Übergriffe in und bei Berlin Was über den Serienvergewaltiger bekannt ist
15.07.2020, 15:53 Uhr
Nach einer weiteren Vergewaltigung kann der mutmaßliche Serientäter gefasst werden.
Wochenlang kommt es in Berlin und Brandenburg immer wieder zu Vergewaltigungen, die Polizei geht schließlich von einem Serientäter aus. Bei den Ermittlungen können sie einen Verdächtigen identifizieren, doch erst unmittelbar nach einer weiteren Tat gelingt die Festnahme.
Um welche Straftaten geht es?
Die Polizei vermutet, dass der jetzt festgenommene Mann in Berlin und Brandenburg seit Mitte Juni für mehrere Vergewaltigungen verantwortlich ist. Inklusive der jüngsten Vergewaltigung am Tag seiner Festnahme in der Nähe von Potsdam soll er seit dem 12. Juni 2020 acht versuchte oder vollendete Taten begangen haben, fünf davon im Grunewald oder dessen näherer Umgebung im Berliner Südwesten, eine im brandenburgischen Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark) und eine in Bernau nordöstlich von Berlin.
Inzwischen sitzt er in Untersuchungshaft, nachdem er einem Ermittlungsrichter zur Verkündung des Haftbefehls vorgeführt worden war.
Warum gingen die Ermittler von einem Serientäter aus?
Die an den verschiedenen Tatorten gefundenen Spuren sowie übereinstimmende Zeugenaussagen führten dazu, dass die Ermittler hinter mehreren Übergriffen denselben Täter vermuteten. Auffällig war das Tatmuster des Mannes. Norma Schürmann vom Landeskriminalamt Berlin berichtete auf einer gemeinsamen Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft, dass der Tatverdächtige seine potenziellen Opfer zu normalen Tageszeiten und an belebten Orten zunächst freundlich ansprach. Dann habe er sie jedoch mit Gewalt gepackt, gewürgt und vom Weg weggezerrt. Schürmann zufolge schüchterte er die Opfer durch massive körperliche Gewalt so ein, dass sie auch nicht um Hilfe riefen. Nach den Vergewaltigungen verhielt sich der Mann den Opfern gegenüber wieder freundlich. "Er kümmerte sich um die Opfer", sagte Schürmann, auch wenn das seltsam klinge. So habe er versucht, sich mit den Frauen zu verabreden. Manche Opfer seien unter dem Eindruck der Taten auf diese Angebote eingegangen. Der Frau, die der Tatverdächtige in Kleinmachnow vergewaltigt hatte, gab er sein Fahrrad, damit sie nach Hause fahren konnte.
Wie gingen die Ermittler vor?
Nachdem mehrere Taten offensichtlich ähnliche Muster aufwiesen, wurde eine Ermittlungsgruppe gebildet, bei der die Informationen aus Brandenburg und Berlin gemeinsam bearbeitet wurden. Mithilfe eines Opfers erstellte die Polizei ein Phantombild. Bei der Überprüfung von Überwachungskameras entdeckte die Sonderkommission den möglichen Tatverdächtigen dann auf Videos. Die Polizei veröffentlichte daraufhin Bilder des Mannes aus einer Überwachungskamera und bat Zeugen darum, sich zu melden. Innerhalb weniger Tage gingen mehr als 300 Hinweise ein. Keiner dieser Hinweise führte jedoch unmittelbar zum Tatverdächtigen. Allerdings ergab der Abgleich von Fingerabdrücken einen Treffer: Es gab eine Übereinstimmung mit einem Abdruck bei einem Laubeneinbruch in der Nähe zu einem späteren Vergewaltigungstatort. Danach hatten die Ermittler den Namen des mutmaßlichen Tatverdächtigen, jedoch keinerlei Anhaltspunkte wo er sich aufhalten könnte.
Wie kam es zur Festnahme?
Am Dienstag entdeckte eine Passantin in einem Waldstück zwischen Babelsberg und Dreilinden eine Frau, die angab, gerade vergewaltigt worden zu sein. Die Potsdamerin war auf einem Waldweg joggen, als sie dort von dem Täter angesprochen und nach dem Weg gefragt wurde. Kurz darauf habe er sie überwältigt und vergewaltigt. Polizisten aus ganz Brandenburg sowie der Bundespolizei und der Berliner Polizei rückten nach dem Notruf zu einer groß angelegten Suchaktion aus. Auch ein Polizeihubschrauber, eine Drohne sowie mehrere Fährtenhunde und Polizeipferde der Bundespolizei waren im Einsatz. Schon wenige Minuten später trafen Polizisten in der Nähe des Tatortes einen Mann auf einem Fahrrad, auf den die Täterbeschreibung sehr genau passte. Als er die Polizisten sah, floh er in den Wald und ließ dabei sein Fahrrad und ein Handy zurück. Die Polizisten verfolgten ihn und forderten ihn mehrfach auf, anzuhalten. Dabei feuerte ein Beamter mehrere Warnschüsse ab. Der Tatverdächtige blieb unverletzt und flüchtete zunächst weiter. Am frühen Abend setzte die Polizei erneut einen Hubschrauber mit Wärmebildkamera ein. Dabei konnte der Flüchtige gestellt und schließlich in Potsdam-Babelsberg festgenommen werden.
Was ist bisher über den mutmaßlichen Täter bekannt?
Polizei und Staatsanwaltschaft zufolge handelt es sich um einen 29-jährigen serbischen Staatsbürger. Der Mann hielt sich demnach bereits Ende 2019 in Berlin auf und versuchte unter anderem, ein Auto zu verkaufen. Zu diesem Zeitpunkt fiel er auch durch Eigentumsdelikte auf.
Was droht dem Mann im Fall einer Verurteilung?
Von allen Taten liegt DNA-Material vor, außerdem könnten die Frauen als Zeuginnen aussagen. Aufgrund dieser Beweislage gehe man von einer Anklageerhebung aus. Die sexuellen Gewalttaten erfüllen in mindestens drei Fällen mutmaßlich den Vorwurf der schweren Vergewaltigung. Jede dieser Taten wird in der Mindeststrafe mit etwa fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet. Eine Gesamtstrafe aus einzelnen Taten kann laut Staatsanwaltschaft maximal 15 Jahre betragen. Staatsanwältin Katrin Frauenkron sagte in der Pressekonferenz: "Ich gehe von einer erheblichen Freiheitsstrafe aus."
Wie geht es den angegriffenen Frauen?
Das erste Opfer des mutmaßlichen Serienvergewaltigers ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft minderjährig. Der 29-Jährige soll bei drei besonders schweren Vergewaltigungen verschiedene gefährliche Werkzeuge benutzt haben, um seine Opfer einzuschüchtern. Keine der Frauen muss jedoch derzeit noch im Krankenhaus behandelt werden. Ein mutmaßliches Opfer hat sich bisher noch nicht bei der Polizei gemeldet. Zu der Tat liegt eine Zeugenaussage vor, die angegriffene Frau hat sich aber selbst nicht an die Polizei gewandt.
Quelle: ntv.de, sba