Protest gegen türkische Justiz Berlin mahnt schnelle Freilassung Yücels an
24.02.2017, 19:06 Uhr
In Berlin fand am Sonntag ein Autokorso für Yücel statt.
(Foto: imago/Christian Mang)
Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel ist seit zehn Tagen in der Türkei in Polizeigewahrsam. Das Auswärtige Amt kritisiert das Verfahren scharf. Bundestagsabgeordnete schreiben an Ankaras Botschafter. Auch ein Autokorso ist geplant.
Die Dauer des Ermittlungsverfahrens gegen den in der Türkei festgehaltenen Journalisten Deniz Yücel stößt im Auswärtigen Amt auf Unverständnis. "Wir haben nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, dass Herr Yücel seine Tätigkeit als Journalist in irgendeiner Weise missbraucht hätte, sondern er ist engagiert seiner Arbeit nachgegangen", sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. "Und wir hoffen und erwarten, dass eine Entscheidung durch die zuständigen türkischen Justizbehörden gefällt wird, die dem Rechnung trägt, und zwar so schnell wie irgend möglich."
Schäfer sagte weiter: "Aus unserer Sicht gibt es gar keinen Grund, weshalb die vor einer Entscheidung des Staatsanwalts offenbar stehende Vernehmung immer noch nicht stattgefunden hat. Und der Fall wird nicht einfacher und auch nicht leichter dadurch, dass man ihn weiter in die Länge zieht."
Entscheidung bis Dienstag erwartet
Yücel, der die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft besitzt, ist seit Dienstag vergangener Woche im Istanbuler Polizeipräsidium in Gewahrsam. Nach Angaben der Polizei wird gegen ihn wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation, Terrorpropaganda und Datenmissbrauch ermittelt.
Während des geltenden Ausnahmezustands können Verdächtige in der Türkei auf Beschluss des Staatsanwaltes bis zu 14 Tage in Polizeigewahrsam gehalten werden. Diese Frist läuft bei Yücel am kommenden Dienstagnachmittag ab. Spätestens dann muss der 43-Jährige entweder freigelassen oder einem Haftrichter vorgeführt werden. Dieser Richter müsste dann über Untersuchungshaft entscheiden.
Mehr als 160 Bundestagsabgeordnete riefen die türkische Regierung auf, sich für eine schnelle Freilassung Yücels einzusetzen. "Wir wenden uns an Sie aus Sorge um die deutsch-türkische Freundschaft", heißt es in dem Schreiben an den türkischen Botschafter in Deutschland, Kemal Aydin. Das Schreiben geht auf eine Initiative des SPD-Außenpolitikers Niels Annen und des Grünen-Außenpolitikers Omid Nouripour zurück.
Es ist von zahlreichen Abgeordneten von SPD, Grünen und Linkspartei unterzeichnet, darunter auch die Fraktionsspitzen von Grünen und Linken, außerdem von etwa 15 Parlamentariern der CDU/CSU. Regierungsmitglieder sowie die Fraktionschefs von Union und SPD fehlen allerdings auf der Liste. Unterzeichnet haben aber die Bundestagsvizepräsidenten Johannes Singhammer (CSU), Ulla Schmidt (SPD) und Claudia Roth (Grüne).
Petition an Bundesregierung überreicht
Angehörige, Freunde und Kollegen Yücels wollen morgen im hessischen Flörsheim für dessen Freilassung demonstrieren. Unter dem Hashtag #Korso4Deniz wollen die Organisatoren möglichst viele Menschen mobilisieren. Yücel ist in Flörsheim geboren.
Schriftsteller, Buchhändler und Journalisten riefen derweil Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem entschlossenen Einsatz für die Meinungsfreiheit in der Türkei auf. "Die Freiheit des Wortes ist in der Türkei akut bedroht", heißt es in einer Petition, die der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der Autorenverband PEN-Zentrum Deutschland sowie Reporter ohne Grenzen (ROG) im Kanzleramt an Regierungssprecher Steffen Seibert übergaben.
Der regierungskritische türkische Journalist Can Dündar sagte bei der Übergabe der Petition: "Die Türkei ist das größte Journalisten-Gefängnis der Welt geworden. Wir versuchen, unsere Freunde aus dem Gefängnis zu bekommen." Die Online-Petition mit Namen "#FreeWordsTurkey" auf der Plattform change.org wurde mit rund 111.000 Namen von Unterzeichnern überreicht. Sie war auch an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gerichtet. Seit dem Putschversuch im Juli 2016 geht der türkische Staat rigoros gegen Oppositionelle und Medien vor.
Quelle: ntv.de, shu/AFP/dpa