Bundesregierung hat andere Pläne Abschiebe-Hoffnung von Spahn & Co. stößt auf Widerstand
11.12.2024, 16:44 Uhr Artikel anhören
Nach dem Sturz des Assad-Regimes fordern CDU und CSU die Syrerinnen und Syrer in Deutschland auf, über eine schnelle Ausreise nachzudenken. Die Bundesregierung hält davon gar nichts. Sprecher Hebestreit erkennt darin Wahlkampf-Aufregung, die Innenministerin findet den Vorschlag "unseriös".
Die Bundesregierung hat Forderungen der Union nach Ausarbeitung eines Rückkehrplans für in Deutschland lebende Syrer zurückgewiesen. "Wir müssen erst mal abwarten, wie sich die Situation in Syrien entwickelt", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Eine Rückkehrdebatte sorge "eher für Verunsicherung in Deutschland bei den Flüchtlingen, die sich hier seit zum Teil sehr vielen Jahren aufhalten".
Mit Blick auf die Forderungen der Union sprach Hebestreit von "nachvollziehbarer Aufregung in Zeiten, in denen der Wahlkampf immer näher rückt". Zunächst müsse aber abgewartet werden, ob sich die Lage in Syrien stabilisiere, "bevor man jetzt den fünften Schritt vor dem zweiten macht" und über die Frage diskutiere, ob syrische Schutzberechtigte in Deutschland in ihre Heimat zurückkehren müssten.
Aus der Unions-Bundestagsfraktion war zuvor die Forderung an die Bundesregierung nach einem Rückkehrplan für syrische Flüchtlinge gekommen. Unionsfraktionsvize Jens Spahn hatte im "Frühstart" von ntv gesagt: "Wie wäre es, wenn die Bundesregierung sagt: Jeder, der zurück will nach Syrien, für den chartern wir Maschinen, der bekommt ein Startgeld von 1000 Euro." Als zweiten Schritt hatte Spahn vorgeschlagen, dass Deutschland mit Österreich, der Türkei und Jordanien für das Frühjahr eine "Wiederaufbau- und Rückkehrkonferenz" organisieren solle. Auf Gespräche mit der neuen syrischen Führung über eine schnelle Rückkehr dringt indes die FDP.
Baerbock vermisst "Realitätssinn für die Lage im Nahen Osten"
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums kritisierte es als "schlicht unseriös, in einer so unklaren und instabilen Lage schon über konkrete Rückkehrmöglichkeiten zu sprechen". Die Regierung habe die Entwicklung vor Ort in Syrien genau im Blick. "Aber jetzt Rückkehrmöglichkeiten im größeren Stil zu prüfen, dafür ist die Lage einfach zu instabil", sagte der Sprecher. Aktuell halten sich laut Bundesinnenministerium rund 975.000 Syrer in Deutschland auf. Gesundheitsminister Karl Lauterbach erklärte, hierzulande arbeiteten mehr als 6000 Ärzte aus Syrien, die voll integriert und für die Versorgung unabkömmlich seien.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock übte scharfe Kritik an den Rückkehrforderungen. Diese würden von Politikern aufgestellt, die "offensichtlich auch in vollkommener Unkenntnis 48 Stunden, nachdem sich alles verändert hat, bereits wissen, dass alle wieder zurückkehren können", sagte die Grünen-Politikerin in Berlin. Eine Rückkehr syrischer Geflohener nach Syrien müsse international eng abgestimmt werden - mit den Partnern in Europa, aber auch mit den Vereinten Nationen.
Noch vor wenigen Wochen hätten einige deutsche Politiker eine Normalisierung mit Machthaber Assad gefordert. Nun erklärten die gleichen Leute, dass alle Menschen wieder nach Syrien zurückkehren könnten. "Das zeugt offensichtlich davon, dass der Realitätssinn für die Lage im Nahen Osten nicht besonders ausgeprägt ist", sagte Baerbock. Nötig sei jetzt kein blinder Aktionismus, sondern ein koordiniertes und verantwortungsvolles Vorgehen mit den internationalen Partnern.
Quelle: ntv.de, tsi/AFP/dpa