Kein Verfahren in Deutschland Abgeschobener Ex-SS-Handlanger bleibt frei
21.08.2018, 15:52 Uhr
Jakiw Palij im Jahr 2003 im New Yorker Stadtteil Queens: Der heute 95-Jährige muss in Deutschland kein neues Verfahren fürchten.
(Foto: AP)
Nach 14 Jahren schieben die Vereinigten Staaten den früheren Nazi-Kollaborateur Jakiw Palij nach Deutschland ab - doch Ermittlungen wird es gegen den 95-Jährigen hierzulande nicht geben. Dafür fehlen laut Staatsanwaltschaft die Beweise. Palij bleibt ein freier Mann.
Gegen den aus den USA abgeschobenen früheren SS-Handlanger Jakiw Palij wird es nach Angaben der Staatsanwaltschaft zunächst keine neuen Ermittlungen in Deutschland geben. Das gegen den Mann geführte Verfahren wegen Beihilfe zum Mord sei bereits Mitte 2016 aus Mangel an Beweisen von der Staatsanwaltschaft Würzburg eingestellt worden.

Dieses vom US-Justizministerium zur Verfügung gestellte Foto zeigt jüdische Häftlinge im KZ Trawniki im besetzten Polen.
(Foto: dpa)
Sollten sich keine neuen Beweise ergeben, bleibe der heute 95-Jährige ein "nicht mehr Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren in Deutschland", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen, Jens Rommel, in Ludwigsburg. Eine Einstellung solcher Verfahren sei aber "nichts für die Ewigkeit", sollten sich neue Beweise ergeben.
Unterdessen ist Palij in einem Pflegeheim in Ahlen im Münsterland untergebracht worden. Das bestätigte der zuständige Kreis Warendorf. Das Pflegeheim sei von Bund und Land ausgesucht worden - weshalb die Wahl auf Ahlen gefallen sei, wisse er nicht, sagte Landrat Olaf Gericke. Man habe die Ankunft des 95-Jährigen seit dem 7. August vorbereitet und mit der Polizei über eventuell nötige Schutzmaßnahmen für Palij und das Pflegeheim gesprochen, sagte ein Sprecher.
Nazi-Jäger lobt US-Behörden
Die USA haben Palij, der als Aufseher im Zwangsarbeitslager Trawniki im besetzten Polen tätig gewesen sein soll, nach Deutschland abgeschoben. Der auf dem Gebiet der heutigen Ukraine geborene Mann soll 1949 in die USA ausgewandert sein und 1957 die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen haben. Da er damals seine Nazi-Vergangenheit verheimlicht haben soll, hat ihm ein US-Gericht bereits 2003 die Staatsbürgerschaft entzogen.
Der israelische Nazi-Jäger Efraim Zuroff lobte die Abschiebung Palijs und die Hartnäckigkeit der US-Behörden in dem Fall. "Die US-Behörden verdienen viel Anerkennung für die Ausdauer und die Entschlossenheit, mit der sie 14 Jahre lang versucht haben, ihn aus den Vereinigten Staaten zu bekommen", sagte Zuroff, Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem. "Endlich wird Jakiw Palij das Privileg verwehrt, in den USA zu leben."
Die Zentrale Stelle in Ludwigsburg gibt laut Oberstaatsanwalt Rommel nach ihren Vorermittlungen Jahr für Jahr rund 30 Fälle an die zuständigen Staatsanwaltschaften weiter. In den meisten Fällen komme es nicht zu einer Anklage, weil die mutmaßlichen Täter inzwischen alle jenseits der 90 Jahre und nicht mehr verhandlungsfähig seien. Dennoch gebe es auch aktuell vier Anklagen gegen ehemalige KZ-Aufseher, zwei in Münster, eine in Frankfurt und eine in Mannheim.
Quelle: ntv.de, jug/dpa