Politik

Angriff mit Steinen und Laser 100 Migranten stürmen polnische Grenze

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Polen gab an, für die Rückführung der Menschen aufkommen zu wollen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Noch immer harren Hunderte Migranten an der polnisch-belarussischen Grenze aus. Einige versuchen erneut, die Grenzanlagen in die EU zu durchbrechen. Bei der offenbar von belarussischer Seite gezielt orchestrierten Aktion werden auch polnische Beamte angegriffen.

An der Grenze zwischen Polen und Belarus hat nach Angaben des polnischen Grenzschutzes eine Gruppe von rund 100 Migranten vergeblich versucht, von Belarus aus die Befestigung zu überwinden. Der Vorfall habe sich am Samstag kurz vor Mitternacht in der Nähe des Ortes Czeremsza ereignet, teilte eine Sprecherin mit.

Belarussische Sicherheitskräfte hätten die Gruppe mit einem Lastwagen an die Grenze gefahren und einen Holzsteg auf den Stacheldrahtverhau geworfen. Polens Uniformierte seien mit Steinen und Ästen beworfen und mit Laserstrahlen geblendet worden. Insgesamt registriere der Grenzschutz 208 Versuche einer illegalen Grenzüberquerung. Da Polen keine Journalisten in das Gebiet lässt, lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

In Belarus bauten die Behörden die Versorgung der Migranten in einer Notunterkunft in Brusgi an der Grenze zu Polen aus. Die Staatsagentur Belta veröffentlichte Bilder von Soldaten, die an der als Schlafstätte umfunktionierten Logistikhalle ein Zelt aufstellten. Die Verteilung von Nahrungsmitteln solle so schneller möglich sein, hieß es. In dem Gebäude übernachteten nach Schätzungen etwa 2000 Menschen, die eine Rückreise in ihre Heimat ablehnen und stattdessen nach Deutschland oder in andere EU-Staaten wollen.

Am Sonntag besuchten Experten der Weltgesundheitsorganisation WHO die Unterkunft. Videos zeigten, wie die Mitarbeiter von Migranten umringt wurden. Bislang ist ein Fall einer Corona-Erkrankung offiziell bestätigt worden. Die russische Staatsagentur Ria Nowosti zitierte bei dem Treffen Behördenvertreter, wonach bereits 100 Migranten in Krankenhäuser in der Stadt Grodno gebracht worden seien. Darunter seien Menschen mit einer Lungenentzündung oder Diabetes gewesen.

Polens Regierungschef warnt: "Ziel ist Destabilisierung Europas"

Die polnische Regierung kündigte derweil an, man sei bereit, für die Rückführung der Flüchtlinge aufzukommen. "Wir sind jeden Moment in der Lage, die Rückkehr der Migranten in ihre Herkunftsländer zu finanzieren, wir haben auch eine Menge diplomatischer Aktivitäten im Irak und in anderen Ländern des Nahen Ostens entwickelt", sagte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki nach seinem Treffen mit Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallis.

Morawiecki sagte weiter, Polen erwäge zudem, weitere Grenzübergänge zu Belarus zu schließen, um damit den ökonomischen Druck auf den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko zu erhöhen. Polens Regierungschef bereist am Sonntag alle drei baltischen Staaten, um sich mit den dortigen Regierungschefs über die Lage auszutauschen.

In einer auf Englisch veröffentlichten Videobotschaft warnte Morawiecki, die Ereignisse an der polnisch-belarussischen Grenze seien keine "gewöhnliche Migrationskrise", sondern eine politische Krise, die zu einem speziellen Zweck ausgelöst worden sei. "Ihr Ziel ist die Destabilisierung Europas zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges vor 30 Jahren."

"Europäisierung der Migrationspolitik einziger Weg"

Die Europäische Kommission warf dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko die Täuschung von Migranten vor. "In der Krise hat Lukaschenko sich wie ein Reiseveranstalter ohne Lizenz benommen, der teure Reisepakete in die EU verkaufte, die dann aber bei der Ankunft in sich zusammenfielen", sagte die für Migrationsfragen zuständige EU-Innenkommissarin Ylva Johansson der "Welt am Sonntag". Familien und Kinder seien "in eine Tragödie gelockt" worden. Lukaschenko und seine Regierung tragen laut Johansson eine "hochgradige Verantwortung für die produzierte Krise".

Die Lage vor Ort habe sich zuletzt entspannt, weil die EU und ihre Partner kooperiert hätten. "Die Fähigkeit der EU zusammenzuarbeiten, über Ministerien und Dienste, aber auch über Länder und Regionen hinweg, hat dazu geführt, dass keine Menschen mehr am Minsker Flughafen ankommen", sagte Johansson. Dies sei ein weiterer Beweis dafür, "dass die Europäisierung der Migrationspolitik der einzige zukunftsweisende Weg ist". Wenn die EU in der Migrationspolitik zusammenarbeite, könne sie nicht nur Krisen überwinden, sondern auch Pläne machen, um diese frühzeitig zu verhindern.

Die Europäische Union beschuldigt den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen, um Druck auf den Westen auszuüben. Die Menschen aus dem Irak, aus Syrien und Afghanistan sind mit Touristenvisa nach Belarus eingereist.

Quelle: ntv.de, jhe/dpa/AFP

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