Kein Abschuss in Thüringen Wolfshybriden müssen doch nicht sterben
08.11.2017, 19:12 Uhr
Aufnahmen einer Fotofalle vom Oktober zeigen die Wolfshybriden.
(Foto: Bundesanstalt für Immobilienaufgaben/dpa)
Die Mutter ist eine Wölfin, der Vater ein Hund: Aus Artenschutzgründen dürfen sich die sechs Wolfshybriden, die in Thüringen leben, aber nicht fortpflanzen. Doch statt sie abzuschießen, sollen sie nun gefangen und umgesiedelt werden.
Die sechs sogenannten Wolfshybriden in Thüringen werden doch nicht getötet. Wie Umweltministerin Anja Siegesmund mitteilte, sollen sie eingefangen und in einen Tierpark gebracht werden. Die Entscheidung sei "nach gründlicher Prüfung aller Optionen" gefallen, erklärte die Grünen-Politikerin in Erfurt.
Bei den Wolfshybriden handelt es sich um die Nachkommen einer Wölfin und eines Hundes. Im Thüringer Wolfsmanagementplan ist festgelegt, dass solche Tiere aus Artenschutzgründen nicht in der Natur bleiben und sich weiter vermehren dürfen. Experten der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) hatten zuvor zum Abschuss der Hybriden geraten.
"Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht - es gilt, Artenschutz und Tierschutz gleichermaßen zu berücksichtigten", betonte Siegesmund. Es werde versucht, die Welpen zu fangen und in den Bärenpark Worbis zu bringen. Es gebe dort große naturbelassene Gehege, zudem habe das Konzept der gemeinsamen Haltung von Bären und Wölfen bislang sehr positive Erfahrungen erbracht.
Attacken auf Schafe und Ziegen
Falls die Einfangversuche bis Februar nicht erfolgreich sein sollten, kommt ein Abschuss demnach aber weiterhin als letzte Möglichkeit in Frage. Bis zum Frühjahr werden die Jungtiere Experten zufolge voraussichtlich geschlechtsreif sein. Sie würden danach aufbrechen, um sich selbst Reviere zu suchen.
Mutter und Welpen leben auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf und beschäftigen Behörden und Bevölkerung bereits seit längerem. In der Gegend häuften sich in diesem Jahr bereits Attacken auf Schafe und Ziegen, in zwei von 13 Fällen wurde das Alttier durch DNA-Tests als Verursacherin ermittelt. Seit einem Monat steht fest, dass es sich beim Nachwuchs um Kreuzungen handelt.
Nach Angaben des Erfurter Umweltministeriums handelt es sich um den zweiten derartigen Fall in Deutschland. 2004 hatten die Behörden in Sachsen junge Hybriden aus Wolf und Haushund gefangen und in einem Gehege untergebracht. Diese litten aber unter der Gefangenschaft und starben nach kurzer Zeit. Eben deshalb empfahl das DBBW den Abschuss als tierschutzgerechte Option.
Muttertier soll nicht gefangen werden
Siegesmund verteidigte jedoch den jetzigen Entschluss. "Wir sind von der Fachkompetenz des Bärenparks überzeugt." Mittelfristig solle er zur zentralen Aufnahmestelle für Wölfe, Hybriden und Luchse in Thüringen werden. Die Wölfin selbst soll nicht gefangen werden. Sie soll aber möglichst mit einem Sender versehen werden, um ihre Bewegungen besser verfolgen zu können.
Seit einigen Jahren haben sich Wölfe wieder in Deutschland angesiedelt und breiten sich aus. In letzter Zeit kommt es vermehrt zu Konflikten, etwa weil die Tiere Nutztiere reißen oder auf bedrohlich empfundene Art in der Nähe von Menschen auftauchen. In Teilen der Politik wird bereits diskutiert, Wölfe dem Jagdrecht zu unterstellen, um den Bestand zu regeln. Diese Überlegungen sind aber heftig umstritten.
Bislang sind Wölfe nach deutschen und europäischen Gesetzen äußerst streng geschützt. Es ist verboten, sie zu fangen oder zu töten. Auch Fang und Umsiedlung der Ohrdrufer Wolfshybriden müssen erst noch von der zuständigen Oberen Naturschutzbehörde Thüringens per Ausnahmegenehmigung gebilligt werden. Anschließend sollen Wolfsexperten die Familie finden und Lebendfallen aufstellen.
Quelle: ntv.de, mli/AFP