Politik

Leben unter dem Existenzminimum Arme Menschen verlieren dramatisch an Kaufkraft

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Hat die Bundesregierung ihr Versprechen, in der Krise niemanden alleinzulassen, eingelöst? Der Deutsche Gewerkschaftsbund bezweifelt das.

(Foto: picture alliance / Flashpic)

Lebensmittel, Heizung, Verkehr: 2022 ist vieles deutlich teurer geworden. Doch die Inflation trifft Menschen, die an oder unterhalb der Armutsgrenze leben, laut einer Studie des DGB besonders hart. Auch die vom Bund beschlossenen Hilfen kommen offenbar nicht dort an, wo sie gebraucht werden.

Hartz-IV-Bezieher haben zum Ende des vergangenen Jahres einer DGB-Studie zufolge teils erheblich an Kaufkraft verloren. Sie rutschten de facto unter das Existenzminimum, wie die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf die Studie des Deutschen Gewerkschaftsbunds berichtete.

Das werfe die Frage auf, ob die Bundesregierung ihr Versprechen, in der Energiekrise niemanden alleinzulassen, tatsächlich eingelöst habe. Das gelte insbesondere für die Empfänger von Hartz IV, das zum Jahreswechsel vom neuen Bürgergeld abgelöst wurde.

Die Inflation war erst durch die Corona-Pandemie und dann durch die Energiekrise infolge des Ukraine-Kriegs extrem gestiegen. Das Statistische Bundesamt taxierte sie für das gesamte Jahr 2022 auf 7,9 Prozent - den höchsten Wert seit 1951. Zum Ausgleich der Härten stellte die Bundesregierung Entlastungspakete über etwa 200 Milliarden Euro bereit. Manches davon, etwa Einmalzahlungen für Erwachsene und Kinder oder das Neun-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr, kam auch Hartz-IV-Empfängern zugute.

Insgesamt aber konnten die Entlastungen den DGB-Berechnungen zufolge die Teuerung bei Weitem nicht ausgleichen, wie die Zeitung weiter berichtete. Eine arbeitslose Alleinerziehende mit einem zehnjährigen Kind büßte demnach aufs Jahr gerechnet etwa 750 Euro ein, ein Alleinstehender 470 Euro, ein Paar mit zwei Kindern im Alter von 14 und 16 Jahren etwa 1600 Euro. Bei Menschen, die ihre Rente oder ihren Lohn aufstockten, waren die Verluste demnach etwas geringer, da sie zusätzlich Anspruch auf die Energiepauschale der Bundesregierung von 300 Euro hatten. Die Einbußen dürften die Leistungsempfänger empfindlich getroffen haben, da viele von ihnen über keinerlei finanzielle Rücklagen verfügen.

"You'll never walk alone" gilt offenbar nicht für Hartz-IV-Empfänger

Das Zitat "You'll never walk alone" habe für die Grundsicherungsempfänger im vergangenen Jahr "finanziell ganz sicher nicht" gegolten, kritisierte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel in Anspielung auf ein bekanntes Zitat von Kanzler Olaf Scholz. Mit der Einführung des Bürgergelds zum 1. Januar wird die Inflation nun ausgeglichen, der Regelsatz steigt auf 502 Euro, also um 11,8 Prozent. Der DGB kritisiert dem Bericht zufolge jedoch, dass die Empfängerinnen und Empfänger auch künftig nicht vor hohen Teuerungsraten geschützt seien; der jährliche Mechanismus zur Anpassung der Regelsätze sei unzureichend.

Das Arbeitsministerium teilte mit, die Bundesregierung habe "eine ganze Reihe von Maßnahmen erlassen, um die schlimmsten Folgen der Preissteigerungen abzufedern". Die DGB-Studie könne noch nicht bewertet werden. Es sei aber nicht nachvollziehbar, dass der Kindersofortzuschlag von 20 Euro monatlich ab Juli nicht in die Berechnung einbezogen worden sei, hieß es demnach aus dem Ministerium. Der DGB argumentierte dem Bericht zufolge, dieser sei nicht als Inflationsausgleich gedacht, sondern als Überbrückung bis zur geplanten Kindergrundsicherung.

Quelle: ntv.de, bek/AFP

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