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Ukraine-Talk bei Maybrit Illner AfD will Krieg beenden - auf dem Papier

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Gauland äußerte sich zufrieden, dass auf dem NATO-Gipfel keine Einladung an die Ukraine zum Bündnisbeitritt erfolgt ist.

Gauland äußerte sich zufrieden, dass auf dem NATO-Gipfel keine Einladung an die Ukraine zum Bündnisbeitritt erfolgt ist.

(Foto: ZDF und Jule Roehr)

Eine Rückschau auf den NATO-Gipfel in der litauischen Hauptstadt Vilnius liefert die ZDF-Talkshow von Maybrit Illner. Dass es eine kontroverse Diskussion wird, liegt vor allem an einem Gast: dem AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland.

Es ist Donnerstagabend, und im ZDF läuft die Talkshow mit Maybrit Illner. Die hat sich vier Gäste eingeladen, um über den NATO-Gipfel zu reden, der in dieser Woche in der litauischen Hauptstadt Vilnius stattfand. Dabei ging es auch um Perspektiven für einen NATO-Beitritt der Ukraine. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor darauf gedrungen, dass sein Land für die Zeit nach dem Krieg eine Einladung bekommt. Daraus wurde nichts, Bundeskanzler Olaf Scholz und der amerikanische Präsident Biden ringen sich nicht zu einer Unterstützung dafür durch. In einer Erklärung heißt es zwar, die Zukunft der Ukraine sei in der NATO. Doch eine offizielle Einladung sei erst möglich, wenn sich die Verbündeten einig und Voraussetzungen erfüllt seien. Darüber sind sich die Gäste bei Illner uneinig, genau wie in den meisten anderen Punkten, die angesprochen werden. Das liegt vor allem an einem Gast: dem AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland.

"Ich war froh, dass Bundeskanzler Scholz und US-Präsident Biden dafür gesorgt haben, dass die Ukraine nicht in die NATO aufgenommen wird", sagt Gauland. Seine Partei sei grundsätzlich dagegen, dass die NATO sich bis an die russische Grenze ausdehnt. Der Weg, den Putin gehe, sei zwar falsch. Der Angriffskrieg, den Russland zurzeit gegen die Ukraine führe, werde von seiner Partei kritisiert. "Eigentlich müsste unsere Außenministerin täglich zwischen Kiew und Moskau hin- und herfahren und versuchen, den Frieden wiederherzustellen. Das ist im deutschen Interesse." Jetzt müsste die Diplomatie einsetzen, um einen Kompromiss zwischen Russland und der Ukraine zu erreichen.

Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff, der demnächst deutscher Botschafter in Russland wird, verteidigt das Ergebnis: "Eine Annäherung der Ukraine an die NATO in einer Art und Weise, wie es das in der Vergangenheit noch nicht gegeben hat." Außerdem weist er darauf hin, dass sich die G7-Länder darauf geeinigt haben, das Land militärisch weiter zu unterstützen.

Dem CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter gehen die Beschlüsse des NATO-Gipfels nicht weit genug. Zwar sei eine ganze Menge erreicht worden, aber: "Wenn der russische Präsident Putin das Abkommen liest, dann weiß er: Die NATO ist sich nicht einig. Ich glaube, dass wir hier eine Chance vertan haben." Eine Einladung hätte keine Mitgliedschaft bedeutet, aber es wäre klar gewesen, dass diese nicht mehr verhandelbar sei.

"Länder haben bei der NATO angeklopft, nicht umgekehrt"

Gauland sagt, die russischen Eliten fühlten sich von einer NATO bedroht, die immer weiter nach Osten vorstößt. Auch er findet das falsch. Stattdessen fordert er: "Wir müssen die Russen in eine Ordnung einbeziehen, und das hätten wir schon 1989 machen müssen." Putin habe immer wieder versucht, sich an westliche Positionen anzunähern. Das habe der Westen immer wieder zurückgewiesen. Stattdessen sei die NATO immer weiter an Russland herangerückt. Eine Behauptung, die so nicht zutrifft und die Graf Lambsdorff auch sofort richtigstellt.

Die osteuropäischen Länder seien nervös geworden, weil es nach 1990 in Ländern wie Moldawien oder Georgien Teile gab, die sich abspalteten. "Nicht die NATO ist an Russland herangetreten, sondern diese Länder haben bei der NATO angeklopft und gesagt: Wir wollen euren Schutz, damit uns nicht dasselbe wie Georgien und Moldawien passiert." Die Menschen in der Sowjetunion seien mit dem Feindbild NATO aufgewachsen. Dieses Feindbild werde im heutigen Russland weiter bedient. "Es wird so getan, als ob die NATO im Ernstfall in Russland wäre. Aber im Vertrag von Vilnius steht ganz klar, dass die NATO keine Konfrontation mit Russland sucht. Sie ist ein reines Verteidigungsbündnis."

Das lässt Gauland so stehen, kritisiert aber dann, dass es ausgerechnet deutsche Panzer seien, die russische Soldaten töteten. Die Leiterin des "Spiegel"-Hauptstadtbüros, Melanie Amann, wirft ein: "Aber in einem Krieg, den Russland angezettelt hat." Gauland hält dagegen, die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine seien falsch - eine Aussage, die auch der Linken-Politiker Gregor Gysi immer wieder trifft.

Die AfD und die Diplomatie

Und immer wieder fordert Gauland, dass Diplomatie für ein Ende des Krieges sorgen müsse. Kiesewetter erklärt, diese habe vor und während des Krieges immer wieder versagt. "Das ist der Punkt: Dass die russische Seite bisher kein Interesse an Verhandlungen hatte, weil man glaubte, das Recht des Stärkeren wird triumphieren, und am Ende muss man nur lange genug geduldig sein."

Und dann richtet Amann die entscheidende Frage an Gauland: "Was hindert denn eigentlich die AfD daran, einen flammenden Appell an Putin zu richten, die Waffen schweigen zu lassen? Was man immer von Ihnen hört, ist, es muss eine Friedensinitiative geben und keiner darf den Krieg gewinnen."

Die Antwort klingt vergleichsweise lahm: "Wir haben in unserem Papier zu Russland und der Ukraine immer gesagt, dass der Krieg aufhören muss, dass Russland seine Truppen zurückziehen und dass es Verhandlungen geben muss." Amann: "Es kann doch auch sein, dass der Aggressor sich einfach zurückzieht." Gauland: "Sie können sich auch den Himmel auf Erden wünschen. Aber Putin hat den Krieg angefangen. Trotzdem hat es keinen Zweck, ihn anzuklagen und zu sagen, mit dem darf man nicht reden. Das ist der falsche Weg."

Doch da diplomatische Verhandlungsversuche offensichtlich versagt haben, ist für Lambsdorff und Kiesewetter klar, dass im Moment nur ein Sieg auf dem Schlachtfeld möglich ist. Kiesewetter: "Es war so wichtig, dass diese Entschlossenheit von Vilnius ausgeht, dass diese Verteidigungsbereitschaft da ist. Und ich bin mir sicher, wenn wir mehr tun, wird die Ukraine gewinnen."

Quelle: ntv.de

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