Umstrittener G20-Einsatz 35 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte
14.07.2017, 10:10 Uhr
In der Hamburger Bürgerschaft hatte Olaf Scholz den Polizeieinsatz bereits am Mittwoch verteidigt.
(Foto: dpa)
Beim G20-Gipfel in Hamburg setzte die Polizei Pfefferspray und Wasserwerfer auch gegen friedliche Demonstranten ein. Doch Bürgermeister Scholz garantiert: "Polizeigewalt hat es nicht gegeben." Die Zahl der Verfahren gegen Polizisten sagt etwas anderes.
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz hat die Arbeit der Polizei rund um den G20-Gipfel erneut verteidigt. Auf die Frage, ob die Polizei zu hart vorgegangen sei und ob es Anzeichen für Polizeigewalt gebe, sagte er dem Radiosender NDR 90,3: "Polizeigewalt hat es nicht gegeben, das ist eine Denunziation, die ich entschieden zurückweise."
Auch bei Demonstrationen mit überwiegend friedlichen Teilnehmern hatte die Polizei teilweise Pfefferspray und Wasserwerfer eingesetzt. Am Freitag vergangener Woche eskalierte die Gewalt dann im Schanzenviertel.
"Ich will ausdrücklich sagen: Es gab sehr besonnene, sehr mutige, sehr schwierige Einsätze der Polizei. Und die Polizei hat wirklich alles getan, was möglich gewesen ist", sagte Scholz. Im Nachgang zu einem solchen Gipfel werde immer alles aufbereitet. Er glaube, dass man der Polizei auch anschließend nichts vorwerfen könne.
Bei den drei Tage dauernden Ausschreitungen während des Gipfels waren fast 500 Polizisten und eine unbekannte Zahl an Demonstranten verletzt worden. Geschäfte wurden geplündert, Autos angezündet und Straßenzüge verwüstet.
35 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte
Der "Welt" zufolge ermittelt die Polizei aktuell in mindestens 35 Fällen gegen ihre eigenen Beamten. Demnach bestätigte die Hamburger Innenbehörde, dass es in 27 Fällen um Körperverletzung im Amt gehe. Sieben der 35 Verfahren seien von Amts wegen eingeleitet worden.
Die Angaben beziehen sich auf den Stand von Donnerstagvormittag. "Erfahrungsgemäß wird die Anzahl der Ermittlungsverfahren in den nächsten Tagen weiter steigen", zitiert die "Welt" die Behörde.
Kipping bedauert ihre Wortwahl
Vorwürfe der Polizeigewalt hatte unter anderen Linken-Chefin Katja Kipping erhoben. Am Mittwoch vor den Hamburger Ausschreitungen schrieb sie in einem Facebook-Eintrag: "Die Polizeiführung lässt ihre Hundertschaften mit schwerem Gerät durch die Straßen der Hansestadt marodieren und schikaniert Menschen, die es wagen, Bier zu trinken oder im Zelt zu schlafen. Die Eskalation geht eindeutig von den Behörden aus."
Inzwischen bedauert die Politikerin ihre Wortwahl jedoch. In der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" sagte sie am Donnerstagabend, das von ihr verwendete Wort "marodieren" sei "analytisch falsch". Sie bedauere es sehr und wolle es "korrigieren und zurücknehmen".
Der Begriff "Marodieren" wird normalerweise in Kriegszeiten für Plünderei und Brandschatzungen durch Nachzügler militärischer Einheiten verwendet.
Kipping stellte weiter klar: "Mit Eskalation meine ich auch nicht die einzelnen Polizisten, die da unter schweren Bedingungen im Einsatz waren." Die politisch Verantwortlichen allerdings müssten sich einer Kritik an ihrer Einsatzstrategie stellen. Ihre Kritik an der Polizei-Einsatzleitung sei "in keiner Weise eine Rechtfertigung für Krawalle und Straftaten" - denn die gebe es nicht.
Quelle: ntv.de, chr/dpa