolle in Spanien ein Jahr später ins Netz. Seitdem sitzt er im Züricher Flughafengefängnis. Die Polizei beschlagnahmte viele Ordner, ein paar Smartphones und knapp 100.000 Euro.
Die Staatsanwaltschaft hat sechs Jahre und zehn Monate Haft gefordert. Für Vossen ist die Strafverfolgung damit noch nicht erledigt: Bei der Festnahme hatte er Kokain dabei und gefälschte Ausweise. Dafür will die spanische Polizei ihn noch belangen.