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Trump-Gegnerin macht weiter An diese Strohhalme klammert sich Haley

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Ihr Lächeln war eisern, geschlagen geben wollte sich Nikki Haley Donald Trump noch nicht.

Ihr Lächeln war eisern, geschlagen geben wollte sich Nikki Haley Donald Trump noch nicht.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Die Trump-Herausforderin Nikki Haley hätte die Vorwahl in New Hampshire gewinnen müssen, um ernsthaft im Rennen zu bleiben. Sie macht dennoch weiter. Die Gründe dafür sind nicht sehr zahlreich, aber es gibt sie.

Dass Möchtegern-Präsidenten und -Präsidentinnen in den USA durch die Vorwahlen müssen, hat auch seine Vorteile. Es dauert zwar, ist unfassbar teuer und anstrengend, aber wer am Ende übrigbleibt, hat zumindest Kraft und Nervenstärke bewiesen. Das immerhin kann Nikki Haley schon jetzt für sich in Anspruch nehmen. Nach der erneuten Niederlage bei einer Vorwahl der Republikaner, diesmal in New Hampshire, bleibt festzuhalten: Die Aussichten der gemäßigten Politikerin haben sich weiter verdüstert - und zwar in Richtung schwarze Nacht.

Trotzdem glimmt da offenbar noch Hoffnung in ihr. "Das Rennen ist noch längst nicht vorbei", sagte die 52-jährige Republikanerin, als sie nach Bekanntwerden des erneuten Triumphes von Donald Trump vor ihre Anhänger trat. Die dürften gespannt darauf gewartet haben, ob sie nun ihre Kandidatur aufgibt. Doch die frühere Gouverneurin von South Carolina will noch weitermachen, vermutlich bis zum "Super Tuesday" am 5. März. Damit bleibt sie ein Stachel im Fleisch Trumps, der nun noch etwas länger auf seinen endgültigen Sieg warten muss.

Dass der nicht mehr lange auf sich warten lässt, darauf deutet vieles hin - so viel, dass man sich fragen muss, ob das noch Durchhaltevermögen bei Haley ist oder doch eher Trotz. Oder ob das alles nur ein Vorlauf für eine erneute Kandidatur in vier Jahren sein soll. Die letzten zwei Wochen sind jedenfalls nicht gut für sie gelaufen. In Iowa, dem ersten Vorwahltermin, wurde sie nur Dritte. In New Hampshire landete sie 11 Punkte hinter Trump, obwohl der Bundesstaat viel liberaler ist als Iowa.

Dort hatte sie die besten Umfragewerte und dort unterstützte sie auch der beliebte Gouverneur Chris Sununu, ebenfalls ein Republikaner. Hinzu kommt, dass dort unabhängige Wähler mit abstimmen durften, also jene, die nicht als Republikaner oder Demokraten registriert sind. Unter den Republikanern holte Trump aber rund 75 Prozent. Haleys Stärke basierte also auf den Unabhängigen - innerhalb der Partei ist sie Außenseiterin.

Eigentlich keine Chance mehr

In Umfragen liegt Trump auch in South Carolina, dem nächsten wichtigen Termin am 24. Februar, klar in Führung. Der hat mittlerweile auch die Unterstützung des Senators Tim Scott, der wie Haley aus dem Bundesstaat kommt. Hätte sich der Afroamerikaner an die Seite Haleys gestellt, wäre das ein starkes Signal gewesen. Doch Scott weiß, woher der Wind weht, und glaubt offenbar nicht, dass der sich noch dreht. Er spekuliert wohl darauf, Trumps Vizepräsident zu werden.

Nur Platz 3 in Iowa, Platz 2 in New Hampshire, schlechte Aussichten in South Carolina - wo sieht Haley da noch einen Pfad zum Sieg, wie es die Amerikaner gern ausdrücken? Haley ist an einem Punkt angekommen, an dem sie keine Chance hat - und genau die nutzen muss. Das sind die Strohhalme, an die sie sich noch klammern kann:

Sie hat mit dem Wahlkampf in South Carolina noch gar nicht richtig begonnen. Ihre Kriegskasse ist dank der Hilfe von Großspendern wie dem konservativ-libertären Milliardär Charles Koch gut gefüllt. TV-Werbespots können in Vorwahlen aber etwas bewirken. Außerdem kennt sie den Staat in- und auswendig, vielleicht fallen ihr noch ein paar Kniffe ein, mit denen niemand rechnet.

Sie wird darauf setzen, in den eher gemäßigten Vororten zu punkten und bei jenen, die Trump ablehnen. Denn die sind hochmotiviert, eine erneute Kandidatur des Ex-Präsidenten zu verhindern. Immerhin ist sie nun die einzige Gegnerin Trumps und bekommt damit die volle Aufmerksamkeit all jener, die gern jemand anderes im Weißen Haus sähen. Sie muss dabei wohl wieder auf die Unabhängigen hoffen, die auch in South Carolina mitwählen dürfen. Das gilt auch für die folgenden Wahlen in anderen Bundesstaaten, immerhin fast die Hälfte davon ist offen für independents.

Paradoxe Hoffnung auf Biden

Haleys zweiter Pfeil, den sie noch im Köcher hat, wäre eine TV-Debatte. Haley ist vor allem dank ihrer eloquenten Auftritte in den Fernsehdiskussionen der Republikaner so stark geworden. Sollte sich Trump auf ein Duell mit ihr einlassen, hätte sie eine Chance, ihn zu entlarven, bloßzustellen. Doch auch deswegen wird Trump genau das vermeiden, so wie er das bisher getan hat. Die Frage ist nur, ob Haley ihn gewissermaßen zwingen kann, doch teilzunehmen. Das kann nur gelingen, wenn sie ihn vor sich hertreibt, er auch vor den eigenen Anhängern als Feigling dastünde. Genau so versuchte das auch der Debatten-Veteran Christie - allerdings erfolglos.

Kurioserweise würde es Haley helfen, wenn Präsident Joe Biden noch aus dem Umfrageloch herauskommt und sein großes Manko - sein hohes Alter - irgendwie vergessen macht. Immerhin: Die wirtschaftlichen Zahlen sind viel besser als die Stimmung im Land - sollte sich die Laune angesichts eines spürbaren Aufschwungs verbessern, stiegen Bidens Chancen wieder. Trump gilt als der einzige Kandidat, den Biden schlagen könnte. Denn der Ex-Präsident treibt vor allem auch seine Gegner an die Urnen. Je schlechter Trumps Aussichten gegen Biden sind, desto besser für Haley. Sie erschiene gegenüber Biden mit ihren 52 Jahren wie die strahlende Jugend und würde den Demokraten einfach nur alt aussehen lassen - insbesondere in der Wahlnacht. Dieses Szenario könnte auch manchen Republikaner nachdenklich machen. Im Moment sieht es allerdings so aus, dass Trump diesen Biden schlagen könnte.

Dann sind da noch die zahlreichen Prozesse, in denen Trump sich verantworten muss. Doch auch wenn er verurteilt wird, dürfte er weiter kandidieren. Aber: Sollte Trump wider Erwarten deswegen doch die Nominierung seiner Partei verlieren, wäre Haley die einzige verbliebene Kandidatin.

Man braucht sehr viel Fantasie, um wirklich an ein Comeback Haleys zu glauben. Manchmal imponiert es Wählern, wenn eine Außenseiterin nicht aufgibt, trotz aller Widrigkeiten. David gegen Goliath. Und Überraschungen gehören zum Leben dazu. Doch Favorit bleibt Trump - und das haushoch. Er kann sich zurücklehnen, sie muss ackern.

Quelle: ntv.de

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