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Bundesverband warnt Zahl antisemitischer Proteste verfünffacht

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Die israelische Flagge: Der Bundesverband Rias dokumentiert antisemitische Vorfälle in Deutschland.

Die israelische Flagge: Der Bundesverband Rias dokumentiert antisemitische Vorfälle in Deutschland.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Zahlreiche Menschen protestieren gegen das Vorgehen Israels im Gazastreifen. Jetzt mahnt der Bundesverband Rias, dass dabei immer häufiger die Grenze zur Judenfeindlichkeit überschritten wird. Aufrufe zur Vernichtung Israels seien zur Normalität geworden.

Seit dem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 und der folgenden israelischen Militäroffensive im Gazastreifen erleben viele Jüdinnen und Juden in Deutschland Antisemitismus. Der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) sieht zudem eine Zunahme von Protesten mit antisemitischen Inhalten.

"Aufrufe zur Vernichtung Israels, Befürwortung von Gewalt gegen Jüdinnen und Juden, offene Unterstützung des Terrors der Hamas und die Relativierung der Schoa - all das ist zwei Jahre nach dem 7. Oktober zur bedrückenden Normalität geworden", erklärt Benjamin Steinitz, Geschäftsführer des Bundesverbands Rias. Gleichzeitig stellt er klar: "Öffentlich Anteil an der Situation der Menschen im Gazastreifen zu nehmen, ist legitim und steht nicht im Widerspruch damit, Antisemitismus zu benennen sowie zurückzuweisen."

Rias dokumentiert "antisemitische Vorfälle ober- und unterhalb der Strafbarkeitsgrenze aus der Perspektive der Betroffenen", wie der Verband in einem nun veröffentlichten Bericht schreibt. Neben Meldungen von Betroffenen oder Zeugen werden auch Quellen wie Medienberichte oder teils Kriminalitätsstatistiken erfasst. Die dokumentierten antisemitischen Vorfälle bilden nach Rias-Angaben keine repräsentative Stichprobe.

Israelbezogener Antisemitismus überwiegt

Für den neuen Bericht hat Rias 2225 Versammlungen vom 7. Oktober 2023 bis Ende 2024 ausgewertet, bei denen antisemitische Inhalte dokumentiert wurden. Mit dem 7. Oktober stieg die Zahl der Versammlungen mit antisemitischen Inhalten demnach auf fünf pro Tag an. Zwischen Anfang 2020 und dem 6. Oktober 2023 - also vor dem Großangriff der Hamas - sei rechnerisch etwa eine Demonstration pro Tag mit antisemitischen Inhalten registriert worden. Deren Anteil habe sich also seither verfünffacht. Bei vielen Demonstrationen sei der Krieg im Gazastreifen mit dem Holocaust gleichgesetzt worden, geht aus der Rias-Studie hervor.

Deutlich häufiger als zuvor, nämlich bei 89 Prozent der Versammlungen, sei israelbezogener Antisemitismus dokumentiert worden, oft in Verbindung mit anderen Formen von Judenfeindlichkeit. Wie etwa die Bundeszentrale für politische Bildung erklärt, können auch verbale Handlungen gegen den Staat Israel als Antisemitismus gewertet werden. Grund hierfür ist, dass Israel als jüdisches Kollektiv verstanden wird.

Rias berichtet von "politischen Mischszenen" bei den Demos. "Antiisraelische Aktivisten, islamistische Gruppen ebenso wie links-antiimperialistische Akteure demonstrierten gemeinsam auf Versammlungen", teilte der Verband mit. "Die Feindschaft gegenüber Israel ist das Bindeglied, das Akteure unterschiedlichster Spektren mobilisiert", so Steinitz.

Zehntausende Tote im Gazastreifen

Am 7. Oktober 2023 verübten Hamas-Anhänger und andere Terroristen Massaker in Israel, bei denen rund 1200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden waren. Israel reagierte darauf mit einer Militäroffensive. Seit Kriegsbeginn wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 67.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet.

Der UNO zufolge wurden fast 80 Prozent der Gebäude im Gazastreifen beschädigt oder zerstört, darunter Krankenhäuser und Schulen. Die meisten Einwohner wurden durch die Kämpfe vertrieben, viele von ihnen sogar mehrfach. Humanitäre Hilfe kommt nur spärlich an. Im August erklärte die UNO, dass in Teilen des Gazastreifens eine Hungersnot herrsche. Israel wies die Angaben zurück und warf der Hamas vor, Hilfslieferungen zu plündern.

Mitte September warf eine von der UNO eingesetzte Kommission Israel vor, im Gazastreifen einen "Völkermord" zu begehen. Die israelische Regierung nannte den Untersuchungsbericht "verzerrt und falsch".

Quelle: ntv.de, nbr/dpa/AFP

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