Politik

Erdogan schlägt zurück 100 syrische Soldaten "neutralisiert"

"Die türkische Armee hat Vergeltung geübt": Präsident Erdogan sieht die internationale Gemeinschaft in der Pflicht.

"Die türkische Armee hat Vergeltung geübt": Präsident Erdogan sieht die internationale Gemeinschaft in der Pflicht.

(Foto: picture alliance/dpa)

In der syrischen Rebellenhochburg Idlib eskaliert die Gewalt: Nach dem Tod von fünf türkischen Soldaten meldet die Regierung in Ankara einen Racheschlag gegen die syrische Armee. Präsident Erdogan sieht nicht nur die Türkei durch Assads Truppen unter Beschuss.

Als Rache für den Tod von fünf türkischen Soldaten bei einem syrischen Angriff in der umkämpften Region Idlib hat die Türkei nach eigenen Angaben mehr als hundert syrische Soldaten "neutralisiert". "Nach ersten Informationen aus verschiedenen Quellen wurden 101 Elemente des Regimes außer Gefecht gesetzt", teilte das Verteidigungsministerium in Ankara am Abend mit. Das kann unter anderem getötet oder verwundet bedeuten. Zudem seien drei Panzer und zwei Kanonen zerstört worden, hieß es weiter. Auch ein syrischer Regierungshubschrauber sei bei dem Vergeltungsangriff in der nordwestsyrischen Region Idlib getroffen worden. Die vom Ministerium genannten Zahlen konnten zunächst nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.

Zuvor hatte Ankara lediglich mitgeteilt, bei dem Angriff der syrischen Armee in Idlib seien fünf türkische Soldaten getötet und fünf weitere durch den Artilleriebeschuss auf türkische Stellungen verletzt worden. Die türkischen Truppen hätten zurückgeschossen, teilte das Verteidigungsministerium in Ankara zunächst nur mit. Der Sprecher des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Fahrettin Altun, schrieb auf Twitter, die türkische Armee habe Vergeltung geübt, um "alle feindlichen Ziele zu zerstören und unsere gefallenen Soldaten zu rächen". Mit Blick auf Syriens Machthaber Baschar al-Assad fügte er hinzu: "Der Kriegsverbrecher, der den heutigen abscheulichen Angriff angeordnet hat, hat die ganze internationale Gemeinschaft angegriffen, nicht nur die Türkei."

Nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden türkische Soldaten auf der Luftwaffenbasis Taftanas nördlich der Stadt Sarakeb getroffen. Zahlen zu den Opfern nannte die in Großbritannien ansässige Organisation, die sich auf ein Netz von Informanten in Syrien stützt, zunächst nicht. Nach Angaben der Beobachtungsstelle erhöhte sich zudem die Zahl der in den vergangenen 24 Stunden durch syrische und russische Luftangriffe getöteten Zivilisten auf 29. Unter ihnen seien sechs Kinder, teilte die Beobachtungsstelle mit. Sie seien bei von Russland unterstützten Angriffen der syrischen Armee auf das Dorf Abin Semaan in der Provinz Aleppo getötet worden. Zunächst war von insgesamt fünf zivilen Todesopfern die Rede gewesen.

Inzwischen 700.000 Zivilisten auf der Flucht

Vergangene Woche hatte ein syrischer Beschuss türkischer Stellungen in Nordwestsyrien zu einer Eskalation zwischen den beiden Seiten geführt. Acht Türken waren durch die syrischen Angriffe getötet worden. Die Regierung in Ankara hatte im Falle eines erneuten Angriffes mit harter Vergeltung gedroht.

Nach UN-Angaben treibt die militärische Eskalation in Nordsyrien immer mehr Menschen in die Flucht. Fast 700.000 Menschen flüchteten demnach seit Dezember aus der letzten Rebellenhochburg Syriens. Angesichts der Gewalt flohen unzählige Familien aus dem Nordwesten Syriens Richtung Norden. "Die Zahl der Menschen, die durch diese Krise vertrieben werden, gerät jetzt außer Kontrolle", sagte der Sprecher des UN-Büros für humanitäre Hilfe (Ocha).

Russische Delegation in Ankara

Seit Dezember gehen die syrischen Regierungstruppen mit Unterstützung Moskaus militärisch verstärkt gegen die überwiegend islamistischen und dschihadistischen Milizen in der Provinz Idlib vor. Syriens Machthaber Assad ist entschlossen, das Gebiet wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Die benachbarte Türkei, welche die Assad-Gegner unterstützt, hält dort mehrere Beobachtungsposten. Idlib ist die letzte Hochburg islamistischer Kämpfer in Syrien.

Die Türkei und Russland hatten im September 2018 ein Abkommen geschlossen, um in Idlib eine groß angelegte syrische Offensive gegen die Milizen zu verhindern. Für die Region mit rund drei Millionen Einwohnern wurden seither diverse Waffenruhen vereinbart, zuletzt zu Jahresbeginn. Alle Feuerpausen wurden jedoch kurz nach ihrem Inkrafttreten gebrochen. Auch die zwölf Beobachtungsposten der türkischen Armee in Idlib sind Teil des Abkommens mit Moskau. Seit Samstag hält sich eine russische Delegation zu Gesprächen über die Situation in Idlib in Ankara auf. Die Fortsetzung der Gespräche am Montag wurde erwartet.

Quelle: ntv.de, mau/AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen