"Es zählt jeder Tag"250 Organisationen fordern Aufnahme von Afghanen bis Jahresende

Rund 1800 Afghanen mit deutscher Aufnahmezusage sitzen in Pakistan fest. Viele von ihnen haben sich vor ihrer Flucht für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Frauenrechte eingesetzt. Nun appellieren Dutzende Organisationen an die Bundesregierung, die Menschen in Sicherheit zu bringen. Die Zeit drängt.
Mehr als 250 Organisationen haben in einem offenen Brief an die Bundesregierung appelliert, die noch in Pakistan festsitzenden Afghaninnen und Afghanen mit Aufnahmezusage "bis Jahresende" nach Deutschland zu holen. Innenminister Alexander Dobrindt und Außenminister Johann Wadephul werden in dem Schreiben aufgefordert, dafür "alles in Ihrer Macht Stehende" zu tun.
"Bringen Sie die Menschen, denen wir Schutz versprochen haben, endlich in Sicherheit", heißt es in dem offenen Brief weiter. Unterzeichnet ist dieser unter anderem von der Geflüchtetenorganisation Pro Asyl, dem Awo Bundesverband, dem Paritätischen Gesamtverband und Brot für die Welt.
"Die Zeit drängt. Es zählt buchstäblich jeder Tag", betonen die Unterzeichner. Durch eine von Pakistan gesetzte Frist bis Ende dieses Jahres droht den Betroffenen demnach die Abschiebung nach Afghanistan, sollten sie nicht von Deutschland aufgenommen werden.
Noch immer würden rund 1800 Afghaninnen und Afghanen mit einer Aufnahmezusage der Bundesregierung darauf warten, endlich evakuiert zu werden. Die meisten von ihnen seien Frauen und Kinder. Unter den Betroffenen seien unter anderem ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen.
"Sie haben sich über Jahre für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Frauen- und Kinderrechte eingesetzt: für universelle Werte - auch im Interesse Deutschlands", schreiben die Organisationen über die Betroffenen. "Deutschland trägt Verantwortung für diese Menschen." Die Bundesrepublik habe mit ihren Aufnahmezusagen ein Versprechen gegeben.
Neue Bundesregierung schränkt Aufnahmen stark ein
Der Deutschlandfunk berichtet über eine ehemalige deutsche Ortskraft in Pakistan, deren Aufnahmezusage für Deutschland nach einem Sicherheitsinterview widerrufen worden sein soll. Gründe seien nicht genannt worden. Laut dem Bericht ist der Mann nicht der einzige Betroffene.
Nach der Eroberung Afghanistans durch die radikalislamischen Taliban im August 2021 hatte Deutschland mehrere Aufnahmeprogramme gestartet. Damit sollte besonders stark gefährdeten Afghaninnen und Afghanen dauerhaft eine Aufnahme in Deutschland aus humanitären Gründen ermöglicht werden.
Nach dem Regierungswechsel in Berlin schränkte die neue CDU-geführte Bundesregierung die Aufnahmen allerdings stark ein. In ihrem Koalitionsvertrag vereinbarten Union und SPD, die Aufnahmeprogramme "soweit wie möglich" zu beenden. Vor allem die Union sieht die Aufnahme kritisch und verweist unter anderem auf Sicherheitsbedenken. Da aber schon zahlreiche Betroffene von Afghanistan nach Pakistan flüchteten, sitzen diese nun dort fest.