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Russische Behörde druckst herum Airline nennt "Einwirkungen von außen" als Absturzursache

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Flug J2-8243 stürzte rund drei Kilometer vor der Stadt Aktau beim Versuch einer Notlandung ab.

Flug J2-8243 stürzte rund drei Kilometer vor der Stadt Aktau beim Versuch einer Notlandung ab.

(Foto: picture alliance / Anadolu)

Was geschah mit dem Unglücksflug J2-8243 von Aserbaidschan Airlines über Grosny? Auch die Fluggesellschaft stellt klar: Äußere Einflüsse sind für den Absturz der Maschine verantwortlich, spricht aber nicht von einem russischen Abschuss. Die russische Luftfahrtbehörde bleibt in ihrer Erklärung vage.

Der Absturz einer aserbaidschanischen Passagiermaschine in Kasachstan ist der betroffenen Fluggesellschaft zufolge durch "Einwirkung von außen" verursacht worden. Darauf deuten erste Untersuchungsergebnisse hin, wie Azerbaijan Airlines in einer Stellungnahme auf Telegram erklärt. Demnach sind "physische und technische Einwirkung von außen" für das Unglück mit 38 Toten am Mittwoch verantwortlich. Die aserbaidschanischen Behörden gehen Medienberichten zufolge davon aus, dass die Maschine von einer russischen Boden-Luft-Rakete getroffen wurde.

Die Passagiermaschine mit der Flugnummer J2-8243 sollte von der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku ins russische Grosny fliegen. Aus offiziell ungeklärten Gründen leitete der Pilot den Flug plötzlich über das Kaspische Meer nach Kasachstan um. Bei der versuchten Notlandung in der Stadt Aktau stürzte die Passagiermaschine mit 67 Menschen an Bord rund drei Kilometer vor der Stadt an der Küste des Kaspischen Meeres ab. 29 Insassen überlebten, sie wurden aber alle verletzt.

Eine Vielzahl von Experten vermutet, dass die Maschine beim Anflug auf Grosny von einer Flugabwehrrakete beschädigt wurde, die eigentlich eine ukrainische Drohne abwehren sollte. Darauf deuten offensichtliche Einschlaglöcher an dem Flugzeugwrack hin. Das Flugzeug sei beschossen worden, als es im Luftraum über Grosny unterwegs gewesen sei, sagte der aserbaidschanische Abgeordnete Rasim Musabekov der aserbaidschanischen Nachrichtenagentur Turan am Donnerstag. Er verlangt von Russland eine offizielle Entschuldigung.

Versuch der Vertuschung?

Es steht zudem der Verdacht im Raum, dass Russland den versehentlichen Abschuss vertuschen wollte. Aserbaidschanische Regierungsquellen berichten, dass die Piloten des beschädigten Flugzeugs mehrfach darum gebeten hätten, in Russland notzulanden. Stattdessen sei die Crew angewiesen worden, Hunderte Kilometer über das Kaspische Meer in Richtung der kasachischen Stadt Aktau zu fliegen. Es wird gemutmaßt, dass Russland auf einen Absturz der Maschine im Meer gehofft habe, um Beweise zu vernichten.

Ungeklärt ist bisher auch, warum die Maschine beim Anflug auf Grosny plötzlich vom Radar verschwand und erst wieder auftauchte, als sie das Kaspische Meer fast überflogen hatte. Flightradar24 zufolge, ein Onlinedienst für Echtzeitinformationen zum globalen Flugverkehr, war die Unglücksmaschine von einer starken Störung von GPS-Signalen betroffen, wodurch die Flugdatenübermittlung beeinträchtigt wurde. Russland wurde wiederholt vorgeworfen, gezielt GPS-Signale zur Abwehr von Drohnen zu stören.

"Komplizierte Situation"

Russlands Präsident Wladimir Putin und der Kreml haben sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte auf Nachfrage lediglich, es sei an den Ermittlern, die Absturzursache zu ermitteln.

Auch die russische Luftfahrtbehörde Rosawiazija vermeidet bisher klare Angaben. Der Chef der Behörde, Dmitri Jadrow, erklärte in einer Stellungnahme auf Telegram lediglich, dass "die Situation an diesem Tag und während dieser Stunden im Bereich des Flughafens von Grosny sehr kompliziert" war. Ihm zufolge haben "ukrainische Kampfdrohnen zu diesem Zeitpunkt terroristische Angriffe auf die zivile Infrastruktur in den Gebieten Grosny und Wladikawkas" durchgeführt. Demnach waren wegen der Drohnen keine Starts und Landungen in Grosny erlaubt.

Airline stellt mehrere Verbindungen ein

In Russland stellen immer wieder Flughäfen zeitweilig ihren Betrieb ein, wenn es zu Drohnenangriffen kommt und die Flugabwehr im Einsatz ist. Jadrow zufolge mussten am Mittwoch ebenfalls alle Piloten aufgrund eines Alarms den Luftraum über Grosny verlassen. Warum die aserbaidschanische Maschine in diesem Fall von den russischen Behörden nicht frühzeitig umgeleitet wurde, sondern Kurs auf die Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tschetschenien hielt, ist unklar.

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In "dichtem Nebel" soll die Unglücksmaschine laut Jadrow anschließend zwei erfolglose Anflugversuche auf Grosny unternommen haben. Dem Piloten seien daraufhin Ausweichflughäfen angeboten worden, behauptet der Chef der russischen Luftfahrtbehörde. Ihm zufolge soll sich die Crew eigenständig gegen eine Notlandung in Russland und stattdessen für den weiten Flug über das Kaspische Meer nach Kasachstan entschieden haben.

Es war das erste Mal, dass eine offizielle russische Stelle einen zeitlichen Zusammenhang zwischen einem Drohnenalarm und dem Absturz herstellte. Azbaijan Airlines hat derweil ihre Verbindungen in sieben russische Städte eingestellt. Ab morgen werde es keine Flüge mehr nach Sotschi, Wolgograd, Ufa, Samara, Mineralnye Wody, Grosny und Machatschkala geben, teilte das Unternehmen mit Verweis auf den Absturz mit.

Quelle: ntv.de, chr/AP/dpa

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