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"Herausforderndes" Treffen Alle wollen klare Worte von Scholz bei Erdogan-Besuch

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"Wir haben immer wieder auch schwierige Partner, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, lässt Kanzler Scholz ausrichten.

"Wir haben immer wieder auch schwierige Partner, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, lässt Kanzler Scholz ausrichten.

(Foto: picture alliance/dpa)

Am Freitag besucht der türkische Präsident Erdogan Berlin. Dessen antiisraelische Haltung stellt die Bundesregierung vor ein Problem. Berlin kündigt Klartext an. Das Dilemma wird durch die CSU-Forderung nach einem neuen Flüchtlingsabkommen deutlich: Ankara ist vielfach ein wichtiger Akteur.

Die Bundesregierung erwartet schwierige Gespräche mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei dessen Deutschlandbesuch Ende der Woche. Grund ist die antiisraelische Haltung des Staatschefs. Unter den aktuellen Umständen werde der Besuch "herausfordernd" sein, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Türkei sei bei einer ganzen Reihe von Themen ein wichtiger Faktor. Er verwies auf die Rolle Ankaras bei der Vermittlung von ukrainischen Getreidelieferungen über das Schwarze Meer, beim NATO-Beitritt Schwedens und im Nahen Osten. Es gehe darum, in diesen Fragen voranzukommen. Daher bleibe es auch bei den Planungen für den Besuch. "Wir haben immer wieder auch schwierige Partner, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen."

Erdogan wird außer mit Bundeskanzler Olaf Scholz auch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zusammentreffen. Nach dem Terrorangriff auf Israel mit rund 1200 Toten hatte Erdogan die islamistische Hamas "eine Befreiungsorganisation" genannt. Er brach nach eigenen Worten den Kontakt zu Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ab. Angesichts der Bombardierung des Gazastreifens durch Israel sprach Erdogan von "Faschismus".

Der 69-Jährige wird für Freitagabend zu einem Arbeitsabendessen mit Scholz im Kanzleramt erwartet. Bislang ist noch keine Pressekonferenz beider anlässlich des Treffens angekündigt worden. Weil am Samstag die türkische Mannschaft im Berliner Olympiastadion gegen die DFB-Elf antreten wird (20.45 live bei RTL), war spekuliert worden, dass der bekennende Fußball-Fan Erdogan seine Deutschland-Visite mit einem Besuch des Länderspiels verbindet. Der DFB erklärte jüngst aber, ihm sei nicht bekannt, dass Erdogan und Scholz der Partie beiwohnen werden.

Deutsche Position "felsenfest"

SPD-Chef Lars Klingbeil verteidigte den Besuch Erdogans. Scholz habe die "volle Unterstützung" der SPD, "dass dieser Besuch stattfindet", sagte er. "Es gibt viele Äußerungen von Erdogan aus den letzten Tagen, die ich aufs Schärfste verurteile." Aber es sei wichtig, mit denen zu reden, die internationale Verantwortung trügen, auch wenn man selbst anderer Meinung sei.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte, die deutsche Position gegenüber Israel sei felsenfest. Der Kanzler werde diese auch im Gespräch mit dem türkischen Präsidenten "sehr deutlich machen". Dies forderten auch die Grünen ein. Parteichefin Ricarda Lang sagte, es sei wichtig, diplomatische Kanäle aufrechtzuerhalten und im Gespräch zu bleiben, auch um sich für die Belange und die Sicherheit Israels einzusetzen. Und gleichzeitig habe man von Erdogan abscheuliche Worte zu Israel und eine Relativierung des Terrors der Hamas erlebt. "Ich erwarte hier von Olaf Scholz und auch vom Bundespräsidenten ganz klare Worte in Richtung dieser unausstehlichen Auslassungen von Erdogan."

CSU will neuen Flüchtlingsdeal

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Der CSU-Vorsitzende Markus Söder schraubte ebenfalls die Erwartungen hoch, indem er ein neues Abkommen mit der Türkei zur Senkung der Flüchtlingszahlen verlangte. Man erwarte "Klartext in der Sache, aber auch klare Ergebnisse", sagte der bayerische Ministerpräsident in München. Scholz müsse mit Erdogan auch über seine Äußerungen zur Hamas sprechen. "Es braucht einen neuen Türkei-Deal, aber auch nicht einfach um jeden Preis, sondern auch mit einem klaren Bekenntnis zu den Positionen, die für uns wichtig sind", betonte Söder.

Die Linke kritisierte den Besuch generell. Erdogan habe "eine Geschichte als Terror-Unterstützer" in Syrien und im Nahen Osten und unterdrücke zu Hause die demokratische Opposition, sagte Parteichef Martin Schirdewan. "Erdogan darf für Deutschland kein normaler Staatsgast sein." Zu befürchten seien neue "schmutzige Deals" der Bundesregierung mit dem türkischen Präsidenten.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa

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