Politik

Sicherheitskonferenz ohne Russen Baerbock kritisiert Moskaus "Forderungen aus Kaltem Krieg"

Ein roter Stern im von Separatisten beherrschten Donezk in der Ostukraine

Ein roter Stern im von Separatisten beherrschten Donezk in der Ostukraine

(Foto: AP)

Drohungen, Manöver, Gefechte in der Ost-Ukraine - die Münchner Sicherheitskonferenz findet in brenzliger Zeit statt. Außenministerin Baerbock hofft, bei dem Treffen noch einen Weg zu finden, um der "Logik von Gewaltandrohungen und militärischer Eskalation" etwas entgegenzusetzen.

Kurz vor der Münchner Sicherheitskonferenz hat Außenministerin Annalena Baerbock den Kreml in der Ukraine-Krise scharf kritisiert: Russland habe mit dem "beispiellosen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine und Forderungen aus dem Kalten Krieg" die "Grundprinzipien der europäischen Friedensordnung infrage" gestellt.

Mit den Verbündeten wolle sie auf der Sicherheitskonferenz beraten, "wie wir der Logik von Gewaltdrohungen und militärischer Eskalation noch mit einer Logik des Dialogs begegnen können". Die Botschaft müsse lauten: "Wir sind bereit zu einem ernsten Dialog über Sicherheit für alle", erklärte die Grünen-Politikerin. Sie bedauerte, dass es in München keine Gespräche mit russischen Vertretern geben werde und forderte von Russland "ernste Schritte zur Deeskalation: Erklärungen zur Gesprächsbereitschaft müssen durch echte Gesprächsangebote, Erklärungen zu Truppenabzügen müssen durch verifizierbaren Truppenabzug" untermauert werden.

Sicherheitskonferenz im Zeichen des Ukraine-Konflikts

An diesem Freitag beginnt die 58. Münchner Sicherheitskonferenz, die ganz im Zeichen des Ukraine-Konflikts steht. Der Chef der Konferenz, Wolfgang Ischinger, hält das diesjährige Treffen für die "wahrscheinlich wichtigste Konferenz" in den 14 Jahren unter seiner Leitung. Es habe "noch nie so viele drängende und wirklich gefährliche Krisen auf einmal zu besprechen" und zu bewältigen gegeben, sagte Ischinger in der ARD.

Als "sehr, sehr weit hergeholt" bezeichnete Ischinger den derzeit von Russland geäußerten "Vorwurf über das Gefühl einer Bedrohung" durch eine mögliche künftige NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. "Das ist eigentlich fast absurd, weil die NATO seit 2004 (...) keinen einzigen Schritt mehr unternommen hat in Richtung Osterweiterung", sagte Ischinger. Es müsse gefragt werden, warum Russland diese Frage jetzt so hoch hänge.

"Die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine steht nicht zur Debatte", sagte Ischinger mit Verweis auf entsprechende Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz. Da stecke "natürlich was viel Tieferes dahinter", sagte Ischinger: Dies sei "der russische Wunsch, eine Situation wieder herzustellen, in der die Russische Föderation von Ländern umgeben ist, die Russland untergeordnet sind, die also verzichten sollen auf ihre völlige Selbstständigkeit und Souveränität". In der derzeitigen Lage sei es "wirklich umgekehrt, niemand bedroht Russland".

Zehntausende russische Soldaten zusammengezogen

Russland hatte in den vergangenen Monaten mehr als 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Die USA haben wiederholt davor gewarnt, dass Russland in den kommenden Tagen ins Nachbarland einmarschieren könnte. Russland weist dies zurück und gibt seinerseits an, sich von der NATO bedroht zu fühlen. Die USA haben russische Ankündigungen von Teil-Abzügen als "falsch" bezeichnet und Moskau stattdessen eine weitere Aufstockung der Streitkräfte an der Grenze vorgeworfen.

Russland, das in den vergangenen Jahren häufig durch Außenminister Sergej Lawrow vertreten war, hat in diesem Jahr seine Teilnahme an der Konferenz abgesagt. "Wir müssen mit Bedauern feststellen, dass sich die Konferenz in den vergangenen Jahren immer mehr zu einem transatlantischen Forum gewandelt hat", begründete die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, die Absage. Das Expertentreffen habe seine Objektivität und die Einbindung anderer Sichtweisen verloren.

Russland erinnert an Putins "Schockrede"

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Russland erinnert mit Blick auf die Konferenz aktuell auch an den 15. Jahrestag der "Schockrede" von Kremlchef Wladimir Putin 2007 in München. Der russische Präsident beklagte schon damals vor NATO- und US-Vertretern eine unkontrollierte Ausdehnung des westlichen Bündnisses bis an die Grenzen Russlands. Und er warf den USA vor, ein Machtzentrum zu bilden, das ohne Kontrolle agiere. Die NATO-Ausdehnung habe nicht zu mehr Sicherheit in der Welt geführt, sondern zu mehr Toten, sagte Putin im Februar 2007. "Bei jedem beliebigen Vorfall wird bombardiert und geschossen." Diese Politik sei zum Scheitern verurteilt.

Auch wenn keine Vertreter Russlands nach München kommen, erwartet die Sicherheitskonferenz in diesem Jahr zahlreiche hochrangige Gäste. Bundeskanzler Olaf Scholz, US-Vizepräsidentin Kamala Harris und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg haben sich angekündigt. Baerbock trifft unter anderem auf ihren US-Kollegen Antony Blinken und berät am Rande der Konferenz mit den G7-Außenministern über die Spannungen mit Russland.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP

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